Guy Stern

Wir sind nur noch wenige

Erinnerungen eines hundertjährigen Ritchie Boys
Cover: Wir sind nur noch wenige
Aufbau Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783351039431
Gebunden, 304 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Einer der letzten Ritchie Boys erinnert sich. Im Zweiten Weltkrieg baut die US-Armee in Camp Ritchie, Maryland, eine schlagkräftige Truppe zur Feindaufklärung auf. Dazu zieht sie auch deutsch-jüdische Flüchtlinge aus Europa heran, die man später Ritchie Boys nannte. Für den jungen Emigranten Guy Stern, der durch seine Flucht vor den Nazis als Einziger aus seiner Familie den Holocaust überlebte, beginnt in Camp Ritchie die aufregendste und prägendste Zeit seines Lebens. Er durchläuft eine spezielle Ausbildung, bevor er an die Front geht. Bei der Invasion in der Normandie betritt Guy Stern erstmals wieder europäischen Boden, um deutsche Kriegsgefangene zu verhören. Solche Aufklärungsergebnisse tragen entscheidend zum Sieg über Deutschland bei. Nach dem Krieg macht Guy Stern eine Karriere als weltweit renommierter Germanist, der sich der Exilliteratur und dem Holocaust widmet und zu einem Brückenbauer zwischen Deutschland und den USA wird.Als einer der letzten Ritchie Boys lässt Guy Stern jene Ereignisse und ein ganzes Jahrhundert wieder lebendig werden.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.01.2022

Marko Martin hält Guy Sterns Memoiren für ein eindringliches Stück Erinnerungsliteratur von einem der wenigen noch lebenden Zeitzeugen von Krieg, Emigration, Exil. Sterns "Ausnahmebiografie" besteht für Martin u. a. darin, dass der Autor, 1937 in die USA emigriert, dort wie kein zweiter das Thema Exil akademisch aufarbeitete. So auch in diesem Buch, das laut Martin dankenswerterweise auf Altersweisheit verzichtet und aufs Konkrete zielt. Wenn Stern menschenfreundlich und gewitzt von seiner Militärzeit, der Landung in der Normandie und von Begegnungen mit Stefan Heym und Marlene Dietrich berichtet, nicht schwadroniert, ist der Rezensent ganz Ohr.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.01.2022

Rezensent Wilfried Weinke lernt mit den im amerikanischen Original 2020 erschienenen Erinnerungen des Exilforschers Guy Stern einen unermüdlichen Wissenschaftler und dessen bewegte Flucht- und Exilgeschichte kennen. Wie der Autor 1937 als einziger seiner Familie vor den Nazis fliehen konnte, wie er sich als Germanist in den USA selbst behauptete, später weltweit Wirkung erzielte und zugleich seiner andauernden Heimatverbundenheit Ausdruck verlieh, findet Weinke bemerkenswert. Für den Rezensenten ganz offenbar mehr als ein individuelles Schicksal und daher lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 01.01.2022

Am 14. Januar 2022 feiert Guy Stern, geboren als Günther Stern in Hildesheim, seinen 100. Geburtstag. Er ist einer der letzten Zeitzeugen des Nationalsozialismus. Sterns Familie wurde von den Deutschen ermordet, erzählt Rezensent Dirk Schümer. Stern selbst war von seinen Eltern 1937 nach Amerika geschickt worden, wo er sich bei Kriegsende den "Ritchie Boys" anschloss, einer Aufklärungseinheit der Army, lesen wir. Den Verhören der Nazis ist ein großer Teil des Buchs gewidmet, erklärt Schümer, der mit angehaltenem Atem liest, mit welchen Täuschungsmanövern Stern diese zum Reden brachte. Die spätere Universitätskarriere Sterns fällt - wen wundert's - dagegen etwas zahm aus, bekennt der Rezensent. Voller Bewunderung für die Lebensleistung Sterns ruft er diesem zu: bis hundertzwanzig!