Stefan Ringel

Heinrich Mann

Ein Leben wird besichtigt
Cover: Heinrich Mann
Primus Verlag, Darmstadt 2000
ISBN 9783896781673
Gebunden, 414 Seiten, 32,72 EUR

Klappentext

"Ich bin ebenso gewöhnlich wie auserlesen" - Der dies von sich behauptet, ist kein Geringerer als Heinrich Mann, Prototyp des politisch engagierten deutschen Intellektuellen im 20. Jahrhundert. Diese zum 50. Todestag (am 12. März 2000) erscheinende Biografie vermittelt dem Leser Einblicke in Leben, Werk und politisches Engagement des Schriftstellers vor dem Hintergrund der Ereignisse seiner Zeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.03.2001

In einer Doppelrezension bespricht Thomas Rietzschel ein Biografie und eine Bibliografie zu Heinrich Mann.
1.) Stefan Ringel: "Heinrich Mann. Ein Leben wird besichtigt" (Primus)
Rietzschel hält diesen Band für rundum geglückt, insbesondere, weil der Autor gerade durch seine Distanz Nähe schaffe und Heinrich Mann darüber hinaus als lebende "literarische Figur" präsentiere, der wie aus einem Roman seines Bruders Thomas entsprungen zu sein scheint. Besonders betont der Rezensent, dass in dieser Biografie deutlich werde, wie sehr Heinrich Mann von den verschiedensten wechselnden -ismen seiner Zeit beeinflusst war: mal sympathisierte er mit dem Sozialismus, mal mit Ästhetizismus und auch dem Antisemitismus, doch nichts davon war von Dauer, wie nach Rietzschel in dieser Biografie deutlich werde. Dies zeige sehr viel von der Zeit, aber auch von der Durchschnittlichkeit Heinrich Manns, der nach Ringel weniger schreiben wollte als vielmehr eine "schriftstellerische Existenz" angestrebt hat. Dass Ringel trotz dieser Diagnose Heinrich Mann an keiner Stelle "herabwürdigt", sondern mit "sehr viel historischem Einfühlungsvermögen" und großem Interpretationsgeschick vorgeht, gehört für Rietzschel zu den ausgemachten Stärken dieses Bandes. Ringel lässt sich, wie der Rezensent betont, hier "weder zur Verklärung noch zur Verachtung hinreißen".
2.) Brigitte Nestler: "Heinrich-Mann-Bibliographie. Das Werk" (Cicero Presse)
Rietzschel zeigt sich beeindruckt von der ungeheuren Menge der Texte Heinrich Manns, die hier zusammengetragen wurden. Anspruch des Buchs war, wie der Rezensent erläutert, alles, was von Heinrich Mann in deutscher oder anderer Sprache veröffentlicht wurde, zu sammeln - also nicht nur Romane, Novellen etc., sondern auch Übersetzungen, Interviews, Erklärungen und vieles mehr. Inwiefern hier Vollständigkeit erreicht wurde, erfährt der Leser zwar nicht, doch Rietzschel ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden, zumal 317 dieser Einträge bisher überhaupt nicht bekannt waren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.07.2000

In einer Doppelrezension bespricht Thomas Fitzel den Debüt-Roman von Heinrich Mann sowie eine Biografie über den Autor. Dabei geht Fitzel zunächst ausführlich auf die Entstehungsgeschichte und die Begleitumstände von "In einer Familie" ein.
1) Heinrich Mann: "In einer Familie" (S.-Fischer-Verlag)
Nach Fitzel hatte Heinrich Mann keinen "Grund, sich für dieses Début zu schämen". Zwar diagnostiziert der Rezensent in mancher Hinsicht Anzeichen des Kitsches, die ihn an D`Annunzio und Courths-Mahler erinnern. Dennoch sei Manns literarisches Talent - besonders in den Dialogen und seinen "soziologisch genauen Betrachtungen" - unverkennbar. Auffallend findet Fitzel die familiären Eigenanteile Manns in den Figuren, worauf nicht nur der Name Erich Wellenkamp hinweist ("er und ich"). Auch das "ambivalente libidinös aggressive Verhältnis zur Mutter" Julia lässt sich nach seiner Ansicht vor allem an der Figur der exotisch-erotischen Schwiegermutter Dora ablesen. In diesem Zusammenhang macht der Rezensent auf die von dem jungen Heinrich Mann bevorzugte Technik der Zitatmontage aufmerksam, die er zu dieser Zeit vehement verteidigt hat und die ihm die Möglichkeit zu "Maske, Komödiantentum und Verkleidung" ermöglicht hat.
2) Stefan Ringel: "Heinrich Mann. Ein Leben wird besichtigt (Primus-Verlag)
Fitzel hält dieses Biografie als Einführung in das Leben und Werk Heinrich Manns für geradezu "unentbehrlich", auch wenn er den ein oder anderen Aspekt zu kritisieren weiß. So deutet Fitzel an, dass es interessant gewesen wäre, Manns literarisches Schaffen einmal nicht aus der "Perspektive des gereiften" Autors zu interpretieren, sondern von seinem frühen Werk auszugehen. Davon hätte sich der Rezensent neue Erkenntnisse und ein Aufbrechen des "festgefügten Interpretationsschemas" versprochen. Darüber hinaus hätte er sich in mancher Hinsicht eine genauere Betrachtung gewünscht, etwa in der Art Gottfried Benns, der 1931 in einer Rede auf die Nähe Manns zu Nietzsche und den Nihilismus einging.