Hartmut Böhme

Natur und Figur

Goethe im Kontext
Cover: Natur und Figur
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2016
ISBN 9783770560462
Gebunden, 460 Seiten, 49,90 EUR

Klappentext

Natur ist stets Gestalt und stellt, rhetorisch gesehen, insofern eine figura dar, ohne die sie sich überhaupt nicht bilden und zur Anschauung werden könnte. Dass alles, was wir als Natur ansehen, kontingent ist und ohne die konstruktiven Vermögen des Menschen keinerlei Evidenz gewinnt: das ist für Goethe selbstverständlich. Goethe vermeidet die falsche Alternative zwischen Naturalismus und Konstruktivismus, die im 20. Jahrhundert das Projekt der Naturästhetik kennzeichnet. Bevor eine auch theoretisch umfassende Naturästhetik vorgelegt wird, schaut Hartmut Böhme auf die Zeit um 1800, die Belle Époque des Naturdenkens. Goethe ist dabei das Paradigma: sein Verhältnis zum Wasser oder zur Erde, zur magischen Bezauberung des Bewusstseins durch Obsessionen und fetischistische Praktiken; die überraschende Entdeckung einer Figuration, die man eher der Romantik zuordnen würde, nämlich des Vampirismus; seine Kritik an der Tele- und Mikroskopie; seine dissidenten Erfahrungen, Praktiken und Konzepte in der Montanwissenschaft und der Anatomie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.01.2017

Wolfgang Krischke hat Hartmut Böhmes Buch über Goethe als Naturforscher mit Gewinn gelesen. Ebenso fasziniert wie amüsiert folgt der Kritiker Böhmes Ausführungen zum "ambivalenten" Verhältnis zwischen Goethe und Humboldt, das von Bewunderung, zugleich aber auch von Sticheleien und Taktik geprägt war. So erfährt Krischke anhand der hier sorgfältig ausgewerteten und interpretierten Korrespondenzen, Widmungen und der Bildsprache von Vignetten und Gedenkmünzen etwa, dass Humboldt seine "Ideen zur Geografie der Pflanzen" zwar Goethe widmete - allerdings nur deshalb, weil der eigentlich favorisierte Schiller Humboldt zuvor als "beschränkt" und als geltungssüchtiges "Maul" bezeichnet hatte. Während Humboldt nur wenige der Naturstudien Goethes schätzte, ihn letztendlich aber doch für einen Dilettanten hielt, versteckte Goethe seinerseits eine Spitze gegen Humboldt in seinen "Wahlverwandtschaften", informiert der Rezensent. Nicht zuletzt lobt er Böhmes Überblick über die wissenschaftsgeschichtlichen Umbrüche der Zeit und verzeiht diesem Buch auch gern die ein oder andere "stilistische Prätention".
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