Magazinrundschau - Archiv

Mother Jones

6 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 24.10.2017 - Mother Jones

Dies ist eine dieser Reportagen, die wirklich den Pulitzer-Preis verdient haben, nüchtern, voller Fakten und über ein Thema, das scheinbar zum Gähnen ist: ein Wahlgesetz im Staat Wisconsin. Aber Ari Berman kann zeigen, dass dieses Gesetz mit bürokratischen Hürden bei der Wahlregistrierung Wisconsin tatsächlich ins Trump-Lager manövrierte - Hillary Clinton ist um ihren Wahlsieg betrogen worden. Um Missverständnissen vorzubauen: "Das war kein Versagen, sondern Absicht." Das Gesetz forderte, so Berman, dass Wähler ihren Führerschein und andere Dokumente vorweisen - eine langwierige Prozedur, wenn man sie nicht gerade parat hat. Es verlangte von Studenten einen ganz neuen Ausweis, den sie nur für die Wahl beantragen mussten - und diese oft ganz neu formulierten Gesetze gab es nicht nur in Wisconsin, sondern auch in vielen anderen Staaten. In Illinois etwa musste man "einen Ausweis aus Illinois mit Foto, eine Sozialversicherungskarte, einen Meldenachweis und einen Geburtsschein vorlegen" - unnötig zu sagen, dass durch diese Gesetze vor allem die schwarze Bevölkerung und neu Eingewanderte abgeschreckt werden, all jene Wähler, die auch so noch in großer Mehrheit für Hillary Clinton gestimmt haben: "Die Lektion von 2016 liegt mit erschreckender Klarheit vor Augen. Wenn Wahlverhinderung in einem Staat wie Wisconsin mit langer progressiver Geschichte und einer Kultur hoher Wahlbeteiligung funktioniert, dann funktioniert sie überall. Und wer noch an faire Wahlen glaubt, sollte diese Drohung sehr ernst nehmen. Sonst wird sich die Geschichte wiederholen."

Magazinrundschau vom 30.05.2017 - Mother Jones

Donald Trump mag als Präsident irrlichtern, Justizminister Jeff Session dagegen weiß genau, was er tut. Pema Levy blickt auf Sessions finstere Ägide als Staatsanwalt in Alabama zurück, wo er nicht nur die Gegner seiner Spender in Grund und Boden klagte, sondern auch schwarze Bürgerrechtler anging, die im Black Belt nur mit Mühe ihr Wahlrecht durchsetzen konnten: "Um die Beteiligung zu erhöhen, begannen Community Organizer unter der Führung von Albert Turner, einem früheren Mitarbeiter von Martin Luther King, schwarze Wähler zur Briefwahl zu animieren, vor allem Älteren, die Schwierigkeiten hatten, es in das nur für wenige Stunden geöffnete Wahllokal zu schaffen. 1982 gewannen endlich die Kandidaten, die von Turner und seinen Verbündeten unterstützt wurden. Zwei Jahre später begann Sessions, gegen die Briefwahl in fünf ländlichen Bezirken zu ermitteln, in denen der Einfluss schwarzer Wähler gestiegen war. Er beschuldigte Turner, dessen Frau und einen weiteren Organizer des Wahlbetrugs. Der Fall gegen die als Marion Three bekannt gewordenen Aktivisten brach in sich zusammen, die Jury befand sie nicht schuldig."

In der New York Review of Books fürchtet auch David Cole, dass mit dem Südstaaten-Hardliner Sessions ein Rückfall in die dunkle Zeiten vor den Bürgerrechten droht. Auch Sessions Forderung, jede Tat so streng wie möglich zu bestrafen, missbehagt Cole.

Magazinrundschau vom 26.01.2016 - Mother Jones

Die erfolgreichen Prototypen-Tests von Google und Co. lassen das vollautomatisierte RoboAuto in greifbare Nähe rückt. In diesem Zusammenhang werden meist Aspekte des persönlichen Komforts in den Vordergrund gestellt. Clive Thompson kann sich aber auch gut vorstellen, dass die flächendeckende Durchsetzung dieser Autos auch für den öffentlichen Raum positive Folgen haben könnte. So würden etwa viele Parkplätze überflüssig, die derzeit die Innenstädte verschandeln: "Wenn Autos eigenständig fahren, könnten immerhin ganze Flotten von ihnen umhergondeln, Leute aufnehmen und aussteigen lassen und das mit geschmeidiger, robotischer Effizienz. Mit dem perfekt implementierten Wissen, wo sich die potenziellen Arbeiter befinden, könnten sie diverse Leute, die in dieselbe Richtung fahren, aufgreifen und im Nu Fahrtgemeinschaften optimieren. Eine Studie legt nahe, dass ein selbstfahrendes Auto bis zu 12 reguläre Autos ersetzen könnte."

Magazinrundschau vom 21.04.2015 - Mother Jones

Allein mit Schusswaffen werden jedes Jahr über 11.000 Menschen in den USA ermordet, mehr als 20.000 begehen Selbstmord, annähernd 100.000 werden verletzt. Doch im Gegensatz zu Gefährdungen wie dem Straßenverkehr, Tabak, Übergewicht oder Krankheiten existieren keine Studien darüber, welche Kosten Schusswaffengewalt für die Allgemeinheit verursacht, berichten Mark Follman, Julia Lurie, Jaeaj Lee und James West. Gemeinsam mit dem Statistiker Ted Miller vom Pacific Institute for Research and Evaluation errechnen sie einen Betrag von 229 Milliarden Dollar pro Jahr: "Damit liegen die Kosten von mit Schusswaffen verübte Gewalttaten 47 Milliarden über dem weltweiten Jahresgewinn von Apple und 88 Milliarden über dem gesamten Bildungsbudget der USA. Verteilt man diese Zahl auf jeden Mann, jede Frau und jedes Kind des Landes, kämen jährlich über 700 Dollar pro Person zusammen... Dazu kommen Kosten, die von den verfügbaren Daten nicht erfasst werden. Was ist mit dem Trauma ganzer Gemeinschaften, ausgelöst von Massenschießereien oder chronischer Straßengewalt? Was ist mit den hohen sozialen Kosten der Angst, die die wirtschaftliche Entwicklung hemmt und immense Ausgaben für Sicherheit und Prävention nach sich zieht?"

Magazinrundschau vom 22.10.2013 - Mother Jones

Was bringt einen afghanischen Polizisten dazu, auf unbewaffnete amerikanische Marines zu schießen, wie es 2012 der 17-jährige Aynuddin tat, fragt sich der in Kabul lebende Journalist Matthieu Aikins. Hatte er womöglich Verbindung zu den Taliban? Aikins will der Sache auf den Grund gehen, und findet heraus, dass es immer wieder Insider-Angriffe auf das Police Advisor Team der ISAF (International Security Assistance Force, das die afghanische Polizei vor Ort unterstützen soll) gegeben hat: "Die ganze Betreuungs-Idee war brandgefährlich und prädestiniert für kulturelle Konflikte. Die Annahme, bewaffnete afghanische und amerikanische 18-Jährige würden von der Gesellschaft des jeweils anderen profitieren, war äußerst optimistisch. In kleineren Einheiten in Gebieten, wo mehr gekämpft wurde und Afghanen und US-Soldaten tagtäglich aufeinander angewiesen waren um zu überleben, pflegten die Kriegsbande diese Differenzen aufzulösen, in mittelgroßen Befestigungen jedoch, wo der Kontakt regelmäßig, aber oberflächlich war, brodelten Spannungen. Die Afghanen mit ihren ganz anderen sozialen Normen, Hygiene-Gewohnheiten und Verhaltensweisen fanden die Amerikaner oft respektlos und arrogant, während die Amerikaner ihren Gegenübern mit offener Geringschätzung begegnen konnten."
Stichwörter: Kabul, Mother!, Security, Hygiene, Police

Magazinrundschau vom 29.09.2009 - Mother Jones

Al Gore trinkt es, Barack Obama und Paris Hilton trinken es. Die High Society liebt es und die Grünen lieben es: Fiji Mineralwasser. "Obwohl es vom entgegengesetzten Ende der Welt importiert wird, obwohl es drei mal so teuer ist wie gewöhnliches Mineralwasser im Supermarkt, ist Fiji heute das meistgekaufte Mineralwasser in Amerika, Evian hat es hinter sich gelassen", erzählt Anna Lenzer in einer Reportage, die einen buchstäblich sprachlos lässt. "Nirgendwo in dem glamourösen Marketingmaterial von Fiji Wasser findet man einen Hinweis auf die Typhusfälle, die die Fidschianer plagen. Schuld daran ist die mangelhafte Wasserversorgung; die Betriebe der Firma sind - trotz des Geredes der [amerikanisch-kanadischen] Eigentümer über finanzielle Transparenz - in Steueroasen wie den Cayman Inseln und Luxemburg angemeldet; oder die Tatsache, dass die charakteristische Flasche aus chinesischem Plastik in einem dieselgetriebenem Werk hergestellt und tausende von Meilen zu ihren ökobewussten Konsumenten verschifft wird. Und man findet natürlich auch keine Erwähnung der Militärjunta, für die Fiji Wasser globale Bekanntheit und Anerkennung bedeutet."

Noch ein Hinweis auf das Juliheft: Der Schriftsteller William T. Vollmann erklärt im Interview über sein neues Buch "Imperial", warum es so viel schwieriger sein kann, Literatur zu schreiben als ein Sachbuch: man muss genauer sein. "Ich glaube wir alle sind, als menschliche Wesen, so begrenzt. Wenn wir über uns selbst schreiben wollen, ist das ziemlich einfach. Und wenn wir über unsere Freunde schreiben oder unsere Familien, können wir das tun. Aber wenn wir uns in etwas hineinversetzen wollen, das jenseits unserer persönlichen Erfahrung liegt, dann scheitern wir, bis wir mehr Erfahrung oder sie uns von anderen geborgt haben. Wenn ich als blinder Passagier auf einem Zug fahre ['train hopping' ist ein Hobby von Vollmann, Anm. Red.] und in den Himmel sehe, dann gibt es immer so viel mehr Sterne als ich in Erinnerung habe."