Christian Parenti
untersucht den Ursprung des
Privilege Walks, heute ein "
Standardelement des Diversitäts-Trainings, das von gemeinnützigen Institutionen, Kirchen, Universitäten, Firmen und sogar einem Teil des amerikanischen Militärs durchgeführt wird", wie er schreibt. Die Sache funktioniert folgendermaßen: Man bekommt Sätze vorgelesen wie "Sie sind ein weißer Mann" oder "Sie haben sich schon mal wegen einer Bemerkung über ihre sexuelle Orientierung oder ihre Hautfarbe unwohl gefühlt" und muss dann je nach Zustimmung oder Ablehnung
einen Schritt vor oder zurück machen. Aber den Privilege Walk gibt es schon viel länger als woke Diversitäts-Trainings. Die Idee hatte
Erica "
Ricky"
Sherover-Marcuse, Studentin und später dritte Ehefrau von Herbert, schon in den Siebzigern. Sie mixte Sozialismus mit etwas, das sich "
Re-
evaluation Counseling" (etwa: Beratung für eine neue Selbsteinschätzung) nennt und von einer Scientology nahestehenden Psychosekte praktiziert wurde, wie sich Parenti von Rickys Schwester Yeshi erklären lässt. "Den Anweisungen von Yeshi folgend, beschäftigte ich mich mit 'Re-Evaluation Counseling', oder RC, wie es oft genannt wird. Das war so, als hätte ich ein fehlendes Glied in der Evolution gefunden: RC gehört zu den
Ursprüngen des linken Psychobabbles wie das Fossil Lucy zur Paläontologie der menschlichen Evolution. 'Re-evaluation Counseling' wurde von dem
linksgerichteten säkularen Guru Harvey Jackins als direkter Auswuchs von Scientology gegründet und geleitet. Harvey Jackins war in den 1930er Jahren Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen, wurde aber ausgeschlossen. Er war Gewerkschaftsorganisator im pazifischen Nordwesten, bis er in den frühen 1950er Jahren auf die schwarze Liste gesetzt und vor das HUAC geladen wurde. Seltsamerweise war Jackins mit
L.
Ron Hubbard befreundet, und als Hubbard die Dianetik gründete (wie Scientology in ihren Anfangsjahren genannt wurde), war Jackins im Vorstand der Organisation. Im Jahr 1952 brach Jackins mit Hubbard, um seine eigene Version dessen, was Hubbard tat, zu starten. Die Gründungsurkunde von 'Re-evaluation Counseling' gibt die Verbindung zu Scientology sogar zu, indem sie den Zweck der Organisation wie folgt beschreibt: 'sich mit der Kunst und
Wissenschaft der Dianetik zu beschäftigen, sie durchzuführen und zu lehren'. … Im Mittelpunkt von Sekten wie Scientology und 'Re-Evaluation Counseling' steht der
Akt der Beichte und Selbstverleugnung vor einer Gruppe. Genau darum geht es beim 'Privilege Walk'".