Stephan Roiss

Triceratops

Roman
Cover: Triceratops
Kremayr und Scheriau Verlag, Wien 2020
ISBN 9783218012294
Gebunden, 208 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Ein kleiner Junge malt Monster in seine Schulhefte und spricht von sich selbst als Wir. Seine Mutter schluckt in der geschlossenen Anstalt Neuroleptika mit ungesüßtem Früchtetee hinunter. Der bibeltreue Vater kocht nur Frankfurter und die Schwester bewegt sich wie ein Geist durch das Haus. Die einzigen Vertrauten des Jungen sind die Aschbach-Großmutter und später die blauhaarige Helix, die auf ihrem Snakeboard in sein Leben fährt. Eines Tages ereignet sich eine Tragödie, die das Wir und die ganze Familie von Grund auf erschüttert.In harten Schnitten und bildhaften Szenen erzählt Stephan Roiss die Geschichte seines namenlosen Protagonisten, der dem Trauma und der Einsamkeit zu entfliehen versucht. Ein intensiver Roman, der lange nachhallt."Eines Tages brachen wir ein ungeschriebenes Gesetz. Wir hörten, dass Mutter zu weinen begann. Doch diesmal gingen wir nicht hinunter. Leise schlossen wir die Tür unseres Zimmers und schalteten das Radio an."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.09.2020

Rezensentin Marlen Hobrack hat die konsequente Trost- und Hoffnungslosigkeit in diesem Roman zwar erschüttert, dennoch hat sie ihn als Bereicherung empfunden. Der Protagonist ist ein Junge, der in einer toxischen Umgebung aus biederer Frömmigkeit, Esoterik und psychischer Labilität aufwächst, erzählt die Kritikerin. Ihr zufolge ruhen außerdem alle Hoffnungen der dysfunktionalen Familie auf dem Kind, was weiteren Druck erzeugt. Dass der Autor seinen Protagonisten aus der Wir-Perspektive erzählen lässt, spiegelt dabei nicht nur den psychischen Notstand des Jungen, sondern wirft auch interessante Fragen über Erzählinstanzen in Literatur auf, lobt die Kritikerin. Sie ist überzeugt, dass es großes schriftstellerisches Talent braucht, um Verzweiflung so eindringlich darzustellen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.09.2020

Rezensent Jörg Magenau ist beeindruckt von Stephan Roiss' Roman über einen Jungen, der in einer Borderline-Familie aufwächst und einen Ausweg zu finden versucht. Besonders interessant und bedrückend findet Magenau, wie der Junge, der sich zwanghaft kratzt und sich in seine Zeichnungen von Monstern und Dinosauriern zurückzieht, dabei erzähle: Aus einer ungesunden Distanz heraus, und stets in der Wir-Form, die Magenau als "verzweifelte Selbstverdopplung" aus Einsamkeit interpretiert. In seiner Härte erinnert der Roman den Rezensenten dabei an Agota Kristofs "Das große Heft", in seiner Wärme an Wolfgang Herrndorfs "Bilder meiner großen Liebe". Eine sehr beklemmende Lektüre und ein Roman, der zwar nicht überraschend, aber zu Recht für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert ist, schließt Magenau anerkennend.