Laura Freudenthaler

Geistergeschichte

Roman
Cover: Geistergeschichte
Droschl Verlag, Graz 2019
ISBN 9783990590256
Gebunden, 168 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

In ihrem Freijahr kommt Anne ins Straucheln. Statt sich dem eigenen Klavierspiel zu widmen und an einem Lehrbuch zu schreiben, lösen sich ihre üblichen Gewohnheiten nach und nach auf. In den Nächten hält sie ihre Beobachtungen in einem Notizheft fest und untertags streift sie durch die Stadt. Diese Wanderungen führen sie bald über das ihr Bekannte hinaus. Seit zwanzig Jahren lebt Anne mit Thomas in der gemeinsamen Wohnung. Das Paar teilt viele Erinnerungen und weiß die Zeichen des anderen zu lesen. Sie fühlt sich in der Wohnung zunehmend unwohl, und Thomas wird immer abwesender. Schon länger vermutet sie, dass er eine Affäre hat. Nun taucht das Mädchen, wie Anne die Unbekannte nennt, als huschender, wispernder Geist auf. Geräusche und Erscheinungen sind nicht mehr eindeutig zuordenbar.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 31.05.2019

Laut Christel Wester braucht Laura Freudenthaler nicht viele Worte, um den Leser das Gruseln zu lehren. Oder ihn teilhaben zu lassen am Erleben ihrer Figuren. Die sind diesmal ein Paar um die 50, das sich entfremdet hat. Wie die Frau das erlebt und dabei in eine Identitätskrise schlittert, kann Freudenthaler der Rezensentin aus Innen- wie aus Außenperspektive, mit Sinn für beklemmende Stimmungen vermitteln. Empathie und Distanz wechseln sich für Wester beim Lesen ab, und was Erinnerung, was Einbildung ist, kann sie bald nicht mehr unterscheiden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.04.2019

Paul Jandl scheint ganz bezaubert von Laura Freudenthalers Roman. Vor allem die somnambule Figur der Anna hat es ihm angetan. Wie Anna die Stadt wahrnimmt, erinnert ihn an Psycho-Topografien von Ingeborg Bachmann und Thomas Stangl oder Filme der Nouvelle Vague. Eine Atmosphäre der "verwischten Wirklichkeiten", die den Rezensenten zweifeln lässt, was wahr ist, was nicht, was Erinnerung, was Gegenwart. Dass die Autorin mit ihrer scharfen Sprache nicht die Empathie tötet, gefällt Jandl. Ein sanfter, in seiner Bildlichkeit zugleich bestechend deutlicher Text, meint er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.04.2019

Hauptfigur dieses Roman ist eine 50-jährige Frau, Anne, die sich vorstellt, ihr Mann habe eine Affäre mit einer Jüngeren. Ob es stimmt, erfahren wir nicht, erzählt Rezensentin Judith von Sternburg. Gibt es das Mädchen überhaupt, oder ist es nur eine Einbildung? Ist Anne verrückt oder nur einsam? Oder lauert da tatsächlich etwas im Hintergrund? Autorin Laura Freudenthaler löst die Geschichte nicht auf, warnt Sternburg. Statt dessen hat sie einen "kargen, aber auch knusprigen" Roman geschrieben, lobt die Rezensentin, bis zum Schluss in Atem gehalten.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 05.03.2019

Ursula März' Kritik ist kurz, aber kräftig: Die Autorin ragt aus der Gegenwartsliteratur schon deshalb heraus, schreibt sie, weil sie noch emphatisch mit den Mitteln der Fiktion arbeitet: Die Geschichte einer fünfzigjährigen Pianistin, die glaubt, ihr Mann habe eine Affäre mit einer Jüngeren, wirkt deshalb auf März so gespenstisch, weil Freudenthaler es virtuos schaffe, den Leser in der Schwebe zu halten. Hat er nun eine Affäre, oder verliert die Pianistin den Bezug zur Wirklichkeit? Hier liegt laut März eine literarische Erzählung über Wahrnehmung und Derealisierung vor, die mehr vermöge als der heute übliche "historische und autobiografische Realismus". Man könne nunmehr von einem "Freudenthalerschen Schreiben" sprechen, ist sich die Rezensentin nach dem nunmehr dritten Buch der jungen Autorin sicher.
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