Dirk Kaesler

Lügen und Scham

Deutsche Leben
Cover: Lügen und Scham
Vergangenheitsverlag, Berlin 2023
ISBN 9783864083037
Gebunden, 324 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Mit "Lügen und Scham" legt der Soziologe Dirk Kaesler eine Kombination aus Schicksals- und Selbstfindungs-Memoir vor. Kaesler findet heraus, dass er nicht nur in einem "Lebensborn"-Heim der Nationalsozialisten zur Welt kam, sondern dass sein Vater nicht der im Krieg gefallene Ehemann der Mutter ist, dessen Namen er trägt. Die Wahrheit seines Lebens ist, dass seine Mutter als Angestellte des "Lebensborn" ein Liebesverhältnis mit einem SS-Offizier hatte. Dieser ihm unbekannte Mann ist sein leiblicher Vater. Eine Spurensuche und ein zermürbender wie klärender Dialog mit der Vergangenheit beginnt. Es ist zugleich die Geschichte einer höheren Tochter, Kaeslers Mutter, deren Lebensträume im und nach dem Zweiten Weltkrieg durch ihre Verwitwung und das Verlassenwerden zerstört wurden. Einer Frau, die sich unter schwierigsten Bedingungen mit ihrem Sohn durchschlagen musste und sich pathologisch an diesen als Mann-Ersatz klammerte. Das Befreien aus dieser Erstickung ist eine Coming-of-Age-Geschichte vor dem Hintergrund der politischen Umstürze jener Zeit. Die Systembrüche zwischen der agrarisch geprägten Lebenswelt der Großeltern im Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus und der kargen Nachkriegszeit liefern den Rahmen für ein jahrzehntelanges Familiendrama mit Lügen und Scham, das sorgfältig verschwiegen wurde. Dirk Kaesler ist ein außergewöhnliches Buch über deutsche Leben des 20. Jahrhunderts gelungen, fein komponiert, tiefgründig und emotional berührend. Mit "Lügen und Scham" liefert Kaesler das grundierende Thema der deutschen Nachkriegsgesellschaften.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.10.2023

Mit Interesse liest René Schlott diese Autobiografie des Soziologen und Max-Weber-Biografen  Dirk Kaesler. Es ist eine traurige Geschichte, die er da erzählt, so der Rezensent, die Geschichte eines "Lebensborn"-Kindes, das sich seine Lebensgeschichte im Lauf der Jahrzehnte selbst zusammenreimen musste, denn die Mutter hatte ihm zunächst nicht erzählt, dass er der uneheliche Sohn eines Erzeugers aus dieser Nazi-Stätte zur Züchtung eines neuen Ariertums war. Schlott liest die Autobiografie, die er im Wesentlichen nacherzählt, ohne groß auf Kaeslers Stil oder Darstellung einzugehen, vor allem als Dokument, sicher auch als eines, das zeigt, wie lange die Traumatisierungen der Nazi-Zeit in vielen deutschen Nachkriegsbiografien nachwirkten.
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