
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Franzosen verrückt nach
Kunst und Design aus Japan. Der
Japonisme, der nach der erzwungenen Öffnung Japans die französische Kunst erfasste, veränderte nicht nur die Ästhetik, wie Nancy Hass in einem schönen Text
erklärt, sondern grundsätzlich den Blick auf Kunst: "Der
neoklassische Perfektionismus, der im 19. Jahrhundert einen bestimmten, an den Akademien wie der École des Beaux-Arts gelehrten Stil aufrechterhalten wollte und von Malern wie
Ingres verkörpert wurde, war passé. Aristokratenporträts und Schlachtengemälde erschienen zu rückwärtsgewandt in einer Zeit, da das Kaiserreich von Napoleon III. der Dritten Republik weichen musste. Die japanischen Holzschnittkünstler, die einfache Techniken nutzten, um das alltägliche Leben einfacher Menschen darzustellen - die
am Meeresrand sitzen oder durch ein Feld streifen - erschienen viel moderner. Und japanisches Design, dessen Keramik- oder Emaille-Arbeiten
fließende Bewegungen einfingen (einen springenden Karpfen, eine Blüte im Wind), brachte neue Freiheit."
Die
Hysterisierung der Debatte schreitet munter voran. Man kann nicht sagen, dass man den Schlagabtausch zwischen Cade Metz von der
New York Times und dem Scienceblogger
Scott Alexander beziehungsweise Scott Siskind auf Anhieb versteht. Aber man hört einige Schlagwörter wie "
Dark Enlightenment", "
Rationalists" (als eine Denkschule im Silicon Valley), "
Neoreactionaries" (eine andere Denkschule mit Nähe zu Silicon-Valley-Größen und wie der Name sagt reaktionär) zum vielleicht ersten Mal. In seinem Artikel
enthüllt Metz den eigentlichen Namen des Bloggers, der jahrelang unter dem Namen Scott Alexander das Blog
Slate Star Codex geführt hatte, das von vielen Silicon-Valley-Figuren gelesen wurde. Schon im Juni wollte Metz den Namen bekanntmachen. Siskind bat um Diskretion, weil er Psychiater ist und nicht wolle, dass seine Patienten in dieser Ausführlichkeit seine Privatansichten zur Kenntnis nehmen können. Dann schaltete er sein Blog ab, kündigte seinen Job und eröffnete es bei Substack, wo man fürs Bloggen bezahlt wird, neu. Und Metz veröffentlichte letzte Woche seinen Artikel, in dem er Siskind eine Nähe zu
Peter Thiel und vielen anderen dubiosen Figuren des Silicon Valley nachsagt. Auch liegt Siskind wohl mit einigen Ansichten nicht ganz auf der Linie des
New-York-Times-Kanons. "2017 veröffentlichte Siskind
einen Essay unter dem Titel '
Gender-Ungleichheit ist meist nicht durch feindselige Abwehr zu erklären'. Der Hauptgrund, warum Computerwissenschaften, Mathematik und andere Gruppen größtenteils männlich sind, liege nicht am Sexismus dieser Branchen, sondern daran, dass sich Frauen nicht für diese Felder interessierten."
Siskind
bestätigt das in einer Antwort im Grunde, verwahrt sich aber gegen den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit: "Ich habe mehrfach über Studien gebloggt, die nahe legen, dass Frauen nicht aufgrund von Diskriminierung in Tech-Berufen unterrepräsentiert sind, sondern weil sie
früh das Interesse verlieren (schon High-Schoool-Computer-Klassen sind zu achtzig Prozent männlich, der gleiche Anteil wie in Tech-Unternehmen)... Ich glaube nach wie vor, dass diese Studien zutreffen, und ich denke, es ist entscheidend,
die Gründe für das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern in der Technik zu verstehen, um es besser anzugehen, als wir es jetzt tun."