Kolonialismus

Kolonialdiskurs und Genozid
Cover: Kolonialismus
Wilhelm Fink Verlag, München 2004
ISBN 9783770540709
Kartoniert, 279 Seiten, 34,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Mihran Dabag, Horst Gründer und Uwe-K. Ketelsen. Gewalt und auch vernichtende Gewalt scheinen in den diskursiven Konstruktionen kolonialer Wirklichkeit grundsätzlich angelegt zu sein. Sind also, wie etwa Jean-Paul Sartre meinte, kollektive Gewalt und Genozid zwangsläufige Konsequenzen des modernen Kolonialismus? Oder ist koloniale Gewalt, wie beispielsweise die Vernichtung der Herero, situationale Rückfälle in Handlungsstrukturen vormoderner Eroberungspolitik? Im Blickpunkt der Beiträge des Bandes steht die Frage nach dem gewaltgenerierenden Potential kolonialer Diskurse, die im Kontext unterschiedlicher Beispiele der Kolonialgeschichte untersucht werden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.08.2005

Aufschlussreich findet Rezensent Andreas Eckert diesen Sammelband, der sich der Analyse spezifischer Formen kolonialer Gewalt widmet. Strukturiert sieht er den Band durch Fragen wie: War die Vernichtung des "Anderen", des "Fremden" explizit oder implizit Teil des kolonialen Programms? Welche Bedeutung kommt der Kategorie "Genozid" für das Verstehen kolonialer Gewalt zu? Inwieweit ist die Analyse kolonialer Gewaltakte relevant für unser Verständnis von Genozid? Eckert berichtet, dass die lange anhaltende Verharmlosung, gar Negierung kolonialer Verbrechen und Gewalt in jüngerer Zeit von der Genozidforschung aufgegriffen und kontrovers diskutiert wurde. Zum einen weil die Hervorhebung genozidaler Tendenzen im Kolonialismus die Vorstellung in Frage stelle, die Europäisierung der Erde sei ein Projekt des Fortschritts gewesen. Zum anderen weil die These von kolonialen Genoziden nach Meinung einiger Historiker und vieler Opfer des Holocaust und ihrer Nachkommen an der Singularität des Holocaust rüttle. Eckert hebt den Beitrag von Mitherausgeber Mihran Dabag hervor. Dieser betone, dass es keine "Kontinuität der Täter, Motive und Strukturen von der Ermordung der Herero zu der Ermordung der Juden in Deutschland und Europa" gegeben habe, gebe aber zugleich zu bedenken, dass Muster zur Legitimation des nationalsozialistischen Ausgrenzungs- und Vernichtungshandelns bereits zwei politische Generationen vorher durchgesetzt waren.