Dieter Langewiesche

Der gewaltsame Lehrer

Europas Kriege in der Moderne
Cover: Der gewaltsame Lehrer
C.H. Beck Verlag, München 2019
ISBN 9783406727085
Gebunden, 512 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Dass der Krieg eine historische Gestaltungskraft ersten Ranges ist, gehört zu den unbequemsten Wahrheiten der Geschichte. Und sie ist weiterhin aktuell. Nicht nur gibt es immer noch Kriege auf der Welt, selbst "humanitäre Interventionen" oder der Kampf gegen den Terror kommen ohne kriegerische Einsätze nicht aus. Warum aber greifen Menschen und Staaten überhaupt zum Mittel des Krieges? Wie haben Kriege Wandel ermöglicht oder verhindert? War der Krieg im europäischen Laboratorium der Staats- und Gesellschaftsordnungen sogar unverzichtbar? Der Tübinger Historiker Dieter Langewiesche beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit diesen Fragen und legt nun eine grundlegende Analyse vor, in der es nicht um Pulverdampf und Schlachtenlärm geht, sondern um den Ort des Krieges in der Geschichte der Moderne.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.05.2019

Rezensent Stephan Speicher lernt die gestalterische Kraft des Krieges in der Moderne kennen in diesem Buch des emeritierten Tübinger Historikers Dieter Langewiesche. Wie das Kriegswesen Revolution, Nationalstaatsbildung und Kolonialpolitik beeinflusste, kann der Autor dem Kritiker anhand zahlreicher Beispiele verdeutlichen, etwa mit Blick auf die Amerikanische, Russische und Französische Revolution. Auch wie selbst in der Kolonialpolitik der Krieg idealistisch gedacht wurde, etwa bei Roosevelt oder Tocqueville, liest Speicher hier nach. Dass Langewiesche eine Fülle an Material zusammengetragen hat, zudem zu Exkursen neigt, aber klare Urteile vermeidet, macht die Lektüre für den Rezensenten zwar nicht gerade einfach; interessante, oft auch so nicht bekannte Einsichten in das europäische Kriegswesen gewinnt er hier dennoch.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.04.2019

Thomas Speckmann rät zur Lektüre von Dieter Langewiesches Buch, um die Bedeutung von kriegerischen Prozessen für Revolutionen und die Entstehung von Nationen und Nationalstaaten zu verstehen. Erst mit diesem Verständnis im Gepäck lasse sich der Krieg loswerden, glaubt Speckmann. Der Autor analysiert den Krieg als gestaltende Kraft, das ist für den Rezensenten erhellend, da Langewiesche kenntnisreich und umfassend vorgeht und die Geschichte der Moderne nach kriegerischen Auseinandersetzungen und ihrer Funktion abklappert. Die Frage, warum Kriege geführt werden, beantwortet der Autor laut Speckmann nicht abstrakt, sondern  als Gewaltgeschichte. Das das "Nie wieder!" aber in jedem Fall die richtige Forderung bleibt, erfährt Speckmann bei Langewiesche auch. Für den Rezensenten eine wichtige Erkenntnis mit großer Gegenwartsrelevanz.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 05.03.2019

Michael Kuhlmann erfährt bei Dieter Langewiesche von den Schattenseiten der Idee der Nation. Wie Nationaldenken und Gewalt stets Hand in Hand gingen, vermittelt ihm der Autor anhand von Revolutionen in den USA, Frankreich und Russland, ohne Schuldzuweisungen, dafür mit der Eröffnung der Möglichkeit, den Bankrott des Nationalismus zu erfahren. Kenntnisreich und anregend schildert Langewiesche dem Rezensenten die Kriege aus zweieinhalb Jahrhunderten, um schließlich in der Gegenwart anzukommen und bei ihren Friedensstrategien.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.02.2019

Kriege als maßgebliches Element der Geschichte und Motor des Fortschritts anzusehen, ist spätestens seit den 1970er Jahren aus der Mode gekommen, weswegen Hedwig Richter die dahingehende Argumentation des Tübinger Historikers Dieter Langewiesche originell und vielfach erhellend findet. Die globale Perspektive des Buches, die Beschreibung des Wandels von Krieg und seinen Funktionen im Laufe der Epochen, vor allem die Rehabilitierung der Nation als "Gleichheitsvehikel" und "Zentralisierungsmaschine" kann die Rezensentin überzeugen. Doch irgendwann wird Richter die Fokussierung auf militärische Konflikte zu einseitig, geht ihr bei diesem engen Blick zu viel verloren. Indem Langewiesche etwa zivilgesellschaftliche Reformbewegungen ausblendet, fallen bei ihm in "stupender Geschlechterblindheit" die historischen Errungenschaften der weiblichen Hälfte der Menschheit hinten runter, bedauert die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.02.2019

Wolfgang Schneider bangt um den Frieden nach der Lektüre von Dieter Langewiesches Versuch, Gewalt und Kriege als Motor der Geschichte abzubilden. Diese "verdrängte" Wahrheit kann ihm der Historiker sachlich und ruhig ins Gedächtnis rufen. Globalhistorisch stellt er dabei die Idee des neuen asymmetrischen Krieges in Frage, so Schneider. Begriffe wie Nation, Revolution und Kolonialismus werden im Buch laut Rezensent ausführlich erörtert. Die Hoffnung des Autors, weitreichende Kooperationen mögen den Krieg weiterhin verhindern, teilt Schneider natürlich.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.01.2019

Der hier rezensierende Politologe Herfried Münkler erfährt bei dem Tübinger Historiker Dieter Langewiesche zwar nicht, warum Europa künftig weitgehend ohne Kriege auskommen sollte, anregend findet er den Band aber dennoch. Einerseits, weil der Autor gut recherchiertes Material verwendet, andererseits, da er oft ambivalent bleibt in seiner Einschätzung oder zu eher wenig populären Urteilen über die Geschichte gelangt. Wie Langewiesche den Krieg als "Produktivkraft" schildert, der Revolutionen in Gang setzte, scheint Münkler streitbar. Dass Langewiesche jüngere Theorien zum Gestaltenwechsel des Krieges nicht teilen mag, und stattdessen auf langfristige Entwicklungen schaut, scheint Münkler zuzusagen. Und dass er sich bei der Lektüre oft reichlich unbehaglich fühlt, macht ihm das Buch auf jeden Fall empfehlenswert.