Gabriele Tergit

Etwas Seltenes überhaupt

Erinnerungen
Cover: Etwas Seltenes überhaupt
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2018
ISBN 9783895614927
Gebunden, 424 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und mit einem Nachwort von Nicole Henneberg. Mit zahlreichen Fotografien und Faksimiles. "Etwas Seltenes überhaupt" nannte der Journalist Rudolf Olden Gabriele Tergit, die mit ihrem Roman "Käsebier erobert den Kurfürstendamm" berühmt wurde. Zweifelsfrei gehört sie zu den bemerkenswertesten und mutigsten Frauen des 20. Jahrhunderts. Als erste weibliche Gerichtsreporterin der Weimarer Republik machte sie anhand scheinbar unbedeutender Fälle auf die großen Problematiken ihrer Epoche aufmerksam. Aus der Position einer sozialkritischen Beobachterin heraus beschrieb sie die Gewalt und den zunehmenden Einfluss der Nationalsozialisten. Diese setzten Gabriele Tergit ganz oben auf die Liste politischer Gegner, was sie schließlich, nachdem sie in der Nacht ihres 39. Geburtstags von einem SA-Trupp bedroht wurde, zur Flucht aus Deutschland zwang. Ihr zweiter Roman "Effingers", der das Schicksal einer jüdischen Familie in Berlin schildert, erschien im Jahr 1951. Eine Sammlung ihrer Gerichtsreportagen wurde erst posthum publiziert, ebenso ihre eindrücklichen Erinnerungen "Etwas Seltenes überhaupt".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.08.2018

Till Greite hofft, dass die Wiederentdeckung Gabriele Tergits als Chronistin einer untergangenen Welt sowie der Apathie nach 1945 weiter vorankommt. Mit Tergits Erinnerungen von 1980 in ungekürzter Ausgabe erhält der Rezensent eine Schatztruhe mit versprengten Lebensläufen des Weimarer Lebens. Er erfährt über die Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts und staunt über Tergits ungeschliffenen, zuweilen witzigen Ton. Dass die Erinnerungen kein einheitliches Bild ergeben, verbucht er als Gewinn. Trümmersplitt, in dem die Lebensgeschichte der Autorin bis zu ihrer Emigration und darüber hinaus sichtbar wird und subtile Porträts der deutschen Psyche und der literarischen Leere der Zeit aufscheinen, meint Greite.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.07.2018

Gabriele Tergit war zu ihrer Zeit ein Star, erklärt Rezensentin Susanne Mayer. Ihr "Käsebier"-Roman ging durch die Decke, ihre Feuilleton-Beiträge im Berliner Tageblatt wurden von allen gelesen, die Rang und Namen hatten, und Tergit selbst verkehrte nicht nur mit Peter Suhrkamp und Theodor Wolff, sondern auch mit Carl von Ossietzky und anderen Intellektuellen der Weimarer Republik. In ihrem Memoir "Etwas Seltenes überhaupt" können wir von all dem aus erster Hand erfahren, so Mayer. Erzählt wird allerlei Alltägliches, natürlich mit jenem trockenen, abgebrühten Humor, den man von Tergit gewohnt ist, versichert die Rezensentin, doch es fehle auch nicht an politischer Analyse: Wie die Auflösung der gewohnten Ordnung sich langsam andeutete, wie der Faschismus diese Ordnung schließlich ganz aufrollte, Freunde fliehen mussten, starben oder "umfielen" - an all das erinnert man sich nicht gerne und muss es doch. Gabriele Tergit macht es einem etwas leichter, so die überzeugte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.06.2018

Rezensent Jens Bisky freut sich schon auf mehr von der Berliner Feuilletonistin Gabriele Tergit alias Elise Hirschmann. Tergits Erinnerungen bestechen für ihn durch ihren zweifelnden, fragenden Ton und den Verzicht auf Larmoyanz und Sentimentalität. Dass sie den Leser nicht einzulullen versucht, sondern den Zivilisationsbruch des Dritten Reiches untersucht, gefällt ihm. Porträts von Freunden und Kollegen, Briefe und Kulturgeschichtliches stehen nebeneinander, so Bisky. Über die Publikationsgeschichte des Buches erfährt der Rezensent im Nachwort von Nicole Henneberg, die auch für die neue, nunmehr textgetreue Ausgabe verantwortlich zeichnet.
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