Wole Soyinka

Die Last des Erinnerns

Was Europa Afrika schuldet, und was Afrika sich selbst schuldet
Cover: Die Last des Erinnerns
Patmos Verlag, Düsseldorf 2001
ISBN 9783491724440
Gebunden, 150 Seiten, 15,24 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Gerd Meuer. Die Folgen des Kolonialismus, der Mitte des 20. Jahrhunderts in Afrika zu Ende ging, sind längst nicht überwunden und nach wie vor verantwortlich für die ungeheuren Probleme, denen sich dieser Kontinent gegenübersieht. Wole Soyinka, eine der wichtigsten Stimmen Afrikas, macht deutlich, dass historische Schuld für die Europäer, zumal die Deutschen, nicht erst mit dem Holocaust begann. Mit seiner Forderung nach Entschädigung greift er provokativ, polemisch und paradigmatisch in eine Debatte ein, die eine zunehmend wichtige Rolle in der internationalen Diskussion spielt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.09.2001

Die bisher erschienenen Werke des 1934 geborenen nigerianischen Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers Wole Soyinka zeugen von der Faszination, mit den Mitteln der erzählenden Prosa die Wirklichkeit in ihrer Mehrschichtigkeit darzustellen, findet Hans Jürgen Heinrichs. In seinem neuen Buch gehe es um die Kolonialisierung Afrikas und die Schuld, die die einstigen Kolonialländer auf sich geladen haben. Das zentrale Anliegen des Autors sei hierbei die moralische und finanzielle Wiedergutmachung begangener Verbrechen, führt Heinrichs aus. Dabei berücksichtige Soyinka viele einzelne Schritte, wie z.B. die Rückführung von ins Ausland geschaffter Kunstschätze. Heinrichs bedauert, dass der Autor sich in diesem Zusammenhang zu wenig als Botschafter einer reichen und von größter Vielfalt geprägten Kunst und Mythologie zum Beispiel seines eigenen Volkes versteht. Auch klingt Wehmut an bei der Feststellung des Rezensenten, dass man in diesem Buch den Literaturnobelpreisträger nur schwerlich erkenne. Das Buch sei eher ein bedeutender politik- und gesellschaftskritischer Kommentar, der nur phasenweise die der Dichtung eigenen Möglichkeiten, mit Sprache zu überzeugen, einsetze, findet Heinrichs.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.07.2001

Trotz der mangelhaften Übersetzung, behauptet Erika von Wietersheim, lohnt die Lektüre dieses Buches - vorzugsweise im englischen Original. Ausgehend von Südafrikas vorbildhaftem Umgang mit Schuld, Wahrheit und Versöhnung, den Soyinka einer besonderen Toleranz und Spiritualität der schwarzen Südafrikaner geschuldet sieht, hinterfrage der nigerianische Autor dieses Modell auf seine Haltbarkeit und Übertragbarkeit in andere afrikanische Länder, beschreibt von Wietersheim Soyinkas Anliegen. Die fortbestehende soziale Ungerechtigkeit gefährde seiner Meinung nach auf Dauer auch den südafrikanischen Versöhnungsweg. In anderen "entmenschlichteren" Gesellschaften wie Ruanda oder Nigeria halte er eine Versöhnung ohne symbolische und materielle Entschädigung für völlig undenkbar. Dabei gehe Soyinka tief in die afrikanische Geschichte zurück und reflektiere auch die afrikanische Verstrickung beispielsweise in den Sklavenhandel: "Afrika ist Täter und Opfer zugleich", fasst die Rezensentin zusammen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.04.2001

Nach Andreas Eckert bietet der Autor hier "bedenkenswerte Argumente" zu der Debatte, ob und inwiefern Afrika für die Leiden der Sklaverei und des Kolonialismus materielle Entschädigung zusteht. Soyinka, so der Rezensent, steht dabei zweifellos auf dem Standpunkt, dass Reparationszahlungen angemessen sind, allerdings werde in diesem Buch nicht recht deutlich, "wie das konkret geschehen soll". Doch insgesamt weiß der Rezensent die Überlegungen des Autors durchaus zu schätzen, zumal Soyinka sich auch seit jeher kritisch mit der Mitbeteiligung von afrikanischen Potentaten an der Versklavung beschäftigt habe. Soyinka hat sich nach Eckert in diesem Buch auch ausführlich mit der Arbeit der südafrikanischen "Wahrheits- und Versöhnungskommission" auseinandergesetzt, der er großen Respekt entgegenbringt. Doch gleichzeitig zeige sich beim Autor die Befürchtung, dass der Verzicht auf Reparationen eine Verharmlosung der Verbrechen nach sich ziehen könnte. Die insgesamt überlegenswerten Argumente Soyinkas sieht der Rezensent hier mit einer "soliden Dosis Sarkasmus und Polemik gewürzt" dargestellt.