Ulrich K. Preuß

Krieg, Verbrechen, Blasphemie

Zum Wandel bewaffneter Gewalt
Cover: Krieg, Verbrechen, Blasphemie
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783803151681
Gebunden, 153 Seiten, 17,50 EUR

Klappentext

Ulrich K. Preuß beschreibt, wie sich zum Ende des 20. Jahrhunderts eine noch nicht "begriffene" Dimension von Krieg und Verbrechen herausgebildet hat, für die die Weltgemeinschaft erst noch Wege zur Lösung finden muss.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.04.2003

In der mit einem Nachwort über den Irak-Krieg versehenen Neuauflage seines Essays "Krieg, Verbrechen, Blasphemie" ringt Ulrich K. Preuß nach Ansicht von Rezensentin Dagmar Pöpping mit "großen Skrupeln und viel Geschichtstheorie um ein positives Verhältnis zum Einsatz bewaffneter Gewalt". Wie Pöpping berichtet, sieht Preuß den Terrorismus als Erscheinungsform der "Neuen Kriege", als eine Folge des wachsenden Machtverlustes der souveränen Nationalstaaten durch die Internationalisierung von Politik und Wirtschaft. Im Anschluss an Thomas Hobbes und Carl Schmitt vertrete Preuß einen "starken und unkritischen Etatismus" und fordere, die polizeilichen Vollmachten eines starken Staates auf die UN zu übertragen, hält Pöpping fest. Obwohl Preuß den Terrorismus als Verbrechen sehe, das nicht mit einem Krieg, wie ihn die USA propagierten, bekämpft werden könne, halte er den Antiterrorkrieg der USA für legitim. Eine Auffassung, die er im Nachwort allerdings relativiert. Dort rate er den Amerikanern, so Pöpping, sich zu mäßigen und ihre Macht in Recht zu verwandeln, sonst könne auch der Stärkste auf Dauer "nicht Herr" bleiben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.01.2003

Als Verfassungsrechtler nähert sich Ulrich K. Preuß den Ereignissen des 11. September erst einmal mit Begriffsklärungen, vor allem mit einer Geschichte des "modernen Kriegs". Der Krieg als Auseinandersetzung zwischen Staaten ist, historisch, an deren Verfestigung gebunden. Umgekehrt gilt: zwischen Nicht-Staaten oder "failed states" kann es keinen Krieg geben, nur Terror. Und auf Terror ist tendenziell eher mit polizeilichen als mit militärischen Maßnahmen zu reagieren. Den Angriff auf Afghanistan weiß Preuß dennoch zu rechtfertigen. In der Abwägung zwischen "völkerrechtlicher Immunität" und den "Rechten der internationalen Gemeinschaft" seien die Aktionen juristisch zu begründbar. Auch gegen eine Vermischung von moralischen mit handfesteren Gesichtspunkten hat Preuß im Grunde nichts einzuwenden. Problematisch wird die Untersuchung für den Rezensenten Niklas Bender allerdings, wenn Preuß die Motive der Täter untersucht. Im Hintergrund bleibe dabei stets die "geschichtsphilosophische Meistererzählung" sichtbar, die von einer moralischen Entwicklung der menschlichen Gattung zum Höheren ausgeht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2002

Als "großartigen Versuch" über "Krieg, Verbrechen, Blasphemie" würdigt Rezensent Otto Kallscheuer das gleichnamige Buch des Staatsrechtlers Ulrich K. Preuß. Kallscheuer sieht darin das einzige Buch, das nach dem 11. September die Frage nach dem Bösen als konstitutiven Bestandteil unserer Welt thematisiert. Wie Kallscheuer ausführt, hat Preuß allgemeinverständlich, in "klarer, ja schöner Sprache" eine "weltgeschichtliche Parabel" geschrieben, die vom Aufstieg und Verfall des "Jus Publicum Europaeum", von der klassischen Staatlichkeit und ihren völkerrechtlichen gehegten Kriegen handle. Zwar votiere Preuß für militärische Interventionen zur Sicherung der Menschenrechte, rede aber keinem "Krieg wider das Böse" (Preuß) das Wort. Im Gegenteil verficht er, wie Kallscheuer den Autor zitiert, "den metaphysischen Grundsatz, dass sich das Böse nicht durch die Gerechtigkeit der Menschen austilgen lässt." Den religiös motivierten Terror bin Ladens und seiner Spießgesellen entlarvt Preuß als Gotteslästerung, hält Kallscheuer fest. Mit seinem "urprotestantischen Schlussplädoyer" - mehr noch als ein bloßer Mörder versündige sich, wer Gott oder die Religion für seine politischen Ziele instrumentalisiere - benennt Preuß nach Ansicht des Rezensenten als erster die "rechte Dimension", um den notwendigen Streit mit denen, die die Ressentiments der Massenmörder teilen, auszutragen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Franziska Augstein kann sich für das Buch über den Kampf gegen den Terrorismus und den Wandel des Kriegsbegriff nicht erwärmen, und das nicht nur, weil sie in einigen Punkten anderer Meinung ist als der Autor. Vor allem wirft die Rezensentin Autor Ulrich Preuß vor, dass er das "politisch Plausible mit dem moralisch Wünschbaren" in einen Topf wirft und sich dabei auch auf Gebiete begibt, auf denen er laut Augstein "nicht viel verloren hat". Das gilt insbesondere für die "Religiosität" der Attentäter vom 11. September, aber auch für einige lediglich "angelesene Thesen" über den Islam, wie die Rezensentin etwas verärgert feststellt. Um seine Behauptung, islamische Staaten seien unfähig zur Demokratie, zu untermauern, braucht der Autor keine sechs Seiten, beschwert sich Augstein. Sie hat diese These im übrigen schon bei Samuel Huntington gelesen. Augstein weist darauf hin, dass auch unter christlicher Herrschaft Fanatismus und Gewalt vorkommen. Insgesamt moniert sie eine "gewisse Unschärfe" in den Ausführungen und vor allem die "Rolle der USA" sieht sie von Preuß "etwas weltfremd" gezeichnet. Zudem sieht sie einen massiven "Widerspruch", wenn Preuß einerseits die Vorherrschaft der USA bejahe, andererseits eine Kontrolle der "militärischen Souveränität" Amerikas fordere.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.09.2002

Der an der Freien Universität Berlin öffentliches Recht lehrende Jurist Ulrich K. Preuß hat mit seinem Buch zum Jahrestag des 11. September einerseits einen "scharfsichtigen" Essay geschrieben, andererseits aber auch einen "Selbstverständigungstext" - wie so viele andere Autoren auch, findet Uwe Justus Wenzel. Der Titel des Buchs wecke beim Leser jedenfalls erstmal eine "religionsphänomenologische Bereitschaft", sich dem Thema zu nähern, vermutet der Rezensent. Recht prägnant beschreibe der Autor dann auch den "Formenwandel des Krieges", doch findet Wenzel am Ende, dass Preuß dann doch zu - durchaus "bedenkenswerten" - Spekulationen hinreißen lässt. So werde "das Böse" vom Autor "theologisch unspezifisch" als Zeichen für sinnloses Leiden gesehen, für Wenzel wirkt das wie eine "weltanschaulich gewissermaßen neutralisierte" Form des Bösen. Die Attentäter befinde der Autor der Blasphemie schuldig, da sie ihre Taten im Namen Gottes begangen hätten. Sie gehörten daher aus der muslimischen Gemeinschaft ausgeschlossen, paraphrasiert der Rezensent, der in seiner Besprechung nicht durchblicken lässt, ob diese Ansichten seine Zustimmung finden.