Julien Gracq

Das Abendreich

Roman
Cover: Das Abendreich
Droschl Verlag, Graz 2017
ISBN 9783854209874
Gebunden, 224 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Das Reich ist bedroht: Von Osten her nähern sich Feinde, barbarische Horden, die auf alle diplomatischen Interventionen nur mit der Enthauptung der Botschafter reagieren. Der Erzähler bricht mit einigen Freunden aus der selbstgewissen Lethargie der kulturmüden Hauptstadt auf und begibt sich in die Grenzregion, wo eine Entscheidungsschlacht bevorsteht. Gracqs Roman "Das Abendreich" aus den frühen fünfziger Jahren, nie zur Veröffentlichung freigegeben, ist nicht minder eindringlich als seine großen Romane dieser Zeit, "Das Ufer der Syrten" und "Der Balkon im Walde". Gleichzeitig ist "Das Abendreich" auch eine Art Vorläufer der fantastischen Reiche und mythischen Endkämpfe in Tolkiens Epos "Herr der Ringe". Während "das Abendreich" zerfällt, erweisen sich die Phänomene der sichtbaren Welt - die Natur, das Licht, die Wege und die Jahreszeiten - als die eigentlichen Akteure. Die Mythen der europäischen Romantik werden mit denen des fantastischen Romans verschmolzen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.10.2017

Für den Rezensenten Claude Haas ist Julien Gracqs aus dem Nachlass herausgegebenes, nahezu vollendetes Romanfragment "Das Abendreich" ein "grausames Wunder". In diesem in den frühen fünfziger Jahren entstandenen Seitenstück zum Roman "Das Ufer der Syrten" entdeckt der Kritiker noch einmal die ganze Kriegsbegeisterung des französischen Klassikers, die ihm hierzulande allenfalls den Status eines "Geheimtipps" einbrachte. Zu Unrecht, versichert der Rezensent: Denn Gracq vermag nicht nur dichterische Hoffnung aus dem Krieg zu schöpfen und in seinen eindrücklichen Beschreibungen von Kriegsgegenständen dieselben von jeglicher Symbolik zu trennen und auf ihre Ästhetik zu reduzieren, sondern ihm gelingt darüber hinaus gerade in den Landschaftsbeschreibungen eine "poetische Erkundung der Erde", die Haas wie eine "literarische Revision des kopernikanischen Weltbildes" erscheint. Und wie Übersetzer Dieter Hornig diesen "Berserker" der Poesie ins Deutsche übertragen hat, ringt dem Kritiker höchste Bewunderung ab.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.07.2017

Rezensent Joseph Hanimann ist süchtig nach Julien Gracqs Erzählton, der ihn an Jünger gemahnt, doch milder und zugleich herber ist, wie er erklärt. Dankbar für die suggestive Übersetzung von Dieter Hornig liest Hanimann dieses Romanfragment als Panorama eines imaginären Raum-Zeit-Gebildes, gesehen mit den sensiblen Augen eines gesichtslosen Ich-Erzählers. Faszinierend findet der Rezensent, wie es dem Autor gelingt, subtil Orte und Situationen zu schildern und dem Leser zugleich zu verbergen, wo er sich befindet, was geschieht und wem. Diese Mischung aus großer Anschaulichkeit und Rätsel, Detail und Spekulation hält Hanimann für höchst entdeckenswert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.07.2017

Julien Gracq hat die Arbeit an diesem Roman irgendwann aus mangelndem Interesse am Stoff abgebrochen, informiert Rezensent Jochen Schimmang. Und doch freut sich der Kritiker, dass das Anfang der fünfziger Jahre begonnene Fragment nun in einer gelungenen Übersetzung von Dieter Hornig auf Deutsch vorliegt. Denn in der Geschichte um ein von Barbaren bedrohtes dystopisches Land lernt Schimmang den französischen Schriftsteller als talentierten "Fantasy-Autor" kennen: Bisweilen erinnert den Rezensenten das Werk an Tolkiens "Herr der Ringe" - allerdings verwendet Gracq weniger Zeit auf die Schilderung von Figuren und Kämpfen, meint der Kritiker, der jedoch bewundert, wie liebevoll der Autor die äußere Welt zu beschreiben vermag.
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