Roland Barthes

Mythen des Alltags

Cover: Mythen des Alltags
Suhrkamp Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783518419694
Gebunden, 325 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Horst Brühmann. 1954 erschien in der französischen Zeitschrift Les Lettres Nouvelles der erste einer Reihe kurzer Texte, in denen sich der damals nur in akademischen Zirkeln bekannte Roland Barthes mit den Elementen des französischen Alltags auseinandersetzte: etwa mit der Tour de France, dem Citroen, dem Guide bleu, dem Beefsteak. 1957 versammelte er diese analytischen Kunststücke, angereichert durch einen Anhang mit dem Titel "Der Mythos heute", in dem Buch "Mythologies". Der Band begründete Roland Barthes' Ruf als führenden strukturalistischen Denker und brillanten Interpreten der Welt der Zeichen. Die hier erstmals vorliegende vollständige Übersetzung - die gegenüber der ersten Ausgabe um mehr als zwei Drittel erweitert ist - zeigt die strukturalistische Aktivität Roland Barthes' auf ihrem Höhepunkt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.12.2010

Die Frische und Ungezwungenheit dieser Texte haut Rezensent Harry Nutt noch heute um, gerade die. Dass die Alltagsbeobachtungen Roland Barthes nun erstmals in aller Vollständigkeit auf Deutsch vorliegen, versetzt den Rezensenten in einen regelrechten Rausch. So hat er Barthes noch nicht gelesen, nein, er hat Barthes überhaupt noch nicht gelesen! Welche Vorenthaltung durch den Verlag anno 1964, der da glaubte, es handle sich um zuviele französische Besonderheiten, und den Textkorpus mal eben um zwei Drittel kürzte! Frechheit, denkt sich Nutt nun. Weil, so viele "Kernsätze" der Bartheschen Deutungslust, soviel Anregung und Erkenntnis und Treffsicherheit und Kombinationsvirtuosität (literarisches, anthropologisches, philosophisches Wissen)! Nutt also voller Freude an peotischer Verdichtung und, UND: politischer Zielsetzung dieses Autors bei der Beschreibung des Mythos als einer veritablen Raubkatze.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.12.2010

Freudig begrüßt Andreas Bernard die nun "endlich" erstmals vollständig auf Deutsch vorliegende Ausgabe von Roland Barthes' "Mythen des Alltags", und er findet es erstaunlich, dass man über 50 Jahre darauf warten musste. Von Barthes' Analysen der alltäglichen Mythen vom Gehirn Einsteins bis zum Waschpulver sieht er sich inspiriert, die Mythen von heute aufzuspüren und entdeckt zum Beispiel interessante Parallelen von Barthes' Ausführungen über Kochzeitschriften zu den aktuellen Kochsendungen im Fernsehen. Und trotzdem nimmt der Rezensent auch einen beträchtlichen geschichtlichen Abstand zwischen den Texten und der Gegenwart war. Nicht zur sein Verständnis von Macht oder der Kampfbegriff vom "Kleinbürger" hat für Bernard etwas Anachronistisches. Einen fundamentalen Unterschied sieht er auch in der Entstehung der Mythen des Alltags: Waren es bei Barthes noch Verschleierungsprozesse und die "Umwandlung von Geschichte", die Alltagsmythen erzeugten, wird heute mit der Simulation von Geschichte operiert, konstatiert der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.09.2010

Rezensent Jochen Schimmang begrüßt die zum ersten Mal in einer vollständigen deutschen Fassung vorliegenden "Mythen des Alltags" von Roland Barthes. Dass der Verlag dem Leser 34 der 53 Texte sechsundvierzig Jahre mit einer windigen Begründung vorenthalten hat, scheint ihm ein starkes Stück. Um so glücklicher ist er jetzt mit vorliegender Ausgabe, die mit kundigen Anmerkungen des Übersetzers Horst Brühmann aufwartet. Barthes' hohe Kunst der Dechiffrierung von Phänomenen der Massenkultur hat für ihn nichts von ihrer Faszination verloren. Die vollständige Ausgabe verdeutlicht für ihn insbesondere, was in der gekürzten leicht übersehen werden konnte: dass dieses Dechiffrieren im Dienste der Kritik stand - der Kritik an der kleinbürgerlichen "ideologischen Verwandlung von Geschichte in Natur". Vom theoretischen Text "Der Mythos heute" abgesehen, der nach Ansicht von Schimmang mühsam versucht, die einzelnen Dechiffrierungen in ein gemeinsames Korsett zu stecken, zeugen die Texte von einer "Lust am Text". Zudem wird seines Erachtens ein Bezug zu Flaubert und dessen "Wörterbuch der Allgemeinplätze" sichtbar.
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