Cho Nam-Joo

Kim Jiyoung, geboren 1982

Roman
Cover: Kim Jiyoung, geboren 1982
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2021
ISBN 9783462053289
Gebunden, 208 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee. In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mitdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern - wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung. Ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht - von Grundschullehrern, die strenge Uniformen für Mädchen durchsetzen; von Arbeitskollegen, die eine versteckte Kamera in der Damentoilette installieren und die Fotos ins Internet stellen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.05.2021

Rezensent Steffen Gnam sieht in Cho Nam-Joos Roman von 2016 eine subversive Betrachtung des Frauseins in Korea über drei Generationen einer Familie, mit all den Degradierungen, Demütigungen und Übergriffigkeiten, die damit verbunden seien. Dass sich der Text erst gegen Ende als Therapiesitzung entpuppt, keine stilistischen Ambitionen zeigt, dafür eingängige Bilder findet für die Diskriminierung und Tragik weiblicher Lebensläufe, lässt Gnam das Buch als Manifest begreifen. Männer bilden im Buch ein veritables Horrorkabinett aus mobbenden Lehrern, Grapschern und anzüglichen Taxifahrern, erklärt er.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.03.2021

Rezensent Martin Oehlen hofft mit Cho Nam-Joo, dass die Benachteiligung der Frau, wie sie die Autorin anhand ihrer eigenen Lebensgeschichte schildert, irgendwann ein Ende hat, nicht nur in Korea. Den Bericht im Stil einer politischen Reportage liest Oehlen mit Sinn für die feinen gesellschaftlichen Unterschiede zwischen der Heimat der Autorin und Europa, aber auch mit Sinn für die Ähnlichkeiten. Mangelnde Gleichstellung ist kein spezifisch koreanisches Problem, stellt er fest. Die geschilderten Übergriffe, das Lohngefälle und die typischen Erwartungen an eine Frau, kommen Oehlen doch bekannt vor. Anschaulich wie aufrüttelnd, findet er.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.03.2021

Dieses weltweit hoch erfolgreiche Buch findet Rezensentin Katharina Granzin doppelt "raffiniert": Zum einen sei da der nüchterne Stil der Berichterstattung, der seine Verwandtschaft mit der Statistik geradezu ausstellt. Zum anderen könne auch der sympathisierende Berichtende, der sich irgendwann als Psychiater der Protagonistin vorstellt, keine Lösung anbieten. Die Kritikerin scheint der Autorin, die ihrer Hauptfigur ähnlich sei und sie gewissermaßen als koreanisches Muster eines Frauenlebens vorstellt, in allem zuzustimmen, vor allem darin, dass es keinen individuellen Ausweg gibt aus einer gesellschaftlichen Struktur, die männliche Vorrechte festgeschrieben hat. Und damit meinen Kritikerin und Autorin nicht nur Korea.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 14.03.2021

Rezensent Florentin Schumacher hat keine Freude mit Cho Nam-Joos als Therapeutenbericht angelegtem Buch über den von Sexismus geprägten Alltag einer jungen Koreanerin. Laut Rezensent entspricht das der Intention der Autorin, die all die kleinen Erniedrigungen, denen die Figur ausgesetzt ist, gewissenhaft nacherzählt. Genau wie es ihre Absicht sei, dass die Leserin die Figur im Buch anschreien möchte: Wehre dich! Wichtig scheint Schumacher das Buch nicht zuletzt, weil die darin geschilderten koreanischen Zustände "universal" sind. Für die Leserin zermürbend, aber wichtig, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.02.2021

Ein bisschen lau bespricht Rezensent Xaver von Cranach diesen weltweit erfolgreichen Roman. Ein "Thesenroman" sei es, das Leben der Protagonistin werde da in höchst nüchterner Sprache und "schablonenhafter" Diktion vorgeführt - eine ständig zwar untergründig, aber doch immer vorhandene sexistische Annahme von der Frau als Mangelwesen -, sozusagen von der Wiege bis zur Liege des Therapeuten. Das aber sei der "Kunstgriff", den Text bilden die Notizen ihres Therapeuten, der sich die psychische Störung der Protagonistin erklären will. Leider lässt uns der Kritiker im Dunkeln darüber, warum es sich lohnen soll, diesen Roman zu lesen, wie er uns am Schluss nämlich versichert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.02.2021

Rezensentin Juliane Liebert wird beim Lesen von Cho Nam-Joos Roman klar, wie schwierig gesellschaftlicher Wandel ist. Der Blick auf koreanische Verhältnisse, auf das Leben von koreanischen Frauen in einer Männergesellschaft, auf Drangsalierug, Benachteilung und Moral, erscheint ihr hier so nüchtern protokollarisch wie berührend. Literatur als Sozialdiagnose, die weder Spannung noch Pointen braucht, weil sich die Leserin darin wiederfindet, ob aus Ost oder West, so beschreibt Liebert die Faszination, die von dem Buch ausgeht.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 10.02.2021

Rezensentin Katharina Borchardt haut Cho Nam-Joos Roman über eine junge Frau in Seoul in literarischer Hinsicht nicht vom Hocker. Der mit soziologischen Exkursen unterfütterte Rapport-Stil hat für die Rezensentin aber einen Effekt, der das Thema der Benachteiligung von Frauen in patriarchalisch geprägten Gesellschaften umso stärker hervorhebt. Den Erfolg des Buches in Korea erklärt sich Borchardt denn auch aus dem "Gebrauchswert" des Textes als politisches Instrument.
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