9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Kulturmarkt

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.03.2024 - Kulturmarkt

Hannes Hintermeier porträtiert für die FAZ die dtv-Verlegerin Barbara Laugwitz, die eine für die Verlage ziemlich untypische Leistung vorweisen kann: dtv wächst, und zwar recht erheblich! "Dabei ist das Buchgeschäft nicht einfacher geworden. 'Die Zeiten der Millionenseller wie Hirschhausen, Kehlmann, Schätzing oder Enders sind vorbei. Deshalb komponiere ich eine Dramaturgie. Ich setze auf wenige Titel - und auf die Chance, dass diese dann die anderen mitziehen.' Die gute alte Mischkalkulation, die immer ein Quäntchen Fortune benötigt."
Stichwörter: Buchmarkt, Laugwitz, Barbara

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.02.2024 - Kulturmarkt

Die renommierte Buchhandlung Proust in Essen soll seit vier Jahren verkauft werden, allein es findet sich kein Nachfolger. Ein grundsätzliches Problem in Deutschland, wie Max Florian Kühlem in der SZ erfährt. Zwar habe Deutschland mit rund 4.500 Buchhandlungen immer noch ein weltweit vorbildliches Netz, aber auf hundert Verluste pro Jahr kommen nur vierzig Neugründungen, erklärt Thomas Koch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels: Das sei auch ein Problem "für die Vielfalt am Buchmarkt ganz generell. Denn Buchhandlungen wie Proust in Essen präsentieren mit Stolz ein handverlesenes Programm, in dem sich auch die Titel vieler kleiner Verlage wiederfinden. 'Wenn eine Buchhandlung wie Proust keinen Nachfolger findet, bedeutet es erst mal für alle Verlage, dass das Buch weniger sichtbar ist als Kulturgut', sagt Katharina E. Meyer von der Kurt-Wolff-Stiftung, die sich für Vielfalt in der Verlagsszene einsetzt und den kleinen Merlin-Verlag als Familienbetrieb betreibt. 'Der Buchhändler vor Ort ist unser engster Verbündeter. Er versteht sein Fach, hat Begeisterung und trägt sie an die Leute.' Gerade in einer Zeit des Umbruchs, wenn es in der Gesellschaft brodelt, seien kleine Verlage gefragt, die Ideen geben und Diskussionen anregen. 'Sie sind flexibler, probieren etwas aus, neue Stimmen, Genres, die nicht unbedingt marktgängig sind.'"
Stichwörter: Buchhandlungen, Buchmarkt

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.02.2024 - Kulturmarkt

Der Suhrkamp-Verlag bezog stets Stellung gegen Antisemitismus, aber unter Jonathan Landgrebe setzt er "mehr und mehr auf den linken, antijüdischen Zeitgeist und hofft im dortigen Milieu auf finanzielle Erfolge", meint Jacques Schuster in der Welt: "Während das Programm des Jüdischen Verlages immer dünner wird, setzt der Verleger bewusst auf die bekennenden Antisemiten Judith Butler und Annie Ernaux. Er stört sich auch nicht an dem kamerunischen Politikwissenschaftler Achille Mbembe in seinem Programm. Mbembe wirft Israel vor, den 'Platz der Mörder' einzunehmen. Vom Kinderglauben beseelt, wer sich die Augen zuhält, der wird schon nicht gesehen, scheint Suhrkamp darauf zu hoffen, nicht beachtet zu werden. Irrtum! Es ist kaum zu ertragen, dass Siegfried Unselds Haus nach dem 7. Oktober 2023, dem größten antisemitischen Massaker in diesem Jahrhundert, glaubt, keine Stellung beziehen zu müssen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.01.2024 - Kulturmarkt

Der Buchmarkt ist aufgestört, berichtet Julia Encke in der FAS. Angela Merkel und ihre Beraterin Beate Baumann hatten im Spiegel angekündigt, ihre Memoiren veröffentlichen zu wollen, aber ganz "ohne Ghostwriter, ohne Historiker, ohne Journalisten", und auch ohne Agenten, wie es sonst üblich wäre. Nun mussten sich die Verlage selber kümmern, und "die Verlage - darum ging es Frau Baumann und Frau Merkel - meldeten sich auch: kleine, mittlere und Konzernverlage, von denen einige eingeladen wurden, damit man sich kennenlernte und jeder darlegen konnte, wie das jeweilige Verlagshaus das zukünftige Buch positionieren und was es dafür in Bewegung setzen würde. Über diese 'Termine' mit der Bundeskanzlerin a. D. und ihrer politischen Beraterin kursieren seither Darstellungen, die in Hintergrundgesprächen mit Beteiligten bestätigt werden und die man sich gut als Theaterstück vorstellen könnte: 'Bewerbungsgespräch bei der Kanzlerin a. D.'
Stichwörter: Merkel, Angela, Buchmarkt

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.01.2024 - Kulturmarkt

Die Selfpublishing-Branche hat sich in den letzten Jahren deutlich professionalisiert, stellt die Literaturwissenschaftlerin Erika Thomalla in der FAZ fest. Ihre Bücher sind von denen der etablierten Verlage oft kaum noch zu unterscheiden. Diese sollten das Phänomen nicht unterschätzen, warnt sie und erklärt das Erfolgsrezept der Selbstverleger am Beispiel von Nomad Publishing: "Die meisten Gecoachten sind nicht etwa Menschen, die davon träumen, endlich ihr Manuskript zu veröffentlichen - sondern es sind überwiegend solche, die mit Literatur oder Büchern noch nie etwas zu tun hatten, aber Geld mit Amazon verdienen möchten. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen. Nomad Publishing identifiziert mithilfe digitaler Analysewerkzeuge Nischenthemen im Sachbuchbereich, also Themen, bei denen es eine Nachfrage gibt, zu denen es aber noch keine Publikation mit sehr hohen Verkaufszahlen gibt. Diese Themen werden dann als Schreibaufträge an Experten weitergegeben: 'Wenn wir beispielsweise herausfinden, dass es eine Marktnische im Bereich Hundeerziehung gibt, sprechen wir Hundetrainer an und bieten ihnen an, einen Text für uns zu verfassen.'"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.01.2024 - Kulturmarkt

Zwei Insolvenzen senden ungute Zeichen in den Buchmarkt zu Beginn des Jahres. Der Harenberg-Verlag, einst ein stolzes Haus, hat Insolvenz angemeldet. Dem Haus gehört auch der Buchreport, das wichtigste Branchenblatt neben dem vom Börsenverein betriebenen Börsenblatt. Und der Buchreport meldet in eigener Sache: "Eine Gesamtlösung für den Verlag im Rahmen einer übertragenden Sanierung konnte bislang nicht erzielt werden. Der Geschäftsbetrieb in Redaktion und Verlag musste daher zum Jahresende 2023 eingestellt werden. Den Mitarbeitern muss nun gekündigt werden. Rechtsanwalt Conrads sagt: 'Eine Fortführung des Betriebs ist aufgrund der finanziellen Lage nicht möglich.' Der Dienstleistungsvertrag mit dem Spiegel zur Vermarktung der Spiegel-Bestsellerliste kann nicht erfüllt werden. Mit dem gerade erschienenen buchreport-Sonderheft zu den Jahresbestsellern 2023 verabschiedet sich Harenberg damit aus der Veröffentlichung der renommierten Publikation." Auch die legendäre Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg) hat Insolvenz angemeldet. Teile des Hauses werden jetzt von Herder übernommen, meldet das Börsenblatt.

Im Buchreport bleibt Lena Scherer und Thomas Wilking nur mehr übrig, "danke für Ihr Interesse und Ihre Wertschätzung" zu sagen. Gemeldet wird noch, dass die Spiegel-Bestsellerliste künftig von der dritten Branchenzeitschrift Buchmarkt betreut wird, mehr im Buchmarkt selbst.
Stichwörter: Buchmarkt

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.11.2023 - Kulturmarkt

Der Leipziger Verlag Faber & Faber hat Anfang der Woche Insolvenz angemeldet, meldet Andreas Platthaus, der für die FAZ mit dem Verlagsleiter Michael Faber gesprochen hat: Seit der Pandemie seien die Vorbestellungen durch den Buchhandel dramatisch gesunken. "Der Grund für den Rückgang liege darin, dass die Buchhandelsketten kaum noch Titel aus unabhängigen kleinen Verlagen führten. Kleinverlage, von Faber mit Umsatzgrößen von bis zu einer Million angesetzt, machen aber das Gros der Branche in Deutschland aus - und die Buchhandelskonzerne mehr als die Hälfte des Sortimentsumsatzes, allein Thalia hat um die vierzig Prozent. Zwar werde immer mehr übers Netz verkauft, aber die Bücher seines Hauses, so Faber, vor allem illustrierte, müssten Interessenten in die Hand nehmen können. Prominent ausgelegt jedoch werden in Läden fast nur noch Bestseller. Und für solche Platzierungen in den Buchhandelsketten wird oft von den Verlagen bezahlt."
Stichwörter: Faber & Faber, Buchhandel

9punkt - Die Debattenrundschau vom 27.09.2023 - Kulturmarkt

Julia Orlowa betreibt den ukrainischen Verlag "Vivat" seit 2013. Im SZ-Gespräch mit Sonja Zekri erzählt sie, was es heißt, während des Krieges Bücher zu verlegen: "In unserer Situation hat jeder verlegerische Fehler einen höheren Preis als sonst und ich rede gar nicht vom Finanziellen. Die Öffentlichkeit ist so aufgewühlt und sensibilisiert, dass wir selbst auf Winzigkeiten achten müssen." So im Fall von Yeva Skalietska, berichtet Orlowa, "einem zwölfjährigen Mädchen aus Charkiw, das ein Kriegstagebuch geführt hat. Sie ist mit ihrer Großmutter nach Großbritannien geflohen, der Harry-Potter-Verlag Bloomsbury hat die Rechte gekauft. Wir wollten es gern auf Ukrainisch veröffentlichen, aber dann brach eine Welle der Wut über uns herein. Die Autorin hatte zum Beispiel geschrieben: 'Oh, wann endet dieser Krieg, wie schrecklich sind die Raketen, am liebsten würde ich zu Oma nach Sotschi fahren.' Die Leserinnen und Leser sagten, wir bedienen das russische Narrativ. Da habe ich begriffen, wie wichtig die Frage ist, ob uns ein Buch vereint oder gegeneinander aufbringt. Ich darf kein Öl ins Feuer gießen. Ich habe an Bloomsbury geschrieben, dass die Ukraine für dieses Buch nicht bereit ist. Ich glaube, sie haben es in 12 Länder verkauft, aber nicht in die Ukraine."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 01.09.2023 - Kulturmarkt

Die Buchwissenschaftlerin Corinna Norrick-Rühl skizziert im Gespräch mit Jan Wiele von der FAZ, wie Konzernverlage die Literatur verändern: Es entstehen stromlinienförmig designte Literaturprodukte, die über alle Kanäle - auch die sozialen Medien - perfekt ausgespielt werden können. Sally Rooney scheint ihr die perfekte Verkörperung der Tendenz im eher anspruchsvollen Segment. Allerdings werden die Strukturen nun schon wieder durch das Phänomen der Booktoker verändert. "Die Romance- und New-Adult-Autorin Colleen Hoover ist das beste Beispiel: Sie stürmt alle Bestsellerlisten und hat letztes Jahr auf einer Liste mit zehn Plätzen sieben davon gleichzeitig belegt. Zum ersten Mal seit Langem kaufen viele junge Frauen im stationären Buchhandel hierzulande massenhaft gedruckte Bücher - wegen Tiktok -, und vor allem englischsprachige! Von 2021 auf 2022 gab es einen Zuwachs von fast dreißig Prozent im Verkauf englischsprachiger Literatur in Deutschland. Das wiederum ist für deutschsprachige Verlage verheerend, weil es natürlich weniger verkaufte Übersetzungen (von teuer eingekauften Titeln) bedeutet."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 12.08.2023 - Kulturmarkt

Randomhouse ist mit seinem Versuch, den amerikanischen Großverlag Simon & Schuster zu kaufen, an amerikanischen Kartellgerichten gescheitert. Nun wird der Verlag vom Investor KKR (der auch Anteile an Springer hält) übernommen. Für Lothar Müller in der SZ eine neue Qualität: "Für einen Finanzinvestor wie KKR gibt es kein branchenbezogenes Kerngeschäft. Hier ist das Kerngeschäft das Investieren selbst, in welche Branche auch immer. Chef der Mediengruppe bei KKR ist Richard Sarnoff, der jahrzehntelang in der Verlagsbranche gearbeitet und 1998 Bertelsmann beim Kauf von Random House beraten hat. Das programmatische Ziel von KKR, das seine Rhetorik prägt, ist das ökonomische Wachstum der Firmen, in die es investiert." Müller erzählt nebenbei, dass der Autor Joshua Cohen mit dem Versuch, das Imprint Schocken von Randomhouse zu kaufen (unsere Resümees), inzwischen gescheitert ist - Randomhouse will es behalten, obwohl es nicht mehr mit Inhalt gefüllt wird.