Claudia Durastanti

Die Fremde

Roman
Cover: Die Fremde
Zsolnay Verlag, Wien 2021
ISBN 9783552072008
Gebunden, 304 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki. Claudia Durastanti erzählt in ihrem Roman eine ganz besondere Familiengeschichte. Es ist ihre eigene. Beide Eltern sind gehörlos. In den sechziger Jahren sind sie nach New York ausgewandert. Claudia kommt in Brooklyn zur Welt und als kleines Mädchen zurück in ein abgelegenes Dorf in Italien. Mit Büchern bringt sie sich selbst die Sprache bei, die ihr die Eltern nicht geben können. Aus allen Facetten dieses Andersseins hat Claudia Durastanti einen außergewöhnlichen Roman gemacht. Von den euphorischen Geschichten einer wilden italoamerikanischen Familie in den Sechzigern bis ins gegenwärtige London. Dieser Roman lässt einen keine Zeile lang unberührt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.07.2021

Rezensent Niklas Bender kann den autobiografischen Roman von Claudia Durastanti nicht vorbehaltlos empfehlen. Schön findet er, wie die Autorin die Geschichte ihrer Eltern, beide taub, beide Künstlerexistenzen zwischen Rom und Brooklyn, und ihre eigene Geschichte zwischen Genres und Zeiten wechselnd, mit Hang zu "kauzigen" Figuren und ironischem Ton erzählt. Die totale Begeisterung des Feuilletons angesichts des Buches aber möchte Bender dann doch nicht teilen. Allzu viele "Wohlfühlparolen" und missratene Metaphern prägen den Text, erklärt er.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.04.2021

Rezensentin Carola Ebeling findet spannend, wie sich Claudia Durastanti in ihrem autofiktionalen Roman auf die Suche nach einer Bestimmung von Fremdheit begibt. Nicht chronologisch, sondern in Themenkapiteln geordnet erzählt die italienische Autorin von ihrer Kindheit mit ihrer alleinstehenden gehörlosen Mutter, die mit ihren Kindern aus Italien nach New York und London emigrierte. Dabei vollziehe die Autorin eine produktive "Pendelbewegung" zwischen gefühlsdichten Erzählungen persönlicher Erfahrungen und allgemeinen, eher essayistisch ausfallenden Überlegungen zur Gesellschaft, lobt Ebeling, die sich hier an Maggie Nelson oder Rachel Cusk erinnert fühlt. Der Roman, nicht zuletzt auch eine "berührende" Mutter-Tochter-Geschichte, münde in die von der Mutter vorgelebten Einsicht, dass in einer bewusst eingenommenen Position der Fremdheit auch ein freiheitliches Potenzial liege, schließt die Rezensentin anerkennend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 14.03.2021

Rezensentin Anna Vollmer findet so manche allgemeingültige Wahrheit in Claudia Durastanis autobiografischer Familiengeschichte zwischen Süditalien und New York. Wie die Erzählerin von ihren tauben Eltern berichtet, vom archaischen Süden und den Erfahrungen des Fremdseins in den USA, von familiärer Gewalt auch, scheint Vollmer gelungen, da Durastanis Humor und Empathie das Gefühl des allzu Privaten nicht aufkommen lassen. Die Figuren im Text scheinen Vollmer außergewöhnlich, im Grunde larger than life.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.03.2021

Rezensentin Francesca Polistina liest berührt und bewegt diesen Roman der italienischen Autorin Claudia Durastanti. Im Modus der Autofiktion rekonstruiert die Autorin und Übersetzerin Durastanti fiktional ihre eigene Geschichte als Kind gehörloser Eltern, die in die USA auswanderten, dort aber nicht zusammen glücklich wurden. Die Mutter kehrt mit dem Kind aus der reichen Metropole New York in die rückständige verarmte Basilikata zurück. Dort muss das Mädchen abermals allein eine neue Sprache lernen, Fremdheit erfahren und überwinden. Innovativ und klug findet die Rezensentin, wie die Autorin hier Migration und Rebellion schildert und in ihrem Erzählen wechselt zwischen Poesie und Prosa, pikaresken Passagen und Reflexion.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 27.02.2021

Rezensentin Andrea Seibel fehlen angesichts dieses Buches von Claudia Durastani fast die Worte: Sie fand es gleichermaßen großartig wie ungewöhnlich. Die Tochter tauber Eltern erzählt von einer harten Kindheit, in der einzig die Sprache Zugang zu Liebe außerhalb ihres Haushalts bot, so Seibel. Vor dem Hintergrund der Behinderung ihrer Eltern leuchtet die Autorin die mitunter schmerzhaften Veränderungen, die das Leben jedem Menschen einbringt, der Kritikerin zufolge schonungslos aus. Seibel hält das vor allem im Kontrast zu den "banalen, ums eigene Ich kreisenden Entwicklungsgeschichten" vieler zeitgenössischer Schriftsteller:innen für einen "großen Wurf".