Bücherbrief

Liebessurrogate

09.05.2022. Eckhart Nickel flirtet mit dem Biedermeier, Karl Ove Knausgard verhandelt große Fragen zu Verheißung und Apokalypse, Asako Yuzuki führt uns in die skurrile Lebenschule einer japanischen Serienmörderin und Gourmande,  Sudhir Hazareesingh erzählt vom Sklavenbefreier Toussaint Louverture, Ulinka Rublack beschreibt die Geburt der Mode in der Renaissance, und Sven Hanuschek liefert eine große Arno-Schmidt-Biografie. Dies alles und mehr in den besten Büchern des Monats Mai.

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Weitere Anregungen finden Sie in in der Lyrikkolumne "Tagtigall", dem "Fotolot", in den Kolumnen "Wo wir nicht sind" und "Vorworte", in unseren Büchern der Saison, den Notizen zu den jüngsten Literaturbeilagen und in den älteren Bücherbriefen.

Literatur

Eckhart Nickel
Spitzweg
Roman
Piper Verlag. 256 Seiten. 22 Euro

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Nur begeisterte Besprechungen für den neuen Roman von Eckhart Nickel. Nickel, Popliterat der ersten Stunde, erzählt uns von drei kunstinteressierten Schülern, die sich zu dritt an ihrer Kunstlehrerin rächen: Der Ich-Erzähler und sein Freund, ein Dandy und ausgemachter Spitzweg-Kenner, lassen ihre Mitschülerin verschwinden, nachdem diese von besagter Lehrerin beleidigt wurde. Alle Figuren treten als Figuren aus Gemälden auf. Das Verschwinden ist allgegenwärtig, überhaupt ist der Roman eine Geschichte über das "Zeigen und Verbergen", gespickt mit Verweisen auf Baudelaire, Wittgenstein oder Wes Anderson, staunt Paul Jandl in der NZZ, der sich mit Nickel gern auf "kunstgeschichtliche Schnitzeljagd" begibt, die Nerven verfeinern lässt und den ein oder anderen Kalauer verzeiht. Dem hingerissenen Zeit-Kritiker Ijoma Mangold erscheint der Roman gar wie ein "regressiver Flirt mit dem Biedermeier", auch auf der Formebene: Angesichts der langen Satzkaskaden und "kostbaren Konjunktive" eröffnen sich ihm hier die Wonnen des Ästhetizismus: "So viel gespreizter Finger war selten in der deutschen Gegenwartsliteratur". Ein kauziger, kluger und verspielter Roman "im Ton ernster Scherze", ein Roman wie ein Spiegel oder ein Fenster, einer der über Kunst nachdenkt, lobt Jan Drees im Dlf. Welt-Kritiker Marc Reichwein hält Nickel gleich für einen der "größten Stilisten seiner Generation" und scheut auch den Vergleich mit Thomas Mann, Paul Heyse oder Martin Mosebach nicht, für Cornelius Pollmer in der SZ ist das Buch gar wahrhafte "Kunst".

Lucy Fricke
Die Diplomatin
Roman
Claasen Verlag. 256 Seiten. 22 Euro

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Ein ziemlich aktueller Roman: Lucy Fricke erzählt von Diplomatie und ihren Grenzen, am Beispiel der deutschen Botschafterin Friederike, die zunächst in Montevideo, später in Istanbul repräsentiert. Im Hintergrund steht die authentische Geschichte der verhafteten Journalistin Mesale Tolu, die Fricke laut SZ-Kritikerin Verena Mayer zu einem spannenden Stück Literatur über ein politisches Dilemma auf dem diplomatischen Parkett zwischen Repräsentation und Moral verdichtet. FAZ-Rezensentin Jeanette Schäfer bewundert vor allem das erstaunliche Hintergrundwissen der Autorin, aber auch die "prägnanten Dialoge" und die empathische Zeichnung einer Frau, der immer mehr Zweifel an ihrem Beruf kommen. Für die Zeit hat niemand Geringeres als Ex-Außenminister Heiko Maas den Roman besprochen: Er staunt über die Realitätsnähe von Frickes Roman, etwa wenn sie Diplomaten-Alltag, Beziehungen oder den Stand der Gleichstellung im Auswärtigen Dienst beschreibt. Im SWR spricht Anja Brockert mit Fricke über den Roman.

Asako Yuzuki
Butter
Roman
Blumenbar Verlag. 442 Seiten. 23 Euro

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Das ist doch mal ein Roman, der aus dem Rahmen fällt. Und dann basiert die Geschichte, die uns die japanische Autorin Asako Yuzuki hier erzählt, auch noch lose auf einem Fall, der sich 2009 tatsächlich ereignete. Erzählt wird die Geschichte von Manako, die einen Gourmet-Blog betreibt, vor allem für Butter schwärmt, bald als Serienmörderin verdächtigt und verhaftet wird und den Besuchen der Journalistin Rika nur zustimmt, wenn sie einzig übers Essen reden. Für Rika, die Manako für eine Frauenzeitschrift interviewen soll, um alles über deren erotische und kulinarische Verführungskünste in Erfahrung zu bringen, werden die Begegnungen mit Manako zu einer Koch- und Lebensschule. Wunderbar eigensinnig und skurril findet FR-Kritiker Martin Oehlen den Roman, der ihm auch viel von der Selbstermächtigung japanischer Frauen erzählt. In der FAZ liest auch Steffen Gnam den Roman mit großem Vergnügen: Besonders gewitzt findet er, wie Yuzuki Recherchen zu Frauenbildern, Liebessurrogaten und japanischer Esskultur in ihre Erzählung einbindet.

Walerjan Pidmohylnyj
Die Stadt
Roman
Guggolz Verlag. 416 Seiten. 26 Euro

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Erst seit 1991 können die Werke des ukrainischen Autors Walerjan Pidmohylnyj wieder gedruckt werden. Geboren 1901 im Donbas, wurde der Redakteur und Schriftsteller in den Dreißigern unter Stalin gefoltert und 1937 hingerichtet. In den 1920er Jahren schrieb er diesen Roman, den Zeit-Kritiker René Schlott als Hommage auf Kiew liest: Erzählt wird von dem Studenten Stepan, den es aus der Provinz nach Kiew zieht, wo er Theater und Museen besucht und versucht, seinen Platz in der Gesellschaft und in der neuen Sowjetunion zu finden. Auch wenn der Held nicht unbedingt ein Sympath ist, wie Schlott gesteht, hält er den Roman dank Pidmohylnyjs Erzählkunst für ein "Meisterwerk" der Moderne. Auch Dlf-Kritiker Christoph Hacker ist hingerissen von dieser mit allerhand Binnenerzählungen arrangierten Bildungsgeschichte. Komisch und von erstaunlicher Frische scheint ihm der Roman. In der FAZ ist Jörg Plath nach der Lektüre alledings nicht nur vor dem Hintergrund des Krieges eher irritiert: "Seltsam" erscheint ihm trotz aller Ironie die Kriegsmetaphorik, nicht zuletzt wenn Pidmohylnyj von der Eroberung von Frauen schreibt. Das "mehr als ehrenhafte" Nachwort der Übersetzer, das Bezüge zu James Joyces "Porträt des Künstlers als junger Mann" und Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" herstellt, lohnt die Lektüre aber allemal, versichert er. In die Oligarchenkreise der Ost-Ukraine führt uns indes die finnische Autorin Sofi Oksanen mit ihrem neuen Roman "Hundepark" (Bestellen), der von Flucht, Leihmutterschaft und Korruption in der ehemaligen Sowjetunion erzählt. NZZ-Kritiker Aldo Keel lobt den scharfen Blick Oksanens, taz-Kritiker Fokke Joel findet den Roman spannend wie einen "Thriller" und im Dlf Kultur staunt Irene Binal über Souveränität und Raffinesse der Autorin.

Karl Ove Knausgard
Der Morgenstern
Roman
Luchterhand Literaturverlag. 896 Seiten. 28 Euro

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Der neue Knausgard ist natürlich das literarische Ereignis der letzten Wochen. Schon deshalb, weil Knausgard nach seinem autobiografischen Großprojekt mal wieder einen richtigen Roman schreibt - und dabei sogar literarisches Neuland betritt, wie uns Peter Urban-Halle im Dlf Kultur versichert. Fantastisches nämlich: Der Norweger erzählt von einem neuen Stern am Firmament, unter dem sich allerhand Lebenskrisen abspielen. Am Beispiel einer Pastorin, die den Glauben verloren hat, einem Journalisten und Alkoholiker oder einer manisch-depressiven Ehefrau, die einander begegnen, verhandelt Knausgard große Fragen zu Leben und Tod, Verheißung und Apokalypse - nie esoterisch, sondern stets "unprätentiös", staunt Urban-Halle. Er gehört zu den Kritikern, die Knausgard vor dem Vorwurf des "literarischen Manspreadings" in Schutz nehmen. Differenziert und voller Selbstreflexion erscheint ihm der Roman. So entschieden positiv sind nicht alle Kritiker: In der taz lässt sich Julia Lorenz zwar eine ganze Weile von der düster schwelenden Stimmung der dystopischen Geschichte mitreißen, dann fällt ihr aber doch auf: Meist kommen die Frauen schlecht weg bei Knausgard. SZ-Kritikerin Johanna-Charlotte Horst macht noch ganz andere Entdeckungen: In den Bann gezogen von Knausgards "Poetik des Rohen" liest sie auch von Klimakrise, Kriegen und Pandemie. FAZ-Kritiker Matthias Hannemann weiß noch nicht recht, ob es sich bei dem Roman um einen großen Wurf handelt, Zeit-Kritikerin Iris Radisch ist sich da schon sicherer: "Mystery-Plunder" garniert mit Knausgardscher Ausführlichkeit, schimpft sie.


Sachbuch

Karin Harasser
Surazo
Monika und Hans Ertl: Eine deutsche Geschichte in Bolivien
Matthes und Seitz Berlin. 270 Seiten. 26 Euro

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Die Kulturwissenschaftlerin Karin Harrasser war eigentlich nach Bolivien gereist, um über die Einflüsse der jesuitischen Mission zu forschen. Bald stieß sie aber auf Hans Ertl, einen Eremiten auf einer selbst errichteten Rinderfarm und begann zu recherchieren, klärt uns Katharina Teutsch im Dlf Kultur auf: Ertl, einst unter den Nazis gefeierter Bergsteiger und Kameramann von Leni Riefenstahl, mit der er auch eine Affäre hatte, wanderte nach dem Krieg mit seiner Familie nach Bolivien aus. Harassers Studie über das Nachleben der Nazi-Elite in Südamerika handelt vor allem von Hans und Tochter Monika, die zu einer der führenden Figuren in Che Guevaras Nationaler Befreiungsarmee wurde und vermutlich den bolivianischen Geheimdienstchef in Hamburg erschoss, fährt Teutsch fort: In weiteren Rollen treten der bolivianische Diktator Hugo Banzer und Klaus Barbie auf. Mitgerissen von Harasser filmischer Erzählweise findet Teutsch in diesem Buch einen ganzen Schatz "politischer, psychologischer und kultureller Skurrilitäten". Wie Harrasser Heimatgeschichte, bundesdeutsche Nachkriegsgeschichte und bolivianische Geschichte zusammenführt, in teils unglaublichen Querverbindungen, beeindruckt auch den Zeit-Kritiker Alexander Cammann, der das collagenhaft erzählte Buch außerdem für eine "überzeugende literarische Leistung" hält. In der taz ergänzt Lukas Böckmann, dass die Autorin zudem einen wichtigen Blick auf Frauen im politischen Kontext der 68er werfe. Dem FAZ-Rezensenten Wolfgang Krischke liefert das Buch zwar kaum neue Fakten, dafür aber Inspiration zu weiterführenden Fragen zum Zusammenhang der europäischen und lateinamerikanischen Linken, den die Kulturwissenschaftlerin "wie unter einem Brennglas" anhand des Vater-Tochter-Duos untersuche.

Sudhir Hazareesingh
Black Spartacus
Das große Leben des Toussaint Louverture
C.H. Beck Verlag. 551 Seiten. 34,95 Euro

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Als wir zu Beginn des Jahres C.L.R. James' Klassiker über die Revolution von Haiti und ihren Anführer Toussaint Louverture (bestellen) empfohlen haben, ahnten wir noch nicht, dass bald diese große und aktuelle Louverture-Biografie des britisch-mauritischen Historikers Sudhir Hazareesingh erscheint. Aber das Buch scheint sich auch an den fortgeschrittenen Leser zu wenden, wie uns im Dlf Jens Balzer nahelegt: "Unerhört interessant und aufschlussreich" scheint ihm das Werk, in dem Hazareesingh den Werdegang Louvertures, der Ende des 18. Jahrhunderts den ersten erfolgreichen Sklavenaufstand anführte, nachzeichnet - und zwar so detail- wie bildreich. Der Autor scheint sich an ein akademisches Publikum zu wenden, wenn er ausführlich Quellen und Literatur diskutiert, die "widersprüchlichen" Rezeptionen der vergangenen zweihundert Jahre thematisiert oder darauf verzichtet, Grundwissen über die karibische Sklaverei und Kolonialismus zu vermitteln, räumt Balzer ein. Die gelegentliche Mühe der Lektüre lohnt sich aber, versichert er. Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Micha Brumlik in der taz, der das Buch als wichtige Studie über den immer noch zu wenig bekannten Louverture würdigt, aber auch als wertvollen Beitrag zum Thema Dekolonisation. Für den br hat Niels Beintker mit Hazareesingh über Louverture und den Sklavenaufstand gesprochen.

Sven Hanuschek
Arno Schmidt
Biografie
Carl Hanser Verlag. 992 Seiten. 45 Euro

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Knapp tausend Seiten zählt Sven Hanuscheks Arno-Schmidt-Biografie - und die meisten Kritiker sind hingerissen. Ein Buch gleichermaßen für Schmidt-Experten und Einsteiger, jubelt im Dlf Kultur Joachim Scholl, der hier viel Neues über den Schriftsteller erfährt und manches Vorurteil entkräftet sieht. Vor allem spürt er auf jeder Seite, dass der Germanist Hanuschek seit seinen Teenager-Jahren begeisterter Schmidt-Leser und -Kenner ist. In der FR staunt auch Hans-Jürgen Linke, wie umsichtig Hanuschek das umfangreiche Material der Schmidt'schen "Leidensgeschichte" ordnet, so durchdacht ist seine Logik der Themenentfaltung. Dass Hanuschek Widersprüche aushält, Schmidts Soziopathie, Lebensorte und Poetik würdigt und alles verlässlich wissenschaftlich verpackt, quitttiert Linke mit Respekt. Hanuschek ist nicht nur Schmidt-Aficionado, sondern er beherrscht sein philologisches Werkzeug bei der Analyse der Werke, versichert auch Helmut Böttiger im Dlf. Und in der Welt kann Richard Kämmerlings nur ahnen, wieviel Arbeit in dem biografischen Koloss streckt: Allein die Beschäftigung mit der Frage, was Schmidt selbst erlebt und was er sich bloß ausgedacht hat! Das Verhältnis von Welt und Literatur und die Verwandlung des einen ins andere, sind klar Hanuscheks Themen, erklärt er. In der FAZ macht Andreas Platthaus allerdings ein paar Mängel aus: Hanuschek klebt ihm auf seinen tausend Seiten allzu stark an den Texten, ein bisschen mehr über Schmidts Leben hätte der Kritiker schon gern erfahren.

Ulinka Rublack
Die Geburt der Mode
Eine Kulturgeschichte der Renaissance
Klett-Cotta Verlag. 536 Seiten. 48 Euro

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Wer wusste schon, dass blaue Strümpfe im grünlich dominierten Haushalt des 16. Jahrhunderts ein absolutes No-Go waren, zerschlitzte Wämser hingegen der letzte Schrei? Dies alles und mehr erzählt uns die Historikerin Ulinka Rublack in ihrer Kulturgeschichte der Mode in der Renaissance, die im englischen Original bereits 2010 erschienen ist. Zu erfahren ist hier etwa, dass Kleidung erst in der Renaissance durch die neuen Fähigkeiten der Leibschneiderei zum Mittel des individuellen Ausdrucks wurde oder dass Mode erst im 19. Jahrhundert eine starke weibliche Konnotation erfuhr, klärt uns Claudia Mäder in der NZZ auf, die den Band "glänzend" geschrieben und "prächtig illustriert" findet. FAZ-Kritiker Ulrich Pfisterer hebt außerdem die reiche Quellenausbeute hervor, zudem erfährt er viel über Mode als soziale Praxis, als Möglichkeit Vorstellungen vom Selbst zu verwirklichen und kulturelle Identität zu markieren. Wie sich diese Praxis in der Renaissance intensivierte, zeige Rublack im Abgleich von "Paratexten und Parabildern" zwischen Augsburg, Leipzig und Nürnberg. Beispiele wie das Bilderbuch von Matthäus Schwarz, das Pfisterer an heutige Selfies erinnert, oder Trachtenbücher geben dem Rezensenten einen Eindruck von der Spannung zwischen einem neugierigen Blick auf die Kleidung zu jener Zeit und ihrer sozialen und moralischen Einordnung. Schillernd an der Oberfläche und durchdrungen mit tiefen, originellen Gedanken nannte Kathryn Hughes das Buch damals im Guardian: Und wie Rublack alle Fäden in der Hand behält, fand sie atemberaubend.

Michael Sorkin
Zweihundertfünfzig Dinge, die Architekt:innen wissen sollten
Antje Kunstmann Verlag. 176 Seiten. 20 Euro

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Der frühe Corona-Tod des Architekten und Architekturkritikers Michael Sorkin vor zwei Jahren war nicht nur für die Architekturwelt ein harter Schlag. Seine Bauten und Schriften bleiben, darunter dieses Buch, das Laura Weißmüller in der SZ hymnisch besprochen hat: Der New Yorker, der an zahlreichen Architekturfakultäten unterrichtete, liefert ihr hier die Essenz seiner Lehre, mitreißend, leidenschaftlich, mitunter humorvoll und, wie Weißmüller schreibt, in Form eines "Gedichtes" über die "Liebe zu Orten". Wenn ihr Sorkin den Unterschied zwischen Ghetto und Kiez erklärt, über das Mindestmaß an privatem Rückzugsraum informiert oder das "Gefühl von kaltem Marmor unter nackten Füßen" vermittelt, wird die Kritikerin selbst im "Stakkato" zur Architektin. Ohne Fachtermini, dafür umso "plastischer" erläutert ihr Sorkin vom Pyramidenbau über die Wohnungsfrage bei Friedrich Engels bis hin zur ökologischen Verantwortung von Architektur alles, was sie über das Bauen wissen will. Ein "Vermächtnis", freut sich die beeindruckte Rezensentin.