James Salter

Letzte Nacht

Erzählungen
Cover: Letzte Nacht
Berlin Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783827005779
Gebunden, 150 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Malte Friedrich. Ein Mann, ein Übersetzer, der seit Jahren mit seiner schwer kranken Frau zusammenlebt, gibt schließlich ihrem Wunsch nach, dem Leiden ein Ende zu setzen, und besorgt für sie das Mittel, mit dem sie sich selbst töten will. Er geht mit ihr noch einmal essen und bleibt bis in die Nacht an ihrem Bett. Dann geht er, in der Gewissheit, dass sie gestorben ist, die Treppen hinunter und in die Nacht hinein. Als er am nächsten Morgen beim Tee in der Küche sitzt, besucht ihn seine Geliebte, und sie sprechen über die Zukunft. Da kommt die Totgeglaubte die Treppe herunter ... Salters Erzählungen kreisen immer um Daseinskrisen, kleine oder große, die den Protagonisten den Spiegel vorhalten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.11.2005

Rezensent Uwe Pralle legt es vor allem darauf an, dem Leser das melancholische Gefühlsuniversum des Autors James Salter nahezubringen. "Unter Salters scheinbar so hauchzarten Prosa-Aquarellen liegen die keineswegs nur feinsinnigen, sondern tatsächlich oft sehr schroffen Gefühlsreflexe seiner tragischen Figuren." Die lässt er oft aus der weißen Mittelschicht kommen, was nach Meinung des Rezensenten daran liegt, dass dort die Fallhöhe am größten ist - weil das Gefühl am ausgeprägtesten, gegen die Untiefen des Lebens gefeit zu sein. "Lärmende Dramen mit grellen Effekten" sind dem Autor nach Pralles Meinung trotzdem fremd. Es geht in den Geschichten vor allem um die Arten von Verlust die in der "Ordnung des Alltags kaum Spuren hinterlässt, sehr wohl aber in den Gefühlen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.09.2005

"Es ist ein leises und in Salters ?uvre ein eher bescheidenes Werk", schreibt Verena Auffermann über diese Erzählungen, was nicht abwertend gemeint ist. Die Geschichten drehen sich um typische Salter-Themen: die Beziehungen von gut situierten Menschen im mittleren Alter, die Rituale des ehelichen Alltags, das sichere Wissen, etwas falsch gemacht zu haben, und die Ahnungslosigkeit, was es sein könnte. Salters Figuren wissen nur: "Nie sind sie in der Gesellschaft, in der sie gerne sein möchten." Dieses Buch ist, kurz gesagt, die Fortsetzung von Salters Projekt, eine "gültige Geschichte amerikanischer Mittelstandsehen" zu verfassen, bemerkt Auffermann. Das tue er auch in den neuen Erzählungen mit der gwohnten Nüchternheit - es gebe "keine Seelenstrips oder Psychoseancen", sondern distanziertes Registrieren, deprimierende Tatsachen, kunstlose Sätze. "Das liest sich leicht", schließt Auffermann - "und ist erschreckend".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.06.2005

James Salter ist ein Guter - ein amerikanischer Erzähler der alten Schule, der sein von Menschenkenntnis und Lebenserkenntnis getränktes Werk um einen weiteren Band ergänzt. Man erwarte also nichts Neues, ruft Richard Kämmerlings dem Leser zu, sondern Bewährtes: Blicke auf die "Akzidentien der Personen", die zugleich in die Tiefe dringen, auf die verborgenen "existentiellen Konflikte". Fragen danach, "was ein gelungenes Dasein ausmacht". Keine klaren Antworten, denn die gibt es nicht. Existenz und Existentialismus. Kurzum: "zehn Geschichten in bester amerikanischer Short-story-Tradition". Manchmal schien Kämmerlings beim Lesen das Gute ins Schematische abzurutschen, doch immer wieder wurden die Mängel, die man in der Figurenzeichnung wahrnehmen mag, durch "stilistische Souveränität und die tiefe Kenntnis der menschlichen Seele" aufgefangen. Also: Variationen, keine Innovationen - mithin "ein klassisches Alterswerk".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.05.2005

"Der Mensch erscheint, wie immer er sich auch abstrampeln mag, seinem Schicksal ausgeliefert", sagt Rezensent Martin Lüdke über die Charaktere in James Salters neuem Erzählband "Letzte Nacht". Ein Credo, das ihn an die Existenzialisten Beckett und Camus erinnert und mit dem er sich voll und ganz identifiziert. Von Menschen, die an Krebs sterben, oder Beziehungen, die zerbrechen, handeln diese an Härte und Melancholie reichen Geschichten, in denen schon die geringste Bewegung und das leiseste Wort Lebensentwürfe vernichten und die Protagonisten in die Hoffnungslosigkeit, ja sogar den Tod treiben können. Über alle Maßen lobt der Rezensent die Sprache Salters', die so "differenziert" bleibe, "dass sie noch die subtilsten Empfindungen erfassen und deren kaum erkennbare Wirkungen beschreiben kann."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.03.2005

Lakonischer, nüchterner, "bilanztechnischer" als bei James Salter geht es nicht, stellt Thomas Laux mit Bewunderung fest. Der inzwischen 80-jährige Amerikaner spreche in seinen jüngsten Erzählungen über letzte Dinge, womit Laux das Ende oder Scheitern von Paarbeziehungen meint. Salters Geschichten nähern sich ihnen immer von ihrem Ende her, so Laux, markierten die "Schwundstufen des Vertrauens, des Begehrens". Liebe kommt und Liebe geht, kommentiert Laux ebenso lakonisch wie sein Vorbild; Salter spüre den sich anbahnenden Veränderungen nach, die in winzigsten Nuancen sich ausdrücken könnten: einem falschen Wort, einem kurzem Zögern, einer falschen oder fehlenden Geste zum falschen Zeitpunkt. Das Schöne an Salters Erzählungen ist für Laux, dass ihr Verfasser nicht moralisiert, auch wenn sie genügend Stoff dafür böten. Das Versagen, das Scheitern aber schwingt als Unterton stets mit, da ist Salter "einfach gnadenlos", endet Laux' Rezension.
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