Alain Claude Sulzer

Doppelleben

Roman
Cover: Doppelleben
Galiani Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783869712499
Gebunden, 304 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Der Roman nimmt uns mit zu Jules und Edmond de Goncourt, die alles teilten: das Haus, die Gedanken, die Arbeit, die Geliebte. Zu zweit gingen sie zum Treffen mit Flaubert, Zola und anderen Künstlern ins Palais der Cousine des Kaisers, in Ausstellungen und zu Restaurantbesuchen mit Freunden und Bekannten. Und danach lästerten sie ab über alle, die sie getroffen hatten, im geheimen Tagebuch, das sie gemeinsam führten. Berühmt-berüchtigt waren sie für ihren Blick, dem angeblich nichts entging, und ihre spitze Feder, die alles notierte. Bis Jules unheilbar erkrankte …Und der Roman nimmt uns mit in die Gegenwelt: zu Rose, ihrer Haushälterin, die zum Hausstand gehört wie ein Möbelstück. Die unbemerkt von den Brüdern existenzielle Dramen durchlebt, sich hoffnungslos in den Falschen verliebt und von ihm schamlos ausgenutzt wird, die ein Kind austrägt, ohne dass die Brüder es bemerken, es gebiert, liebt und später auch verliert; die Trinkerin wird und ihre Dienstherrn hintergeht und bestiehlt, ohne dass diese es merken. Bis sie stirbt und den Brüdern ein Licht aufgeh.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.12.2022

Die Brüder Goncourt: Namensgeber des wichtigsten französischen Literaturpreises. Aber was weiß man über ihr Leben und Werk? Dass Alain Claude Sulzer mit seinem Roman diese Frage zu beantworten versucht, rechnet Rezensent Nils Minkmar dem Schweizer hoch an. Grundlage der Geschichte sind die Tagebücher der Goncourts, die zu Tage fördern, dass das Verhältnis zwischen Jules und Edmond ein symbiotisches war. Sulzer fügt den Fakten nun zwei fiktionale Episoden hinzu: Eine fortschreitende Syphilis und die Schwangerschaft der geliebten Haushälterin durch den Nachbarssohn. Sulzer, schreibt Minkmar, gelinge eine "anrührende Beschreibung der Dialektik zwischen Erkenntnis und Verdrängung" und "eine Studie über das Doppelleben der Literatur". Dies wiederum sei nicht nur eine Würdigung der Brüder Goncourt, sondern fordere auf, nach weiteren Geschichten zu suchen, die noch nicht erzählt sind.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.10.2022

Der Schweizer Alain Sulzer widmet sich Edmond und Jules Goncourt - Legenden der französischen Literaturgeschichte - und ihrer Haushälterin. Rezensentin Sigrid Löffler betont die genaue Auffassungsgabe der ungewöhnlichen und sich außerordentliche nahestehenden Brüder in ihren Tagebuchaufzeichnungen, die sich ihrer Unaufmerksamkeit im privaten Umfeld diametral gegenüberstelle. Sie wollten vieles nicht wahrhaben - so entspanne sich ein aufregendes Bild von Leid, sowohl der armen Haushälterin als auch des syphilliskranken Jules, das mit interessanten Doppelbildern aufwarte. Lohnenswerte Lektüre, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.09.2022

Rezensentin Elke Schmitter ist gefesselt von Alain Claude Sulzers Roman über die Brüder Goncourt und das Drama um ihre Hauhälterin Rose, das die Brüder selbst literarisch verarbeiteten. Wie Sulzer anhand der Geschichte unterschiedliche Arten von Liebe kammer-, trauerspielartig vorführt, die der Brüder zueinander wie auch Roses dramatische amour fou, die den Brüdern lange unentdeckt blieb, findet Schmitter lesenswert. Sprachlich beklemmend, stilistisch behutsam, inhaltlich auf die Tragödie fokussierend, nicht auf das Pathos des Stoffes, sorgt der Text bei Schmitter für "Anteilnahme", ohne zudringlich zu sein.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.09.2022

Rezensentin Claudia Mäder staunt, wie Alain Claude Sulzers der Geschichte der Brüder Goncourt und ihrer Hausangestellten Rose neues Leben einhaucht. Anhand der Tagebücher der Brüder gelingt es dem Autor laut Mäder, ins Innere der Figuren zu schauen, den Tratsch um sie links liegen zu lassen und die Charaktere mit Leben und Menschlichkeit zu füllen. Die Geschichte der "Germinie Lacerteux" bekommt so für Mäder einen neuen Twist. Dass der Leser nicht zu erkennen vermag, was am Text dokumentiert, was imaginiert ist, verbucht die Rezensentin als Plus des Buches.