Saul Friedländer

Erzählen, Erklären

Ein Gespräch mit Stéphane Bou
Cover: Erzählen, Erklären
Kampa Verlag, Zürich 2019
ISBN 9783311140146
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Geboren 1932 als Sohn jüdischer Eltern in Prag mit dem Namen Pavel, muss Saul Friedländer mit seinen Eltern vor den Nazis fliehen. In Frankreich können sie den Sohn in einem katholischen Internat verstecken - sie selbst werden an der Schweizer Grenze, festgenommen und deportiert. Pavel überlebt, seine Eltern werden vermutlich in Auschwitz ermordet. Mit dem Journalisten Stéphane Bou spricht der Pulitzer-Preisträger darüber, wie aus dem Waisen Pavel, der Priester werden wollte, Saul wurde und wie schmerzhaft es war, sich den eigenen traumatischen Kindheitserlebnissen zu stellen, dass er sich erst nach Jahrzehnten auf die Erforschung des Holocaust einlassen konnte. Und Friedländer erklärt, wie er deshalb zu einem Historiker wurde, der gar nicht anders konnte, als das "Primärgefühl der Fassungslosigkeit zu bewahren" und wissenschaftliche Geschichtsschreibung mit der persönlichen Erinnerung sowie der von Empathie getragenen Perspektive der Opfer zu verflechten. Sie reden auch über deutsche und jüdische Erinnerungskultur, über Hannah Arendt und den Eichmann-Prozess, den Historikerstreit von 1986 und über filmische und literarische Fiktionalisierungen des Historischen, die das Unerzählbare erzählen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 16.12.2019

Carsten Hueck lernt mit den Historiker Saul Friedländer in diesem Band nicht nur als ausgezeichneten Wissenschaftler kennen, sondern auch als feinfühligen Menschen. Der französische Filmjournalist Stephane Bou hat zwischen 2012 und 2014 etliche Interviews mit Friedländer geführt, die sich von der Ästhetik schnell zum Grundsätzlichen weiteten. Hueck liest mit Interesse, wie die Shoah Friedländers jüdische Identität bestimmt, was dieser über die bundesdeutsche Psyche in Edgar Reitz' "Heimat"-Serie erfuhr oder wie er über Fassbinder und Syberberg zu seinem Essay "Kitsch und Tod" kam. Vor allem aber erkennt Hueck, dass ein lohnenswertes Nachdenken niemals martialisch sein kann.