Wolfram Siemann

Metternich

Stratege und Visionär
Cover: Metternich
C.H. Beck Verlag, München 2016
ISBN 9783406683862
Gebunden, 983 Seiten, 34,95 EUR

Klappentext

Metternich gilt seit je als Inbegriff der Reaktion, als rückwärtsgewandter Feind aller liberalen und nationalen Kräfte. Wolfram Siemann zeichnet in seiner Biografie ein fundamental neues Bild des Staatsmannes, der für vier Jahrzehnte die Geschicke Europas prägte. Metternichs Denken war moderner, seine Diagnosen hellsichtiger und sein Wirken zukunftsweisender, als man ihm bisher zugestanden hat. "Ein Mann wie ich scheißt auf das Leben von einer Million Menschen!", erklärte Napoleon seinem Gegenspieler Metternich im Jahr 1813. Clemens Fürst von Metternich (1773 -1859) erlebte die mehr als zwanzig Jahre andauernden Kriege in Europa als Zusammenbruch der Zivilisation. Fast prophetisch sah er voraus, dass der Freiheitsdrang der Nationen in eine noch blutigere Katastrophe münden würde. Metternichs Friedensordnung von 1815 kann nur vor diesem Hintergrund begriffen werden. Das gilt sogar für seine repressiven Maßnahmen gegen jeden drohenden gesellschaftlichen Aufstand.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.12.2016

An Metternichs Bedeutung hat Rezensent Wilhelm von Sternburg gar keinen Zweifel. Dass der Historiker Wolfram Siemann dem Fürsten, der zu einem der wichtigsten Gegenspieler Napoleons wurde, nun aber eine Hagiografie statt einer Biografie widmet, behagt dem Kritiker nicht: Wenn Siemann Metternich etwa beim Wiener Kongress zu einer "Lichtgestalt" emporhebt oder ihn als den "Postmodernen aus der Vormoderne" verklärt, der sich vorausschauend für die Rettung der deutschen Monarchien und Fürstentümer einsetzte, vermisst der Rezensent jegliche Distanz zum Sujet. Gleiches gilt für die private Seite des Fürsten, fährt der Kritiker fort: Der "notorische Frauenheld" erscheint hier als vorbildlicher Gatte, und seine von Eitelkeit durchzogenen Briefe reißen den Autor gar zu einem Vergleich mit den "Leiden des jungen Werther" hin, wie der Kritiker kopfschüttelnd bemerkt. Dass Siemann seinen kritischen Kollegen dann auch noch unterstellt, sie hätten die Briefe nicht so genau gelesen wie er, geht für den Rezensenten eindeutig zu weit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2016

In jedem Fall kommt Wolfram Siemanns umfangreicher Metternich-Biografie das große Verdienst zu, den Staatsmann aus dem Schatten Napoleons hervortreten zu lassen, versichert Rezensent Johannes Willms. Zudem ist der Kritiker, selbst Autor einer großen Napoleon-Biografie im gleichen Verlag, dankbar, dass nach der von Heinrich Ritter von Sribk im Jahe 1925 vorgelegten Biografie endlich eine aktuelle Metternich-Biografie erscheint, die nicht nur eine Vielzahl von Quellen berücksichtigt, sondern, wie der Untertitel des Buches bereits ankündigt, auch den "Strategen und Visionär" Metternich würdigt. Metternichs Anteil am Sturz Napoleons und an der Neuordnung Europas erscheint dem Kritiker überzeugend dargestellt, wenngleich er konstatiert, dass Siemann die Bedeutung des Staatsmanns zu hoch und das Wirken Zar Alexanders oder des britischen Außenministers Castlereaghs zu niedrig ansetzt. Darüber hinaus gerät dem Rezensenten das Metternich-Bild hier ein wenig zu einseitig, gerne hätte er auch mehr über die zahlreichen Frauengeschichten des Politikers gelesen.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 19.03.2016

Für Berthold Seewald stellt die neue Biografie über Fürst von Metternich ein Novum dar: Zum ersten Mal entwerfe ein Autor ein Bild des Staasmannes, das sich nicht mit einem Klischee begnüge. Schließlich ist von Metternich bei seinen Zeitgenossen verhasst gewesen, so Seewald, und auch in der Geschichtswissenschaft hat sich das simple Bild eines Reaktionärs verfestigt. Siemann räumt in den Augen des Kritikers völlig damit auf. Mit seinem "Plädoyer für historische Gerechtigkeit" stelle er die bisherige Forschung auf den Kopf. Er folge der Vorstellung, dass sich politisches Handeln nur aus der jeweiligen Zeit heraus erklären lasse. Bei so viel Haltung schafft es der Autor allerdings nicht immer, unparteiisch zu bleiben, moniert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2016

Hymnisch bespricht Gustav Seibt Wolfram Siemanns Metternich-Biografie, die seines Erachtens längst überfällig war. Denn der Sozialhistoriker fegt nicht nur den deutschnational-sozialkritischen "Muff" vom Bild Metternichs und stellt stattdessen einen großen Friedenspolitiker vor, der taktisch klug auf den Sturz Napoleons hinarbeitete, sondern wertet den in Prag befindlichen Nachlass derart umsichtig und akribisch aus, dass sein Buch noch über die exzellente Doktorarbeit Henry Kissingers hinausgeht, lobt der Kritiker. Beeindruckt vermerkt der Rezensent auch, dass Siemann erstmalig Metternichs Leistungen in Zusammenhang mit dessen Biografie und Denken stellt. Nicht zuletzt verspricht dieses herausragende Werk auch interessante Neuigkeiten, so Seibt, der dem Buch mit Blick auf heutige europäische Entwicklungen eine "gespenstische Aktualität" attestiert.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.02.2016

Welch ein Visionär!, jubelt Jörg Himmelreich angesichts der Metternich-Darstellung in der politischen Biografie von Wolfram Siemann. Dem Historiker gelingt laut Rezensent, Metternich als eine für das multinationale Europa höchst engagierte Figur zu zeichnen. Aktuell scheint dem Rezensenten das Buch damit und durch die neue, auf Metternichs handschriftlichem Nachlass beruhende Sicht auch künftig unverzichtbar in Forschung und Lehre. Objektiv und den Politiker anhand seiner Prägungen wie seiner Handlungsspielräume beschreibend, kann der Autor unter anderem zeigen, mit welcher diplomatischen Kunst und mit welcher Einfühlsamkeit Metternich Österreich gewinnt und Napoleon beruhigt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.02.2016

Wolfram Siemann hat ein Buch zur Ehrenrettung des Fürsten Clemens von Metternich, des "bad guy der deutschen Geschichtsschreibung", geschrieben, meint Alexander Cammann. Und tatsächlich überzeugen den Rezensenten Siemanns Herangehensweise und Argumente. Vor dem Hintergrund der blutigen Französischen Revolution und fünfundzwanzig Jahren Krieg scheine Metternichs vorsichtige, extrem konservative Haltung verständlicher, und angesichts der chaotischen Lage in Europa wirke sein diplomatisches Geschick noch beeindruckender, findet Cammann. Auch unser eigenes weltpolitisches Chaos lässt den Rezensenten so manche Haltung Metternichs nachvollziehen, jedenfalls wären einigen Regionen ähnlich stabilitätsorientierte Pragmatiker in der Politik zu wünschen, so Cammann.