Frank Möller (Hg.)

Charismatische Führer der deutschen Nation

Cover: Charismatische Führer der deutschen Nation
Oldenbourg Verlag, München 2004
ISBN 9783486567175
Gebunden, 281 Seiten, 39,80 EUR

Klappentext

Die Entstehung der modernen, nationalen Gesellschaften ist begleitet von der Ausbildung eines neuen populistischen Politikertyps. Diese charismatischen Führer stützen ihre Herrschaft auf das Volk, welches wiederum in ihnen seine Wünsche und Hoffnungen verwirklicht sieht. Als "Charisma" hat Max Weber die Eigenschaften eines Politikers bezeichnet, die von seinen Anhängern als außeralltäglich bewertet werden. Diese Vorstellungen und Zuschreibungen der deutschen Öffentlichkeit gegenüber den wichtigsten deutschen Politikern des 19. und 20. Jahrhunderts werden in den Beiträgen des Sammelbandes untersucht und verglichen. Gefragt wird also nicht, ob diese Politiker charismatische Führer waren, sondern welche charismatischen Qualitäten ihnen von ihren Anhängern zugeschrieben wurden. Betrachtet werden neben der Vorbildfunktion, die das Kaisertum Napoleons auch für Deutschland hatte, Heinrich von Gagern, Otto von Bismarck, Wilhelm II., Paul von Hindenburg, Adolf Hitler, Konrad Adenauer, Walter Ulbricht, Willy Brandt und Helmut Kohl.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.03.2005

So richtig, stellt Franziska Augstein fest, hilft er den Historikern nicht (mehr) weiter: Max Webers Charisma-Begriff, welcher besagt, dass man Charismatiker nicht einfach so kraft seiner Eigenschaften und Begabungen ist, sondern dazu gemacht wird von den Untertanen. Das jedenfalls ist ihr Fazit nach der Lektüre der hier versammelten Texte, in denen Webers Definition auf neun deutsche Politiker - von Heinrich von Gagern über Bismarck bis hin zu Helmut Kohl - gemünzt wird. Oder besser: gemünzt werden soll. Denn es stellt sich, so Augstein, heraus, dass die meisten Beiträge zwar sehr lesenswert sind, aber vor allem von den Politikern und ihren Eigenschaften und Bemühungen handeln, weniger aber von der Ursachen und Wirkungen dessen, was an sie vom Volk herangetragen wurde. Und was die politische Führerschaft in der demokratischen Gegenwart betrifft: Da greift der Webersche Begriff einfach nicht mehr - die Wähler entscheiden sich für den, der sich am besten inszeniert, wirken also selber am Bild des Politikers denkbar wenig mit. Also: Wenn's um die fernere Geschichte geht, ist die Typologie nützlich, ebenso beim Blick auf die historischen Krisen Deutschland, in denen typischerweise der Ruf nach dem "starken Mann" laut wurde. Ansonsten wird sie kaum mehr gebraucht.
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