Giulia Caminito

Ein Tag wird kommen

Roman
Cover: Ein Tag wird kommen
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783803133250
Gebunden, 272 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner. Im Wald ist es warm und dunkel, als Nicola zitternd das Gewehr auf seinen geliebten Bruder Lupo richtet. Er bittet um Verzeihung, dann schießt er. Der Erste Weltkrieg hat Serra de' Conti erreicht, ein Dorf in den italienischen Marken.An diesem Ort der Habenichtse zählt der Einzelne bloß, wenn er arbeitet, gehört keinem Bauern das Land, das er bestellt. In der Familie des Bäckers Ceresa überlebt kaum ein Kind, bald sind nur noch zwei Söhne übrig, so grundverschieden wie unzertrennlich: Nicola, der schwächliche Junge mit dem Prinzengesicht, und der aufsässige Lupo, der sich schon früh den Anarchisten anschließt. Unermüdlich beschützt Lupo den ängstlichen Bruder, kämpft gegen die Ungerechtigkeit der Mächtigen und die Märchen der Kirche. Doch zwischen den Brüdern steht eine Lüge, verborgen hinter Klostermauern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.09.2020

Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs teilen sich der junge Lupo und sein Bruder in einem sehr armen italienischen Dorf die Verantwortung für ihre vom Unglück gebeutelte Familie und kämpfen mit ihren gegenseitigen Verpflichtungen, fasst Rezensentin Cornelia Geißler diesen Roman zusammen. Sie hat das Buch gerne gelesen, was vor allem an der Lebendigkeit der Figuren lag. Auch die Aktualität des Romans hat die Kritikerin begeistert: Zuletzt fällt die Spanische Grippe über das Dorf her, verrät sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2020

Maike Albath bewundert den Mut, mit dem Giulia Caminito sich auf die Geschichte zweier ungleicher Brüder in den Marken einlässt, auf eine archaische Epoche voller Totgeburten und anderer Schicksalsschläge, Streiks, Kriege, Mussolini. Auch der beschwörende Ton beeindruckt die Rezensentin, zumindest anfangs. Bald aber kommt es Albath vor, als wolle die Autorin einfach zu viel, wenn sie Figuren, Schauplätze, Zeitgeschichte in Hülle und Fülle auffährt. Der geheimnisvolle Ton verpufft, bedauert Albath. Der Rückgriff auf Regionales aber scheint ihr bemerkenswert. Dergleichen hat Tradition in der italienischen Literatur, meint sie.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.09.2020

Für Marc Reichwein ist der Wagenbach-Verlag in Sachen Italien-Literatur weiterhin ein Trüffelschwein. Neuestes Beispiel für ihn: Giulia Caminitos Dorfroman aus den Marken. Die Geschichte zweier ungleicher Brüder und einer schwarzen Äbtissin in einem gegen den Klerus aufbegehrenden Bauerndorf erzählt ihm Caminito im Stil des Neorealismo, kunstvoll verwoben, hochkomisch. Könnte à la Pasolini verfilmt werden, meint Reichwein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2020

Rezensentin Christiane Pöhlmann liest gern über ein paar Schwächen im zweiten Roman der italienischen Autorin Giulia Caminito hinweg. Zwar mag die Geschichte um einen Bruderkonflikt in den italienischen Marken vor und während des Ersten Weltkriegs ein wenig an der wirren Figurenzeichnung und an einigen abgegriffenen Sprachbildern kranken, räumt die Kritikerin ein. Im zweiten Teil wird der Leser aber dafür mit "differenzierteren" Figuren und sogar einem Funken Fontane entlohnt, versichert Pöhlmann. Wie Caminito außerdem Themen wie Faschismus, Missbrauch, Revolution oder die Rolle der Frau verwebt und Verbindungen zwischen damals und heute knüpft, hat die Kritikerin beeindruckt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 01.09.2020

Anne Kohlick lässt sich gefangen nehmen von Giulia Caminitos Geschichte um zwei ungleiche Bauern-Brüder in den italienischen Marken zu Beginn des 20. Jahrhunderts und von Caminitos Historisches, starke Figuren, dichte Beschreibungen und eine achronologische Struktur verbindendem Erzählen. Große Bilder, aber kein Pathos bestimmen die Rassismus, sexuelle Gewalt und religiöse Hingabe thematisierende Story, so Kohlick begeistert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.08.2020

Marlen Hobrack ist ganz verzaubert von Giulia Caminitos um die Jahrhundertwende spielender Geschichte zweier Brüder aus den Marken. Wie die Autorin die Familiengeschichte um zwei ungleiche Brüder mit den Weltläufen, mit Sozialismus, Anarchismus, Krieg verbindet und verschiedene Erzählstränge unter Vor- und Rückblenden und überraschenden Wendungen zusammenlaufen lässt, scheint Hobrack gekonnt. Vor allem aber die Sprache hat sie in ihren Bann gezogen. Von erstaunlicher Reife und Kraft, ohne altmeisterlich zu sein, meint Hobrack. Barbara Kleiners Übersetzung aus dem Italienischen findet sie glänzend.