Friedrich Pfäfflin (Hg.)

Aus großer Nähe

Karl Kraus in Berichten von Weggefährten und Widersachern
Cover: Aus großer Nähe
Wallstein Verlag, Göttingen 2008
ISBN 9783835303041
Gebunden, 480 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Im Grunde sei der Schriftsteller Karl Kraus (1874-1936) eine gesellige Natur gewesen, erzählen diejenigen, die ihm nahestanden, und er wird mit der Einsicht zitiert: "Wenn man mit Menschen lachen kann, ist Sympathie und Übereinstimmung gegeben." Karl Kraus in neuer Sicht? Weit mehr als 300 gedruckte und unveröffentlichte Quellentexte von Benjamin bis Wittgenstein, von Altenberg, Berg und Brecht über Schönberg bis Viertel wurden hier erschlossen, darunter auch die Bruchstücke zu einer Biografie, die Heinrich Fischer 1936 schreiben sollte, sowie der bewegende Bericht von Helene Kann über das Sterben von Karl Kraus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.01.2009

In geschliffener Prosa und mit funkelnder Bösartigkeit gießt Ulrich Holbein seinen Spott über die 120 Zeitgenossen von Karl Kraus aus, deren Annäherungsversuche hier in einem Sammelband über den im Leben so Unnahbaren von Herausgeber Friedrich Pfäfflin versammelt worden sind. Kraus, der sich laut Rezensent seine Mitmenschen stets vom Leib zu halten trachtete, wird hier, in den Erinnerungen von Freunden und Feinden zum "Geselligen", der gut schwamm und gern "lustige Anekdoten" erzählte. Dabei scheint es Holbein nicht wenig amüsiert zu haben, dass hier ausgerechnet zu Kraus solch "große Nähe" gesucht wird und so der scharfzüngige Schriftsteller in eine Gemeinschaft gezwungen wird, die er zeitlebens offenbar eher gemieden hat. Für Leser, die sich nicht an den "Himalaya" der Kraus-Texte in der "Fackel" trauen, stellt diese "Mittelgebirge auf Augenhöhe" sicher einen guten Ausgangspunkt zur näheren Beschäftigung dar, so der Rezensent etwas maliziös.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2009

Was für einer der zu Lebzeiten glühend verehrte, durchaus aber nicht weniger glühend auch verhasste Karl Kraus eigentlich war - das kann auch dieser Band nicht ein für alle mal klären. Zu widersprüchlich sind die Urteile, die er hier versammelt. Sie stammen zum Beispiel von Elias Canetti, dem Bewunderer, der umso entschiedener später vom Glauben an Kraus abfiel. Oder von Walter Benjamin, der darauf insistierte, dass "ausnahmslos alles" für Kraus "in der Sphäre des Rechts sich abspielt." Nur bewundern kann Joachim Kalka die Ausdauer, mit der der als exzellenter Kraus-Kenner oft schon aufgefallene Friedrich Pfäfflin hier vieles, auch bisher Unbekanntes zusammengetragen hat. Geordnet sind die Zeugnisse nach chronologischen und thematischen Gruppen und wenn dieser Band eines zu wünschen übrig lasse, dann eben genau das, was er bei allem Facettenreichtum eben doch nicht sein könne: nämlich eine zum Gesamtbild des Publizisten gerundete Biografie.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.09.2008

Mit hohem Lob bedenkt Jens Malte Fischer diesen von Friedrich Pfäfflin herausgegebenen Band mit Texten über Karl Kraus. Er schätzt die Edition der teils bislang unveröffentlichten Berichte von rund 120 Zeugen wie Canetti, Brecht, Werfel, Kerr, Helene Kann und vielen mehr als ebenso beispielhaft wie klug. Überzeugend scheint ihm die Mischform von chronologischer und thematischer Anordnung der Berichte. Neben Bekanntem über Kraus findet er darin auch viel "Entlegenes und Neues". Sie vermitteln für ihn ein lebendiges Bild der öffentlichen wie privaten Person von Kraus und zeigen dabei eben nicht nur den gehassten und geliebten sprachmächtigen Polemiker und Satiriker, sondern auch den mitfühlenden, liebenswürdigen, herzlichen Freund, der Kraus auch sein konnte. Besonders berührt hat Fischer der Text von Helene Kann, die Kraus' letzte Monate und Wochen beschreibt.
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