Hannah Arendt

Rahel Varnhagen

Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin / The Life of a Jewish Woman. Kritische Gesamtausgabe der Werke von Hannah Arendt, Band 2
Cover: Rahel Varnhagen
Wallstein Verlag, Göttingen 2021
ISBN 9783835337671
Gebunden, 800 Seiten, 49,00 EUR

Klappentext

Deutsch / Englisch. Herausgegeben von Barbara Hahn. Hannah Arendts Biographie der Rahel Varnhagen - ein großer Abgesang auf jüdische Assimilation in Deutschland. Begonnen wurde das Buch am Ende der Weimarer Republik, als die Zeichen längst auf Sturm standen, fertig geschrieben 1938 im Pariser Exil. Erst zwanzig Jahre später wurde das Buch veröffentlicht, zuerst in englischer Übersetzung, dann auf deutsch. Im Nachlass ihres Lehrers und Freunds Karl Jaspers ist eine erste Fassung der Biographie aus dem Jahr 1933 überliefert, die in dieser Ausgabe erstmals veröffentlicht wird. Im Rückblick schreibt Arendt, neben der jüdischen Frage habe sie an Rahel Varnhagen interessiert, was die Denkerin aus der Zeit um 1800 unter Schicksal verstand: "Es hat ein jeder ein großes Schicksal, der da weiß, dass er eines hat." Sie bezeichnet Rahel Varnhagen als ihre beste Freundin, die leider schon seit hundert Jahren tot sei.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.05.2021

Rezensentin Marie Luise Knott lernt mit dem zweiten Band der von Barbara Hahn herausgegebenen "Kritischen Gesamtausgabe" von Hannah Arendt, Wissenswertes über das Schicksal der Herkunft und den Umgang damit. Wie Arendt in ihrer Varnhagen-Biografie die Romantikerin aus ihrer historischen Rolle herauslöst und sie zu unserer Zeitgenossin macht, was laut Knott durch die Briefe und Tagebuchnotizen im Band noch befördert wird, scheint der Rezensentin bemerkens- wie unbedingt lesenswert: Rahel Varnhagen in ihrer Verlassenheit statt Varnhagen als Symbolfigur für das gelungene "deutsch-jüdische Gespräch"! Die Dokumentation der Publikationsgeschichte von Arendts Text, gleichfalls im Band enthalten, liest sich laut Knott überdies spannend wie ein Krimi.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.05.2021

Der Schriftsteller Michael Maar verbindet seine Besprechung von Hannah Arendts Buch über Rahel Varnhagen mit einer Hommage auf die vor zweihundertfünfzig Jahren geborene Salonnière, die er für ihre Originalität, ihre Wahrheitsliebe, ihren Esprit und ihr Herz bewundert und in der er ebenso ein Genie der Freundschaft wie eines der Feder erkennt, was sich in ihren unzähligen Briefen niederschlug. Arendt beendete ihr Buch über Rahel Varnhagen, das sie als Habilitationsschrift begonnen hatte, 1938 im Pariser Exil, wie Maar erklärt, erst 1959 erschien es auf Deutsch. Dieser Pioniertat sei zu verdanken, dass Rahel Varnhagen hierzulande nicht noch unbekannter geblieben sei. Doch Maar erkennt in dem Werk vor allem auch ein Zweigespräch unter zwei seelenverwandten Geistesriesinnen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.05.2021

Bei Wallstein erscheint dieses Buch Hannah Arendts nun endlich in kritischer Ausgabe, freut sich Hendrikje Schauer und wirft aus Anlass des Erscheinens von Rahel Varnhagens Briefwechsel mit ihren Freundinnen noch mal einen Blick hinein. Die Studie sei ein Hybrid, schreibt sie. Es handelt sich um ein sehr frühes Buch Arendts, das erst sehr spät, im New Yorker Exil erstmals erschien. Arendt arbeite sich an Klischees ab, studiere gründlich die Briefwechsel und andere Dokumente, um sich bewusst gegen eine verkitschte Überlieferung zu wenden, so die Rezensentin. Es handle sich dabei keineswegs um eine psychologisierende Biografie konventioneller Machart. Und doch stecke sie methodisch "noch halb in der alten Geistesgeschichte fest". Eine bereichernde Lektüre ist sie für die Rezensentin allemal, schon wegen des berühmten Kapitels über Paria und Parvenu.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.03.2021

Mit Begeisterung diskutiert Rezensentin Insa Wilke dieses Werk und stellt es in einen besonderen Zusammenhang. Die Kritikerin versteht nämlich Hannah Arendts Fragen an die Lebensgeschichte Rahel Varnhagens - und ihre Antworten - als Grundlage eines wirklichen Gesprächs über Solidarität. So wie Barbara Hahn mit dieser Herausgabe auch der Urfassung und der amerikanischen Übersetzung einen großen Raum des Vergleichens und Nachdenkens öffnet, so formuliert die faszinierte Kritikerin daraus die Grundfragen des Arendtschen Werkes - und eine Denk- und Handlungsanweisung für heute. Ihr Beispiel, eine kürzlich übertragene, "empathielose" TV-Diskussion über das Outing von 185 homosexuellen und diversen Schauspieler:innen, bringt sie zur Arendtschen Auffassung nicht nur von Solidarität, sondern auch der deutsch-romantischen Prägung des Ich, dem darüber leicht die Welt verlorengehe. Ein großartiger Aufruf, Arendt zu lesen - und zwar in dieser Kritischen Gesamtausgabe.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de