Uljana Wolf

Etymologischer Gossip

Essays und Reden
Cover: Etymologischer Gossip
Kookbooks Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783948336035
Kartoniert, 200 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Kommt die eigene Sprache erst zu ihrem Wort, wenn sie aus der Selbstverständlichkeit fällt? Ist sie dann in eine Hüpfburg gegangen und prallt mit anderen falschen Freunden zusammen? Oder beugt sie sich mit anderen Frauen über einen Stadtplan und murmelt etymologisch zweifelhafte, aber poetologisch zündende Wegbeschreibungen? Routen für die Leser*innen, die von translantischen Texten erst geschrieben werden? In den hier erstmals versammelten Essays und Reden entwirft die Lyrikerin und Übersetzerin Uljana Wolf lustvoll und hellhörig jenes "cargo schmargo" des Gedichts, "die Verschiebung des herrschenden Ausdrucks" als produktive Verstörung angestammter Wahrnehmung von Identität und Sprache. Ob Prosagedicht, Übersetzung, translinguales Schreiben - Wolfs Augenmerk gilt dem schmugglerischen Sprachhandeln, den hybriden Formen, dem "Grundrecht", "jenes und zugleich ein anderes zu sein". Davon bleibt auch die Form des Essays nicht unberührt, wird "Guessay", "Translabor", Versuchsanordnung eines poetischen Denkens, das immer währendes Gespräch ist - unter anderem mit Ilse Aichinger, Peter Huchel, Gertrude Stein, Elisabeth Barrett Browning und Theresa Hak Kyung Cha -, eine Form, die zum Weitersprechen, Fabulieren und gossippen einlädt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.01.2022

Rezensent Michael Braun lernt bei Uljana Wolf, dass Wörter fremd werden müssen, um zu sich selbst zu kommen. Wie das geht, erläutert Wolf dem Rezensenten in ihren Essays über die "Wanderbewegungen der Wörter" und die Obsoletheit des Konzepts Muttersprache. Dass die Dichterin und Übersetzerin Wolf dafür prädestiniert ist, bezweifelt der Rezensent nicht. Wolfs Sprachempfinden, ihr Faible fürs "Übermalen" von poetischen Texten wird für Braun sichtbar nicht zuletzt an der Behandlung von Gedichten von Elizabeth Barrett Browning im vorliegenden Band sowie an Wolfs Essays über Ilse Aichinger.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.12.2021

Rezensentin Insa Wilke liest Uljana Wolfs in diesem Band versammelte Essays und Reden aus fünfzehn Jahren als poetisch-ethische, intellektuelle Autobiografie. Anhand ihrer eigenen Arbeit als Autorin und Übersetzerin entwirft Wolf laut Wilke eine "Poetik der Beziehung" a la Edouard Glissant, die nicht darauf aus ist, Fehler aufzuspüren, sondern das Ganze zu betrachten, Leben und Schreiben, Ethik und Poetik zusammenzudenken.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.12.2021

Fasziniert folgt der hier rezensierende Literaturwissenschaftler Christian Metz der Lyrikerin Uljana Wolf in ihre "Theorie translingualer Poesie", die er in ihrem Essayband ausgebreitet sieht. Um die Verstrickung und unterschwellige Durchdringung von Sprachen gehe es dabei, und darum, wie sich in der (Un-)Bewohnbarkeit von Gedichten auch Räume politischer Zuschreibungen öffnen und verschieben, analysiert der Kritiker. Wie Wolf sich dabei suchend, auch über Umwege und dabei "streng rhizomatisch" zu ihren Theorien über Sprache und Lyrik bewege, findet der Rezensent anmutig; der von Wolf selbstgewählte Begriff des "Guessays" scheint ihm da sehr treffend. Am klarsten werden ihm die Gedanken über translinguales Dichten, wenn Wolf selber zur Leserin werde. So beschäftige sie sich in einigen Guessays etwa eingehend mit Ilse Aichinger, aber auch mit Werken von Yoko Tawada, Dagmara Kraus oder Theresa Hak Kyung Cha - den Beitrag über deren "Dictee" hält Metz für einen der eindrücklichsten des Bandes.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 05.10.2020

Laut Michael Braun etabliert die Dichterin Uljana Wolf in ihrem Essayband ein neues Genre. Die Texte erkunden laut Braun Wortwanderungen zwischen den Sprachen, decken verblüffende Wahlverwandtschaften auf, offenbaren Sprach-Resonanzen und Wörter-Migrationen und kreisen um die Freiheiten des Übersetzens. Wie die Autorin hier Einblick in ihre eigene poetische Praxis gewährt, in ihre "polylinguale Tollkühnheit", wenn sie Texte von Aichinger oder Christine Lavant behandelt, findet Braun lesenswert und aufschlussreich.