Kevin Bales

Die neue Sklaverei

Cover: Die neue Sklaverei
Antje Kunstmann Verlag, München 2001
ISBN 9783888972645
Gebunden, 360 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Inge Leipold. Sklaverei - vollständige Verfügungsgewalt über das Leben eines Menschen, der verkauft, gewaltsam verschleppt, aller Rechte beraubt und bis zur physischen Vernichtung ausgebeutet werden kann - ist heute abgeschafft, so meinen wir. Und doch existiert sie: Kevin Bales schätzt, dass derzeit mehr als 27 Millionen Menschen in Sklaverei leben - mehr als je von Sklavenhändlern aus Afrika über den Atlantik verfrachtet wurden. Nicht nur in den sogenannten Dritt-Welt-Ländern, auch in den USA und Westeuropa ist Bales auf neue Formen der Sklaverei gestoßen, die eines gemeinsam haben: Sie sind optimal auf die Erfordernisse einer globalisierten Ökonomie zugeschnitten. Bales deckt auf, wie das Geschäft mit der Ware Mensch funktioniert - und wie eng ihr Leben mit unserem verknüpft ist, ob wir nun von Sklaven produzierte Billigprodukte kaufen oder als Aktienbesitzer von den hohen Gewinnspannen einschlägig bekannter Unternehmen profitieren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.07.2001

Wie die meisten Menschen habe Kevin Bales selbst nicht glauben wollen, dass Sklaverei heutzutage überhaupt noch existiert, erzählt Klaus Natorp über den amerikanischen Autor, der sich mittlerweile zum prominentesten Aktivisten von "Anti-Slavery International" gemausert hat. Und doch, es gibt sie, mehr als man denkt und in fast allen Ländern der Welt, auch in Europa. Natorp benennt Bales' Definition moderner Sklaverei: "vollkommene Beherrschung" eines anderen "zum Zwecke wirtschaftlicher Ausbeutung". Anhand von fünf Ländern analysiere Bales die verschiedensten Formen und "Masken" dieser brutalen Ausbeutung, nicht weil er, wie Natorp versichert, ausgerechnet diese Länder an den Pranger stellen wollte - es geht um Brasilien, Thailand, Mauretanien, Pakistan und Indien -, sondern um die Mikrostrukturen des jeweiligen Landes beispielhaft genauer erfassen zu können. Das Resultat hat den Rezensenten überzeugt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.06.2001

Um Sklavenarbeit und Menschenhandel im Zeichen der Globalisierung geht es in den Büchern des britischen Soziologen Kevin Bales und des italienischen UN-Funktionärs Pino Arlacchi, deren Lektüre Katharina Rutschky nur empfehlen kann - wenn auch der Rezensentin die Studie von Bales wesentlich fundierter erscheint.
1.) Kevin Bales: "Die neue Sklaverei"
27 Millionen Sklaven gibt es heute laut Bales weltweit, berichtet Rutschky, wobei der Autor und Aktivist der ältesten Menschenrechtsorganisation der Welt, der Anti Slavery International, Armut, Kinderarbeit und Prostitution fein von Sexsklaven, Arbeitssklaven und Kindersklaven unterscheidet und nicht in diese Zahl miteinbezieht, so die Rezensentin. Jeden einzelnen im Buch vorgestellten Fall hat der Autor selbst recherchiert. Nicht nur das allein findet Rutschky beeindruckend, sondern auch, dass Bales es nicht dabei belässt, mit Fallgeschichten an das Gutmenschentum in der 1. Welt zu appellieren, sondern diese Schicksale mit Zahlen, Fakten, Ortsbeschreibungen, soziologischen, politischen und juristischen Analysen unterlegt. Resolut und aufklärerisch findet Rutschky insgesamt die Studie, die auch Ratschläge für Otto Normalverbraucher, wie man Produkte des modernen Sklavenhandels sinnvoll boykottiert, enthalte.
2.) Pino Arlacchi: "Ware Mensch. Der Skandal des modernen Sklavenhandels."
Nicht ganz so positiv bewertet Rutschky die Studie von Pino Arlacchi. Denn der UN-Beamte hat sich nach Ansicht der Rezensentin wesentlich oberflächlicher mit dem Thema auseinandergesetzt. Das zeige sich allein schon darin, so Rutschky, dass Arlacchi von 200 Millionen Sklaven weltweit spreche, ohne wie Bales zwischen Sklavenarbeit und gering entlohnter Arbeit zu unterscheiden. Arlacchis Umgang mit Zahlen sei in etwa so großzügig wie sein Appell an das Weltgewissen generell, kritisiert die Rezensentin, wenngleich sie den Autor aber nicht gänzlich dafür verdammen mag. Vielleicht, vermutet Rutschky, trage Arlacchis Übertreibung und deutlich formulierte Empörung dazu bei, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf das überaus brisante Thema zu lenken. Das wäre ja schon mal was, meint die Rezensentin, empfiehlt aber als quasi weiterführende Lektüre dann doch Bücher wie das des nüchternen Wissenschaftlers Kevin Bales.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.06.2001

Ein wichtiges Buch, das keinen gleichgültig lassen kann, befindet die Rezensentin Ulrike Winkelmann. Der Autor weise in seiner gründlichen Studie nach, dass Sklaverei wohl dem Gesetzes- und Wortlaut nach ausgerottet ist, in Wahrheit gelte aber: "Ein Sklave wird nicht mehr wie Eigentum behandelt, sondern schlechter." An drei großen Fallstudien geht der Autor den neuen Formen von Sklaverei in der globalisierten Wirtschaft nach, schreibt Winkelmann: er untersucht die Ausbeutung von Prostituierten in Thailand, von Holzkohlearbeitern in Brasilien und die in Indien millionenfach anzutreffende Schuldknechtschaft. In all diesen Fällen handelt es sich, so Bales, strukturell um Sklaverei, die Ausflüchte sind die immergleichen. Insbesondere die Tatsache, dass die Entmündigung genau die Folgen hat, die die Sklavenhalter als Argumente anführen (Vater-Kind-Beziehung), führt dazu, dass Rezepte zur Abhilfe nicht leicht zu finden sind. Nur am Rande bringt die Rezensentin Kritik an Bales Buch an: zum einen lasse er die Kenntnis einschlägiger Sekundärliteratur vermissen, zum anderen geht ihr der "männlich-bärbeißige Karl-May-Humor" auf die Nerven.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.04.2001

Rita Süssmuth tritt mit der Rezension des Buches über moderne Sklaverei gleichzeitig leidenschaftlich für die Rechte derjenigen Menschen ein, die heute in Sklaverei leben. Sie empfiehlt die Studie nachdrücklich zur Lektüre und hofft, dass auch die Handlungsaufforderung, die sie enthält, beim Leser ankommt. Sie lobt den Autor für seine "eindringlichen" Beispiele von Sklaverei in vielen Ländern und stimmt ihm in der Einschätzung zu, dass die "politisch-wirtschaftlichen Strukturen", das Nord-Süd-Gefälle zwischen armen und reichen Ländern und die fortschreitende Globalisierung für diese "katastrophale Entwicklung" verantwortlich sind. Sie preist die Studie als "provozierendes Buch" und weist darauf hin, dass es "zum Handeln mahnt".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2001

Andrea Böhm zeigt sich in ihrer eingehenden Besprechung von diesem Buch erschüttert, obwohl sie weiß, dass Mitleid "das Letzte" ist, was der britische Soziologieprofessor erreichen will. Bales, der sich aktiv gegen moderne Sklaverei engagiert, zeigt in seiner Studie sowohl "Beobachtungsgabe und Hartnäckigkeit eines guten Reporters", als auch "analytische Fähigkeiten", lobt die Rezensentin. Sie preist die Berichte von mitunter sehr entlegenen Orten als "akribisch recherchiert" und "eindringlich" präsentiert. Besonders fasziniert ist sie von der Begabung Bales, seine Gesprächspartner zum Sprechen zu bringen, seien es nun die Sklavenhalter oder ihre Opfer. Dabei mache der Autor deutlich, dass moderne Sklaverei nicht nur in den ärmsten Ländern, sondern auch in Paris oder Berlin zu finden ist, wenn auch in erheblich geringerem Umfang. Das Buch, so die Rezensentin beeindruckt, ist eine "Zumutung im besten Sinne des Wortes", wobei die Nüchternheit des Autors, die Ungeheuerlichkeit der Zustände nur unterstreiche.