Iwan S. Turgenjew

Werther Herr!

Turgenjews deutscher Briefwechsel
Cover: Werther Herr!
Friedenauer Presse, Berlin 2005
ISBN 9783932109430
Gebunden, 336 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Der Band enthält 238 Briefe, ausführlich kommentiert und mit einer Zeittafel und einem Nachwort von Peter Urban. In literarisch dürrer Zeit hat Turgenjew mit allen deutschen Autoren korrespondiert, die nur irgend einen Namen hatten - mit dem Übersetzer-Dichter Friedrich Bodenstedt, mit dem Münchener Dichterkreis-Fürsten Paul Heyse, mit Theodor Storm, mit Bertold Auerbach, seit dem Roman "Barfüßele" auch in Russland berühmt, zu dessen Roman "Das Landhaus am Rhein" Turgenjew in der russischen Übersetzung ein Vorwort beisteuerte, wie auch zu "Deutschland ein Wintermärchen" von Heine, "dem derzeit bei uns in Russland populärsten ausländischen Dichter".
Turgenjews Briefe an sie alle sind von feinstem Gespür, erlesener Höflichkeit, Gastfreundschaft und Humor, sie zeigen uns den großen Russen nicht nur in der Umgebung seines deutschen Exils, sondern zeugen auch von seinem unfehlbaren, absoluten literarischen Gehör. Bis zum Deutsch-Französischen Krieg 1870 und seiner definitiven Übersiedlung nach Paris lebte Iwan Turgenjew, gemeinsam mit der Familie der Sängerin Pauline Viardot-Garcia, meistens in Deutschland, in Baden-Baden. "Ich verdanke zu viel Deutschland, um es nicht als mein zweites Vaterland zu lieben und zu verehren. - Von dem aber, was man liebt und verehrt, ist der Wunsch: in seiner eigenen Gestalt auftreten zu dürfen, wohl natürlich."

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Iwan Turgenjew (1818-1883) sprach und schrieb Deutsch. Er hatte es schon während der Schulzeit zu lernen begonnen. Wie gut er es erlernte, davon können wir uns jetzt ein Bild machen. Peter Urban hat Turgenjews deutschen Briefwechsel herausgegeben und kommentiert. In seinem Nachwort skizziert Urban das Übersetzungsschicksal Turgenjews, dessen knapper Stil Deutschen und Franzosen nie poetisch genug war. Sie blähten ihn auf. Wo Turgenjew schrieb "Er erkannte die einst so teuren Züge", da steigerte sich ein deutscher Übersetzer hinein in "Sie waren ihm ja wieder nah, diese ehemals ihm so lieben, teuren Züge..." Urban verachtet diese Form der Aneignung. Er sieht darin nur den Verrat am Dichterwort. Er hat recht, aber ist es nicht auch schön zu sehen, wie sich da jemand identifiziert, so ganz identifiziert, dass er vor lauter Verliebtheit sich alles einverleiben und nicht nur Turgenjews Russisch ins Deutsche übertragen, sondern am liebsten aus dem ganzen fremden Gesell einen machen möchte, der ihm gleich sei?...
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.05.2006

Mit großem Genuss hat Rezensent Ulrich M. Schmid den deutschen Briefwechsel Iwan Turgenjews gelesen, den Peter Urban ausgewählt und "sorgfältig" kommentiert hat. Er bescheinigt dem russischen Schriftsteller, der sich regelmäßig in Deutschland aufhielt und über eine fundierte westliche Bildung verfügte, ein "vorzügliches Deutsch". Regelrecht ins Staunen gerät Schmid über den "kreativen Umgang" mit der deutschen Sprache und das "breite Spektrum der Stilregister", deren sich Turgenjew in seinen Briefen zu bedienen weiß. Schmid schildert Turgenjew als "sensiblen Leser", der die literarische Entwicklung genau beobachtet, berichtet über Turgenjews kritische Beurteilung der deutschen Übersetzung seiner Werke, die ihm angesichts der fragwürdigen Qualität oft Kopfzerbrechen bereitete, und würdigt auch seinen Einsatz für junge russische Schriftsteller in Deutschland.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2006

Iwan Turgenjews vortreffliches Deutsch lässt sich zur Freude von Hannelore Schlaffer nun in dieser Ausgabe seines deutschen Briefwechsel bewundern. Der russische Schriftsteller, der Deutschland und die hiesige Literatur überaus schätzte und in den 1860-Jahren in Baden-Baden eine Ville baute, beherrschte nach Auskunft Schlaffers die deutsche Spreche wie seine Muttersprache und konnte daher die Übersetzung seiner Werke selbst überprüfen. Wie Schlaffer berichtet, beklagt Turgenjew denn auch in zahlreichen Briefen die Schlampigkeit der Übertragungen seiner Werke. Ansonsten gebe sich Turgenjew in den Briefen als "heiterer Gesellschaftsmensch", der vor allem von Vergnügungen, der Jagd, von kleinen Opern, die in seiner Villa aufgeführt werden und von Geschäftsabsprachen berichtet. Schlaffer merkt an, dass der deutscher Briefwechsel im immensen Konvolut aus Turgenjews Tausenden von Briefen eher eine Marginalie darstellt. Einen ganz anderen Turgenjew etwa zeige die 1968 erschienene repräsentative Briefauswahl von Christa Schultze.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.01.2006

Iwan Turgenjews deutschsprachige Korrespondenz zu lesen ist "wie immer" bei diesem Schriftsteller "ein Vergnügen", schwärmt Yaak Karsunke. Er beschreibt den russischen Autors als "seltenes Musterexemplar" eines uneitlen Schriftstellers, der sich dennoch des eigenen Ranges "durchaus bewusst" war. Die Briefe zeigen unter anderem den "Kampf" um angemessene Übersetzungen ins Deutsche, in denen Turgenjew sich gegen "stilistische Verschlimmbesserungen" oder eigenmächtige Kürzungen seiner Übersetzer wendet, teilt der Rezensent mit, der diese Schwierigkeiten vor allem in der "kulturellen Differenz" zwischen der russischen und der deutschen Literatur verankert sieht. Insgesamt bilden die von Peter Urban ausgewählten Briefe des Bandes einen mit "Witz und Temperament gesegneten" Turgenjew ab, lobt Karsunke erfreut.