Shelly Kupferberg

Isidor

Ein jüdisches Leben
Cover: Isidor
Diogenes Verlag, Zürich 2022
ISBN 9783257072068
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 01.04.2023

Rezensentin Rose-Maria Gropp applaudiert Shelly Kupferberg für ein berührendes Buch über ihre eigene Familiengeschichte: Kupferbergs Urgroßonkel kam aus der tiefsten jüdischen Provinz, änderte seinen Namen von Israel zu Isidor und legte dann einen erstaunlichen und nahezu kometenhaften Aufstieg in der Wiener Haute Volée hin. Beeindruckt erzählt Gropp von der aufopferungsvollen Art, mit der sich der Kommerzienrat um seine Familie kümmerte: So zahlte er zum Beispiel dem Großvater der Autorin, Walter, sein Studium. Dieser hat ihr Isidors Lebensgeschichte erzählt und sie letztendlich motiviert, dieses Buch auch mithilfe von Archivmaterialien zu schreiben. Der Lebemann, einst geschätzt, beliebt und wohlhabend, wird Opfer der Nazis, er muss seinen ganzen Besitz aufgeben, wird gefoltert und stirbt schließlich entkräftet, bevor er die Flucht hätte antreten können, lernt die Kritikerin beinahe atemlos. Besonders erschüttert ist sie über eine Episode, die sich für Walter nach Kriegsende abspielt: Er kommt zum ersten Mal wieder nach Wien, die Nachbarn, die einige Möbelstücke der Familie haben, schlagen ihm, dem "Jud'", die Tür vor der Nase zu. Eine große Geschichte, die den ihr gebührenden Platz in der Holocaust-Literatur finden wird, schließt Gropp.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.03.2023

In ihrem Porträt Shelly Kupferbergs und ihres ersten Romans lässt Rezensentin Verena Mayer die Autorin selbst ausführlich zu Wort kommen, schließlich basiert das Buch auf den Erfahrungen von deren jüdischer Familie und besonders des Großonkels Isidor. Der hatte sich in Wien ein großbürgerliches Leben aufgebaut, in einer Zehn-Zimmer-Wohnung mit "400 Büchern, 26 Ölbildern", wird zitiert, bis ihm die Nazis alles nahmen und letztlich nur ein Besteckkasten übrig blieb, den die Familie Kupferberg alljährlich für Pessach in Gebrauch hat. Motiviert und inspiriert von ihrer eigenen Geschichte und ihren eigenen Erlebnissen als deutsch-israelische Jüdin hat die Autorin eine aufwendige Archivrecherche betrieben, erzählt die davon sichtlich beeindruckte Mayer, die Kupferberg neben der Wut über alles, was die Nazis ihren Opfer materiell wie immateriell geraubt haben, auch zu dem Wunsch führt, es möge eine stärkere "Restitution der alltäglichen Dinge" geben, an denen so viele Familiengeschichten hängen. Da kann sich die von der Autorin und ihrem Buch vollends überzeugte Kritikerin nur anschließen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.12.2022

Isidor Geller hat Erfolg als angesehener Geschäftsmann - bis die Nazis an die Macht kommen und ihn letztlich zu Tode prügeln. Das verrät Rezensent Bernd Noack über das Buch über Isidors Leben, das nun seine Nachfahrin Shelly Kupferberg vorgelegt hat. Der Rezensent liest den Roman zum einen als Frage Kupferbergs, wieso Geller nicht rechtzeitig erkannt hat, was auf ihn zukommt, und zum anderen als eine Geschichte, die für alle sechs Millionen ermordeten Juden steht und dennoch ein besonderes Schicksal in den Blick nimmt. Die Autorin habe viel Recherchearbeit in dieses Buch investiert, die sich gelohnt habe: Ein schillerndes Porträt in einfühlsamer Sprache sei hier entstanden. Noack empfiehlt das Buch, um sich ein Einzelschicksal vor Augen zu führen, das hilft, das große Ganze etwas besser fassen zu können.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 08.10.2022

Shelly Kupferberg erzählt die Geschichte ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller, der 1938 Opfer der Nationalsozialisten geworden ist. Die Rezensentin Julia Voss zeigt sich beeindruckt von der Geschichte des Juristen, der aus dem osteuropäischen Schtetl nach Wien kommt, um sich dort seine Träume eines besseren, größeren Lebens zu erfüllen - und auch von der minutiösen Arbeit und Recherche der Journalistin Kupferberg, die hier ihr schriftstellerisches Debüt vorlegt. Dass die Autorin aus dem Leben des Mannes, der so gerne große Abendrunden veranstaltet hat und von dem nur ein Besteckkasten übriggeblieben ist, ein beeindruckendes Buch geschaffen hat, ist für Voss unbestritten.