Horst Dreier

Staat ohne Gott

Religion in der säkularen Moderne
Cover: Staat ohne Gott
C.H. Beck Verlag, München 2018
ISBN 9783406718717
Gebunden, 256 Seiten, 26,95 EUR

Klappentext

Die These von Horst Dreier lautet: In der modernen Demokratie darf sich der Staat mit keiner bestimmten Religion identifizieren, und heiße sie auch Christentum. Nur in einem Staat ohne Gott können alle Bürger gemäß ihren durchaus unterschiedlichen religiösen oder sonstigen Überzeugungen in Freiheit leben. Staat ohne Gott heißt also nicht: Welt ohne Gott, auch nicht: Gesellschaft ohne Gott, und schon gar nicht: Mensch ohne Gott. Es heißt vielmehr, dass die Demokratie des Grundgesetzes mit jeder Form eines Gottesstaates, einer Theokratie, einer sakralen Ordnung oder eines christlichen Staates gänzlich unvereinbar ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.04.2018

Für den Rezensenten Otfried Höffe beansprucht Horst Dreier mit seinem Buch nicht weniger als eine Theorie der Moderne, die den Ort der Religion in dieser Epoche erkundet. Die sechs eigenständigen Kapitel, in denen sich der Autor seinem Thema kenntnisreich, doch laut Höffe ohne nervende Gelehrsamkeit widmet, kommen laut Rezensent ohne aktuelle notorische Streitfälle aus. Wie der Autor Facetten der Säkularisierung oder die Verfassungsgeschichte der Religionsfreiheit erörtert, hat ihm gut gefallen. Die Präzision und begriffliche Differenziertheit, mit der Dreier die geistes- und verfassungsgeschichtlichen Grundlagen der Grundthese vom Staat ohne Gott herausarbeitet, findet Höffe beeindruckend. Dass sich der Autor in seinem Buch mit dem Judentum und auch mit dem Buddhismus so wenig befasst, versteht Höffe allerdings nicht. Schließlich hätten beide Religionen in Deutschland viele Anhänger. Den polemischen Unterton in Dreiers Kritik an Paul Kirchhof sowie den auffälligen Verfassungspositivismus des Autors hält Höffe dagegen für diskutabel.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.04.2018

Dem hier rezensierenden Rechtsphilosophen Christoph Möllers gefällt gerade der Verzicht auf Aktualität in Horst Dreiers Buch. Für ihn stellt es ein Lehrbuch dar, das Zusammenhänge erläutert und Argumente wie Begriffe anbietet im Streit um das Verhältnis der Religion zum Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Staunend über die große Klarheit und Verständlichkeit bei der Entwicklung eines kategorialen Grundbaus, erkennt der Rezensent auch, wie fair der Autor mit Gegenmeinungen umgeht, wenn er sich der Verpflichtung des Staates auf religiöse Neutralität anschließt. Besonders Dreiers historisch satte Analyse der grundgesetzlichen "Verantwortung vor Gott" als nicht normative Verpflichtung gegen Ende des Buches hat Möllers beeindruckt. Fragwürdiger, weil weniger differenziert, erscheint ihm Dreiers Darstellung der Religionsverfassung im deutschen 19. Jahrhundert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.04.2018

Michael Stolleis lässt sich von dem Juristen Horst Dreier das kirchen- und staatsrechtliche Verständnis von Säkularisation erläutern und das Fundament des modernen Staates ohne Gott rekonstruieren. Dreiers Ethos der Nüchternheit und Freiheitlichkeit und seine klare Argumentation bewundernd, lauscht er der, wie er findet, erfrischend polemischem Abrechnung mit Metaphern des Mythos, des Numinosen und Heiligen. Dreiers Warnung vor einer Sakralisierung der Verfassung entgeht ihm nicht. Eine Verteidigung der Aufklärung, so Stolleis, der im Buch die Frage folgt, wie ein Staat neutral bleiben kann, wenn es in der Gesellschaft religiös "brodelt".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.03.2018

Wenn der Rechtswissenschaftler Horst Dreier für den säkularen Staat trommelt, hört Rolf Lamprecht aufmerksam zu. So streitbar Dreiers Thesen, so nachvollziehbar erscheinen Lamprecht Dreiers Tiefenbohrungen in die deutsche Verfassungsgeschichte, um zu belegen, dass der Gottesbezug darin nie eine Rolle gespielt hat. Dreiers Auseinandersetzung mit Paul Kirchhofs Debattenbeiträgen lässt Lamprecht die Kompromisslosigkeit des Autors erkennen. Das Buch leistet für ihn dreierlei: Es füllt Wissenslücken, regt zum Nachdenken an und provoziert Widerspruch.
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