Damon Galgut

Das Versprechen

Roman
Cover: Das Versprechen
Luchterhand Literaturverlag, München 2021
ISBN 9783630877075
Gebunden, 368 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem südafrikanischen Englisch von Thomas Mohr. Damon Galguts Roman "Das Versprechen", ausgezeichnet mit dem Man Booker Prize 2021, erzählt vom zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht - nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen ... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, unerfüllt. Damon Galgut schildert eine Familiengeschichte, die sich über dreißig Jahre des politischen Umbruchs in Südafrika erstreckt - von der Apartheid bis hin zur Demokratie. Während sich das Land von den alten tiefen Spaltungen zu einer neuen, gerechteren Gesellschaft hin bewegt, schwebt über allem die Frage: Wie viel Verbitterung, wie viel Erneuerung, wie viel Hoffnung bleiben?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2023

Als ebenso großes Experiment wie Vergnügen empfiehlt Rezensent Uwe Stolzmann diesen Roman Damon Galguts, der den Niedergang einer weißen Mittelschichtsfamilie als Metpaher für Südafrikas jüngere Geschichte erzählt. Mutter, Vater und drei Kinder betreiben eine Farm im Südafrika der achtziger Jahre, allerdings mit wenig Fortüne und nicht immer mit den besten Absichten. Wie Stolzmann deutlich macht, ist es eine Geschichte der gebrochenen Versprechen, enttäuschten Erwartungen und misslungenen Wiedergutmachung, die dem Rezensenten allerdings erstaunlich beglückt zurücklässt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 21.12.2021

Rezensentin Dorothea Westphal scheint zu überzeugen, wie Damon Galgut die schwierige Transformation des südafrikanischen Apartheidsregimes in eine demokratische Gesellschaft anhand der Geschichte einer weißen südafrikanischen Farmersfamilie illustriert. Über drei Jahrzehnte verfolgt der Autor die Schicksale seiner Figuren und erkundet, wie der Rassismus das Private nachhaltig vergiftet, erklärt Westphal. Wie an einem Fluch scheitern die Figuren laut Westphal fast ausnahmslos. Die realistische Nähe der Erzählung, laut Westphal u. a. erreicht durch das Mittel des Bewusstseinsstroms, vermittelt dem Leser die Unruhe und die Kälte zwischen den Figuren, so die Rezensentin. Dass der Autor bei allem gelegentlichen Sarkasmus seine Figuren ernst nimmt, scheint Westphal bemerkenswert und mit verantwortlich für den Sog der Erzählung.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 17.12.2021

Damon Galguts Roman verlangt seinen Lesern emotionale Gefasstheit und große Aufmerksamkeit ab, meint Rezensent Dirk Fuhrig. In vier Kapitel erzählt Galgut hier anhand einer einzigen Familiengeschichte die Entwicklung Südafrikas - vom Apartheid-Regime bis heute. Den Anfang markiert ein Versprechen, das lange unerfüllt bleibt und damit quasi pars pro toto für die zahlreichen "leeren Versprechungen" auf dem Weg Südafrikas zur Demokratie steht. Erfüllt wird es erst am Ende, vom jüngsten der drei Geschwisterkinder, die das Zentrum dieses Romans bilden und jeweils verschiedene politische Positionen verkörpern, lesen wir. Geschickt lässt Galgut immer wieder die große Geschichte in der kleinen aufleuchten: wie nebenbei, dadurch aber umso eindrucksvoller werden Entführungen thematisiert, Gewalt, Rassismus, oder die Bigotterie der Kirche - jene historischen Voraussetzungen, unter denen sich die individuellen Schicksale in diesem Roman entfalten. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf es aufgrund der uneinheitlichen Erzählweise des Autors - mal ausufernd, schwelgend, mal knapp, eher andeutend. Für Fuhrig ist das keine Schwäche des Textes, vielmehr erkennt er in dem bewussten Einsatz von Leerstellen eine besondere Qualität.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.12.2021

Verdienter Booker-Preis für Damon Galgut, jubelt Rezensentin Verena Lueken. Spätestens nach diesem Roman gehört der Südafrikaner für sie zu den ganz großen Schriftstellern der Gegenwart. Vor dem Hintergrund der Geschichte Südafrikas erzählt ihr der Autor vom Schicksal der weißen Familie Swart, die sich regelmäßig zu Beerdigungen trifft, während im Hintergrund die Apartheid endet und die Präsidenten von Pieter Willem Botha über Nelson Mandela bis zu Jacob Zuma wechseln. Die als erste sterbende Swart-Mutter hatte verfügt, dass die schwarze Haushaltshilfe Salome ein kleines Häuschen auf dem Grundstück der Familie erbt, was sowohl der zurückbleibende Gatte als auch drei der vier Kinder ignorieren. Grandios erscheint Lueken, mit welchem mitunter "satirischen" Humor Galgut vom Niedergang der Familie parallel zur Geschichte Südafrikas erzählt. Darüber hinaus bewundert sie, wie der Autor zwischen den Perspektiven springt, die Gefühlslagen der Figuren ausleuchtet und selbst Landschaften, Tieren und dem Wetter eine Stimme verleiht. Den Vergleich mit J. M. Coetzee scheut Lueken nicht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.12.2021

Rezensent Adam Soboczynski erliegt sofort dem Bann dieses Romans von Dalmon Galgut, der mit dem Booker-Preis ausgezeichnet wurde. Schon auf den ersten Seiten erkennt der Kritiker die erzähltechnische Nähe zu Virginia Woolf oder James Joyce: Hineingezogen in einen Strom verschiedener Perspektiven, Gedanken und Gefühle liest er die 1986 einsetzende Geschichte der weißen, in Südafrika lebenden Farmerfamilie Swart, die mit dem Ende der Apartheid in "Sinnkrisen, Suff und Selbsthass" abrutscht. Schon wie Galgut die persönlichen Schicksale, den Streit ums Erbe und um Moral mit der rassistischen Geschichte Südafrikas verknüpft, findet der Rezensent bemerkenswert. Vor allem aber bewundert er den Mut des Autors, die Geschichte aus Sicht der Unterdrücker, die sich als Opfer verstehen, zu erzählen. Dieser Roman spiegelt das "moralische Dilemma des gesamten Westens" wider, meint er.