Rebecca Clifford

"Ich gehörte nirgendwohin."

Kinderleben nach dem Holocaust
Cover: "Ich gehörte nirgendwohin."
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430514
Gebunden, 447 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem kanadischen Englisch von Stephan Gebauer. Mit 28 Abbildungen. Schätzungen zufolge überlebten etwa 180.000 zwischen 1935 und 1944 geborene jüdische Kinder den Holocaust. Einige waren versteckt oder mit Kindertransporten in Sicherheit gebracht worden, andere wurden von alliierten Truppen aus Konzentrationslagern befreit. Nach 1945 ging man davon aus, sie würden das Erlebte rasch überwinden oder schlicht vergessen, schließlich hätten sie ja "Glück" gehabt. Ihre Erinnerungen galten als weniger authentisch; in der Forschung spielten sie lange nur eine marginale Rolle. Erst in den letzten Jahren haben sie Anerkennung als Überlebende und Zeuginnen gefunden. In ihrer beeindruckenden Studie folgt Rebecca Clifford diesen sehr jungen Überlebenden auf ihren Wegen aus den Trümmern des Krieges ins Erwachsenenalter. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Wie können Menschen ihrem Leben einen Sinn abgewinnen, wenn sie nicht wissen, woher sie kommen? Wenn sie die Angehörigen verloren haben, die ihnen dabei helfen könnten, ihre fragmentierten Kindheitserinnerungen einzuordnen? Clifford wertet Archivmaterial und Oral-History-Interviews aus und bringt unerwartete und schockierende Geschichten ans Licht. Ihre Befunde zwingen uns, unsere Annahmen über die Folgen von Traumata und die Natur des Gedächtnisses zu revidieren.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 19.07.2022

Rezensent Marc Reichwein nimmt viel mit aus Rebecca Cliffords Fallstudien über Kinder des Holocaust. Die kanadische Historikerin hat im Rahmen einer Studie Zeitzeugen unter 12 Jahren interviewt und ermöglicht in ihrem Buch damit einen breiten Einblick in die Erinnerungskultur dieser von der Forschung lange Zeit vernachlässigten Opfergruppe, erklärt Reichwein. Ihr Verweis auf die schwierigen, wechselseitig individuellen und sozialen Aspekte dieser Erfahrungen und das Aufzeigen emanzipatorischer Wege aus der Opfergruppe heraus machen dieses Buch für den Rezensenten sowohl facettenreich als auch erhellend und er glaubt, dass dies ein Standardwerk der Holocaustforschung werden könnte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.07.2022

Der Historikerin Annette Eberle gefällt das Buch von Rebecca Clifford außerordentlich. Wie die Autorin anhand von Interviews und Recherchen Fallgeschichten von Kindern des Holocaust der Jahre 1935-1944 erzählt, mit einer Darstellung der Arbeit jüdischer Hilfsorganisationen und Überlegungen zur Entwicklung eines genuinen Verständnisses psychologischer Auswirkungen des Krieges auf die Kinder verbindet, findet Eberle richtungsweisend. Der Blick der Autorin auf die Selbstbehauptung der bisher wenig beachteten Opfergruppe der Kinder erscheint Eberle extrem wichtig, auch bezüglich heutiger Kriegserfahrungen und des Umgangs damit.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.06.2022

Rezensentin Judith Leister hält das Buch der britischen Historikerin Rebecca Clifford für ein wichtiges Werk. Die Autorin verleiht damit den traumatisierten Kindern des Holocaust eine Stimme, meint sie. Dass und inwiefern die einst heimatlosen zwischen 1935 und 1944 geborenen jüdischen Kinder, die Clifford heute interviewt und deren Geschichte sie in Archiven aufgespürt hat, vom Holocaust geprägt wurden, erfährt der Leser laut Leister auf eindringliche Weise. Was das Leben unter falscher Identität, ohne Eltern bedeutete, lassen die Fallgeschichten im Band erahnen, so die Rezensentin. Auch über die sogenannten "Wolfskinder" aus Buchenwald und ihr Schicksal nach dem Krieg berichtet Clifford laut Leister.