Hans Blumenberg

Rigorismus der Wahrheit

'Moses der Ägypter' und weitere Texte zu Freud und Arendt
Cover: Rigorismus der Wahrheit
Suhrkamp Verlag, Berlin 2015
ISBN 9783518586167
Taschenbuch, 134 Seiten, 14,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort von Ahlrich Meyer. Blumenberg setzt ein mit Freuds im Jahr 1939 publiziertem Alterswerk "Der Mann Moses und die monotheistische Religion", das er als dessen "große und letzte Kränkung der Menschheit in Gestalt ihrer Leidendsten" bezeichnet, und geht dann über zu einer an Schärfe kaum zu überbietenden Auseinandersetzung mit Arendt und ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem". Sowohl bei Freud als auch bei Arendt sieht Blumenberg einen Rigorismus am Werk, der im Namen der Wahrheit auftritt, aber in Rücksichtslosigkeit umschlägt, weil er blind macht für das Politische und taub für das Unfassliche. "Wie Freud den Mann Moses seinem Volk genommen hatte, nimmt Hannah Arendt Adolf Eichmann dem Staat Israel" - so lautet eine der vielen bemerkenswerten Schlussfolgerungen in diesem Text, der auch etwas von Blumenbergs Haltung zum Judentum und zum Zionismus preisgibt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.03.2015

Die von Ahlrich Meyer herausgegebenen Nachlasstexte des Philosophen Hans Blumenberg stoßen Ralf Konersmann auf ein Lebensthema Blumenbergs: das Nachleben des Mythos als Form der Welterklärung. In der kritischen Auseinandersetzung des Autors mit Freuds "Der Mann Moses" und Hannah Arendts "Eichmann in Jerusalem", in der Darlegung der Mechanik des Nichtverstehens der Bedeutung Eichmanns als mythischer Gestalt, erkennt Konersmann allerdings einen grundlegenden Fehler Blumenbergs. Dem "Mythos des 20. Jahrhunderts" sei mit mythentheoretischen Mitteln gar nicht beizukommen, schreibt der Rezensent. Doch auch wenn Blumenbergs Analyse scheitert, die Veröffentlichung des Textes scheint Konersmann dennoch bedeutsam.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.03.2015

Lothar Müller nimmt sich den kaum 12 Seiten langen Essay des Philosophen Hans Blumenberg vor und stellt fest, dass der von Ahlrich Meyer aus dem Nachlass publizierte, wie er findet, aufschlussreich kommentierte und mit Exzerpten und Vorarbeiten angereicherte Text den Doppelangriff Blumenbergs auf Freuds "Mann Moses" und Arendts "Eichmann in Jerusalem" zwar in seiner ganzen Schärfe dokumentiert, aber auch seine Schwächen offenbart. Etwa dahingehend, dass sichtbar wird, wie wenig Blumenberg sich mit der eher geringen Wirkung von Freuds Schrift befasst oder mit der Kontroverse, die Arendts Text auslöste. Müller untersucht die Parallele zwischen Freud und Arendt und kommt zu dem Schluss, dass der Autor zwar seine Mythisierung der Geschichte verteidigen kann, indem er Arents Eichmann-Bild kritisiert, die Analyse des Gesamtkomplexes darunter jedoch letztlich leidet.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.02.2015

Helmut Mayer liest diesen vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach aus dem Nachlass herausgegebenen und von Ahlrich Meyer, wie er schreibt, vorbildlich edierten und kommentierten Text von Hans Blumenberg mit historischer Sensibilität. Dass Blumenberg Freud hier die Publikation seiner Schrift "Der Mann Moses und die monotheistische Religion" über den Charakter des Judentums während Hitlers Machthöhepunkt vorwirft, überrrascht ihn weniger. Was ihn allerdings erstaunt, ist die Schärfe des Vorwurfs gegen Freud, an seiner wackeligen Wahrheit festzuhalten, ohne sich um die katastrophale Wirklichkeit seiner Zeit zu kümmern. Wenn der Autor von Freud zu Hannah Arendt und ihrem Eichmann-Buch gelangt, der er gleichfalls Blindheit gegenüber den herrschenden Verhältnissen vorwirft, wie Mayer erläutert, ahnt der Rezensent, dass der Autor auf den Mythos nichts kommen lassen wollte, wann immer es ums Äußerste ging.
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