Intervention

Warum erst so spät?

Von Eva Quistorp
14.12.2017. Wieso wurde dieser islamistische Anschlag nicht verhindert, wieso der Typ nicht festgenommen oder abgeschoben, wieso der Platz überhaupt nicht gesichert, warum wurden die Opfer nicht benannt und ausreichend entschädigt? Ein paar einfache Fragen zum Berliner Anschlag vor einem Jahr - Fragen, die ich hier schon vor einem Jahr stellte.
Der Jahrestag des IS-Anschlages gegen den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche - zwölf Todesopfer und mehr als sechzig Opfer insgesamt - rückt näher, und man merkt es in den Medien. Einen guten Anfang machte eine Dokumentation in der ARD am Montag (sie ist in der Mediathek verschwunden, obwohl die Frist angeblich eine Woche ist). Viele Zeitungen greifen das Thema in dieser Woche auf.

Ich bemerke aber auch, dass es bei den meisten ein ganzes Jahr gebraucht hat, bis sie dieselben Fragen gestellt haben, die unmittelbar nach dem Anschlag zum Beispiel im Perlentaucher (hier) gestellt habe. Es waren einfache Fragen, sie lagen auf der Hand:

Wieso wurde dieser islamistische Anschlag nicht verhindert, wieso der Typ nicht festgenommen oder abgeschoben, wieso der Platz überhaupt nicht gesichert, warum wurden die Opfer nicht benannt und ausreichend entschädigt?

Und heute stellt sich eine weitere Frage: Warum werden die richtigen und nötigen Fragen von Behörden und Senat in Berlin, von der Bundesregierung, den Kirchen und Moscheen und Medien fast erst ein Jahr später offen gestellt, warum wird der Zorn der Angehörigen, der sich in einem offenen Brief an Merkel äußerte erst so spät wahrgenommen, und wieso kann Merkel sich wieder so doof und unschuldig stellen?

Die stille Mahnwache ist den Angehörigen und den Schwerverletzten zuliebe passend. Doch die Schilder gegen den islamistischen Terroranschlag wurden immer wieder beschädigt, die genaue Bezeichnung der Herkunft des Terrors - der globale IS in Europa und Nordafrika - wurde verschleiert, auch in den meisten Medien, wo man den Namen des Attentäters berühmt machte, aber sich scheut, seine Ideologie und seine Herkunft aus dem "Islamischen Staat" zu benennen

Was wird getan, damit so ein IS-Anschlag, unterstützt von islamistischen Predigern in Hildesheim oder in Moscheen in Berlin, sich nicht wiederholen kann auf andere Art? Die Predigten in vielen Moscheen, die den dekadenten Westen, die Demokratie und Frauenrechte verleumden, und die Abschottung verkünden, tragen wohl eher zum Aufstieg der Salafisten als zur Prävention des islamischen Extremismus bei.

Da werden Gebete allein und der Aufruf zur Toleranz und Friedlichkeit unter den Religionen nicht helfen. Auch deshalb nicht, weil die deutsche Politik immer wieder die Kooperation sucht mit konservativen Imanen, die nichts gegen die Todesdrohungen gegen Seyran Ates oder Hamed Abdel-Samad unternehmen, die den Koran nicht historisch kritisch interpretieren und die das Kopftuch für Lehrerinnen fordern.

Wie gesagt, es sind viele einfache Fragen. Zum Teil genau dieselben wie vor einem Jahr, Fragen zum Zusammenleben der verschiedenen Religionen und zum Erhalt von Sicherheit und Rechtsstaat und Religionskritik in diesem Lande und in Europa. Hartnäckige Fragen.

Eva Quistorp

Unsere Autorin ist nicht die einzige, die sich solche Fragen stellt. Die Initiative "Berlin gegen Islamismus" ruft für den 19. Dezember, 18 Uhr, zu einer Demonstration auf. Boualem Sansal schreibt in einem Geleitwort: "Die Lösung besteht in der Mobilisierung der Zivilgesellschaft. Sie besitzt die politische, intellektuelle und moralische Freiheit, sie besitzt den Mut der benötigt wird, um die drohende Gefahr klar zu benennen und offen mit den Bürgern ins Gespräch zu treten. Nur die Zivilgesellschaft kann das Wissen liefern, das benötigt wird um die Bevölkerung zu einer selbstbewussten Mobilisierung zu führen und die Regierungen dazu zu zwingen, die Sicherheit und den gesellschaftlichen Frieden wieder herzustellen." D.Red.