Peter-Jürgen Boock

Die Entführung und Ermordung des Hanns-Martin Schleyer

Eine dokumentarische Fiktion
Cover: Die Entführung und Ermordung des Hanns-Martin Schleyer
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783821839769
Gebunden, 208 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Deutschland im Herbst 1977: Die Rote Armee Fraktion entführt Hans Martin Schleyer, den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Arbeitgeber und des Bundesverbandes der deutschen Industrie, tötet seine Begleiter und 43 Tage später nach der Erstürmung der "Landshut" in Mogadischu durch die GSG 9 und dem anschließenden Selbstmord der in Stammheim inhaftierten Terroristen ihn selbst. Einer der Täter: Peter-Jürgen Boock. Während sich bisherige Reportagen und Dokumentationen vor allem auf den Ablauf des Geiseldramas konzentrierten, gibt Boock jetzt erstmals Auskunft darüber, was sich in den Wochen der Entführung zwischen den Geiselnehmern und ihrem Entführungsopfer ereignete...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.10.2002

Einen zwiespältigen Eindruck hat Peter-Jürgen Boocks Buch über die Entführung und Ermordung des Hanns-Martin Schleyer bei Rezensent Rudolf Walther hinterlassen. So würdigt Walther einerseits, dass das ehemalige RAF-Mitglied Boock ein "sehr faires" Bild des Arbeitgeberpräsidenten zeichnet - er verschweige nicht, dass Schleyer bei den "Verhören" im "Volksgefängnis" dem RAF-Personal gefasst und intellektuell überlegen blieb. Andererseits könne man einfach nicht überprüfen, ob Boock nach bestem Wissen und Gewissen berichte oder lüge. Boocks Sprache jedenfalls verrät für Walther eine "verheerende Befangenheit in Gedankenwelt und Phraseologie der RAF". Mit keinem Wort kritisiert Boock den von Anfang an hybriden Anspruch der Gruppe, die sich groteskerweise als "militante Linke" aufspielte. Auch dass Boock nichts darüber sagt, wer bei der Entführung die Begleiter Schleyers erschossen und wer den Unternehmer selbst hingerichtet hat, findet Walther schwach. Als widersprüchlich an Boocks Darstellung erachtet Walther ihre "vielleicht nur vorgespielte" Naivität. Der Verzicht auf eine entsprechende Tarnung bei der Geiselnahme zum Beispiel führt Walther zu dem Schluss, dass die angeblich so professionell agierende Gruppe entweder völlig dilettantisch handelte, oder dass das Todesurteil für die Geisel von Anfang an und unabhängig vom Ausgang der geplanten Freipressung der Häftlinge feststand.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Rolf Lamprecht stellt fest, dass sich Peter-Jürgen Book, einer der damaligen "Peiniger", mit diesem Buch zum "Sprachrohr" des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer macht, der 1977 von der RAF entführt und nach 43 Tagen ermordet wurde. Er bewertet das Buch nicht zuletzt deshalb als "lesenswert", weil postum Schleyer selbst zu Wort kommt, denn der Autor erinnert sich an die Gespräche Schleyers mit seinen Entführern und versucht, sie zu "rekonstruieren". Positiv hebt der Rezensent hervor, dass Book nirgends versucht, seine "Rolle zu schönen". Book gebe offen zu, dass Schleyer in den Diskussionen zumeist die "dominierende" Position innehatte. Zumindest wird den Hinterbliebenen mit diesem Buch der Ermordete als "imponierende Figur" in Erinnerung gerufen, auf die die die Familie "stolz sein" könne, meint der Rezensent abschließend.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.09.2002

Michael Schwelien arbeitet an diesem Buch das als problematisch heraus, was der Untertitel verspricht, "eine dokumentarische Fiktion", das heißt er empfindet auch nach Ende der Lektüre weiterhin ein Unbehagen: "Was stimmt, was nicht?". Denn klar wird, dass Boock während seines Prozesses gelogen hat, dass auch er verantwortlich für den Mord an Hanns-Martin Schleyer war - und er nennt weiterhin keine Namen. Am interessantesten findet Schwelien die im Zentrum des Buches stehenden Gespräche Boocks mit Schleyer; der "Erzkapitalist" wirkt sympathisch und klug und in Sachen Kapitalismuskritik der RAF weit überlegen, schreibt er. "Packend geschrieben", urteilt der Rezensent, aber ihm bleibt dennoch "ein schlechter Beigeschmack".