9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Urheberrecht

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.09.2023 - Urheberrecht

Der von Künstlern und Intellektuellen lange herbeigesehnte "Tod des Autors" könnte durch die Entwicklung Künstlicher Intelligenz nun tatsächlich eintreten, und dann ist es auch wieder nicht recht, wie die Anwältin Anja Brauneck in der SZ schreibt: "Bisher gab es gewisse Kriterien, die anzuwenden waren, um Urheberrechte und deren Inhaber festzustellen. Ausgangspunkt war zum Beispiel, dass künstlerische Werke Ausdruck eines 'künstlerischen/kreativen Gestaltungsprozesses' sind und eine erkennbare 'künstlerische Höhe' haben. Vor allem aber hatte jedes Werk einen Schöpfer. Nun könnte es sein, dass solche Kriterien in der zeitgenössischen Kunst obsolet werden."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.09.2023 - Urheberrecht

Martin Vogel hatte dagegen geklagt, dass die Herausgeber von Sammelwerken, die von der VG Wort an den Erlösen aus Kopierabgaben und Bibliothekstantiemen beteiligt werden, pauschal in die Geldverteilung an die Urheber einbezogen werden, erinnert Wolfgang Janisch in der SZ. Ende Juli gab ihm das Oberlandesgericht München im Wesentlichen recht, fährt Janisch fort und zitiert aus der schriftlichen Begründung "des von der VG Wort zunächst nicht kommunizierten Urteils vor (Az: 29 U 7919/21). Danach hat die VG Wort von 2016 bis 2019 mehr als 20 Millionen Euro an Herausgeber von Sammelwerken ausgeschüttet, obwohl es dafür keine wirksame Rechtsgrundlage gab. Oder, anders ausgedrückt: Die Ansprüche der übrigen Urheber fielen entsprechend geringer aus, weil der große Kuchen auch an eine Gruppe verteilt wurde, die davon nicht hätte essen dürfen. Der Grund für die Rechtswidrigkeit liegt darin, dass die VG Wort es sich schlicht zu einfach gemacht hat. Richtig ist zwar, dass auch Herausgeber urheberrechtliche Ansprüche haben können, und zwar dann, wenn sie selbst eine 'persönliche geistige Schöpfung' erbringen, wie das OLG schreibt. Wenn also die Sichtung und Auswahl der Texte, ihre Anordnung und Zusammenstellung bestimmten Kriterien folgt und erkennen lässt, dass sich da jemand einen Kopf gemacht hat. Die Anforderungen an die 'schöpferische Eigenheit der Auswahl und der Anordnung' dürfen laut OLG nicht zu hoch angesetzt werden. Aber sie müssen jedenfalls oberhalb von Null liegen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.07.2023 - Urheberrecht

9.000 Autoren haben einen offenen Brief des amerikanischen Autorenverbands "Author's Guild" an die CEOs großer Tech-Konzerne von Microsoft bis Facebook unterzeichnet. Zu den Erstunterzeichnern gehören Margaret Atwood und Jonathan Franzen. Ihre Bücher werden zur Erstellung von KI-Texten verwendet. Sie wollen gefragt und erwähnt werden und Geld sehen. "Der Brief ist von hoher Emotionalität, und seine Implikationen sind drastisch", schreibt Jan Wiele in der FAZ: "Die KI, wie sie von den genannten Unternehmen entwickelt wird, verdanke ihre Existenz 'unseren Schriften', heißt es darin. Diese seien Nahrung für eine Maschine, die unaufhörlich esse, ohne dafür zu bezahlen."

In dem Brief wird auch die soziale Lage der Autoren angesprochen. "Durch die Einbettung unserer Texte in ihre Systeme droht die generative KI unserem Beruf zu schaden, indem sie den Markt mit mittelmäßigen, maschinell geschriebenen Büchern, Geschichten und Journalismus überschwemmt, die auf unserer Arbeit basieren. In den letzten zehn Jahren haben Autoren einen vierzigprozentigen Einkommensrückgang hinnehmen müssen, und das aktuelle Medianeinkommen für Vollzeitschriftsteller lag im Jahr 2022 bei nur 23.000 Dollar. Die Einführung von KI droht die Waage zu kippen, so dass es für Autoren - insbesondere für junge Autoren und Stimmen aus unterrepräsentierten Gemeinschaften - noch schwieriger, wenn nicht gar unmöglich wird, ihren Lebensunterhalt mit ihrem Beruf zu verdienen."
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9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.07.2023 - Urheberrecht

Hatte Google persönliche Daten bisher "nur" für Werbekunden analysiert, werden nun auch die KI-Anwendungen des Konzerns mit den Datenschätzen "gefüttert", schreibt Andrian Kreye in der SZ. Aber: "Niemand hat zugestimmt, dass Werke, Daten und Bilder in die immensen Datensätze eingehen, mit denen künstliche Intelligenzen trainiert werden. So wird aus der Floskel, dass Daten das neue Öl sind, die Erkenntnis, dass mit KI Daten das neue Plündergut werden. (…) Eine neue Sammelklage, die am Dienstag im Namen von acht anonymen Klägern gegen Google in San Francisco eingereicht wurde, geht noch weiter. 'Vor Kurzem wurde bekannt, dass Google heimlich alles gestohlen hat, was jemals von Hunderten Millionen Amerikanern im Internet erstellt und geteilt wurde', heißt es in der Klageschrift der Kanzlei Clarkson. 'Google hat sich alle unsere persönlichen und beruflichen Informationen, unsere kreativen und urheberrechtlich geschützten Werke, unsere Fotos und sogar unsere E-Mails - praktisch die Gesamtheit unseres digitalen Fußabdrucks angeeignet - und nutzt sie zum Aufbau kommerzieller künstlicher Intelligenz."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 02.06.2023 - Urheberrecht

Das Verfahren des Kraftwerk-Gründers Ralf Hütter gegen den Rapper Moses Pelham, das seit 1998 läuft, ist immer noch nicht zu Ende. Hütter hatte geklagt, weil Pelham einen zweisekündigen Einfall von ihm in einem Song für Sabrina Setlur wiederverwendet hatte. Wolfgang Janisch resümiert für die SZ die unendliche Geschichte, die durch EU-Recht einen neuen Dreh bekommt: "Seit Juni 2021 gilt nun eine neue Vorschrift. Nach Paragraf 51a Urhebergesetz darf man ein Kunstwerk 'zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches' nutzen. Pastiche, das ist ursprünglich eine stilistische Nachahmung - Schreiben wie Thomas Mann, Malen wie Picasso. Gemeint ist aber wohl auch die Übernahme fremder Werkteile. Jedenfalls ist das Pastiche völliges Neuland für die BGH-Juristen, sie werden dies nun in Phase drei des Verfahrens klären. Das Urteil folgt am 14. September, man hat ja Zeit."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.05.2023 - Urheberrecht

In der SZ sieht Andrian Kreye den Untergang von Medien und Kultur durch Künstliche Intelligenz voraus und fordert deshalb mit der VG Wort und der Gema eine Revidierung des Urheberrechts, das unvorsichtigerweise eine "Lizenz zum Ernten" erteile. "'Auch erfolgreiche Songschreiber für Pop und Rock oder Komponistinnen für den Klassikbereich verdienen oft einen Großteil ihres Geldes mit Kompositionen für Film und Fernsehen'", zitiert er Gema-Justitiar Tobias Holzmüller. "'Und natürlich wird die erste Bruchstelle bei Hintergrundmusik sein, bei eher funktionalen Musikelementen für Industriefilme, bei Computerspielen. Aber der nächste Schritt wird dann vielleicht schon die Filmmusik sein.' Dazu kommt, dass Melodien und Akkordfolgen in den Datenmassen aufgehen, mit denen KIs trainiert werden, und dann irgendwo wieder auftauchen. Das lässt sich nicht beweisen, auch wenn die Indizien eindeutig sind."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.05.2023 - Urheberrecht

"Es ist dringend nötig, dass Kulturschaffende eine Haltung zur künstlichen Intelligenz entwickeln", meint in der SZ Michael Moorstedt, der in der New York Times gelesen hat, dass Netflix etwa Synchronsprechern bereits Verträge vorgelegt hat, die dem Streamingdienst die Verwertungsrechte an deren Stimmmustern sichern: "Wie es auch gehen kann, macht die kanadische Sängerin Grimes vor. Die kündigte an, jeden, der ihre Stimme für eigene Produktionen benutzen wolle, mit der Hälfte der potenziellen Einnahmen zu beteiligen. Sogar eine eigene Software namens elf.tech hat sie entwickeln lassen, um die Kollaborationen mit der Maschine möglichst reibungslos zu gestalten. Ist das eher eine vorauseilende Kapitulation oder ein cleveres Verwertungsmuster, das sich an die veränderten Umweltbedingungen angepasst hat?"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.05.2023 - Urheberrecht

Die Urheberrechte an Micky Maus laufen aus. Aber der Disney-Konzern war durchtrieben genug, Micky Maus auch als Marke zu konzipieren. Das könnte Rechtsstreitigkeiten geben, die Anwälten Millionen einbringen, meint Philipp Bovermann in der SZ. "Preisfrage: Ist Micky Maus - diese 'universelle Figur', deren aus drei Kreisen bestehende Kopfsilhouette auf der ganzen Welt erkannt wird, wie eine kürzlich erschienene Disney-Doku sicher nicht zufällig betonte - eine Kunstfigur? Oder eine Art wandelndes Logo? Von dieser Frage wird viel abhängen, denn anders als die Urheberrechte gelten Markenrechte unbefristet. Die Fronten in diesem Konflikt sind diffus."
Stichwörter: Disney, Micky Maus, Urheberrecht

9punkt - Die Debattenrundschau vom 01.03.2023 - Urheberrecht

Erinnert sich noch jemand an die Jahre als die Zeitungen für ein fast uferloses Urheber- bzw. Verwertungsrecht trommelten, als sei es das Fundament der westlichen Zivilisation (mehr dazu hier)? Bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Autors gilt es. Das hat tatsächlich auch Nachteile, zum Beispiel für die Wissenschaft, erklärt die Literaturwissenschaftlerin Hendrikje Schauer jetzt in der FAZ, zum Beispiel wenn Erben das Bild des Autors nicht gefähren wollen und Briefe nicht freigeben. "Wer Unveröffentlichtes von Martin Heidegger drucken will - ob eine ganze Edition oder einen prägnanten Satz -, braucht das Einverständnis der Rechteinhaber. Und so beginnt spätestens nach Fertigstellung historischer Arbeiten ein Ritual, das ob seiner Peinlichkeit oft verschwiegen wird: eine mühselige Überzeugungsarbeit, nicht selten ein Scharwenzeln, Katzbuckeln und Lieb-Kind-Machen. Professorinnen, Lektoren, Betreuerinnen und Unterstützer telefonieren mit Erben. Dinner-Einladungen werden ausgesprochen, viel Kaffee wird getrunken: alles im Dienst einer Publikationsgenehmigung. In ihrer Entscheidung sind die Rechteinhaber, wenn nicht bereits Festlegungen getroffen sind, frei. Kritischen Darstellungen und Debatten können sie ohne Benennung von Gründen die Beleglage entziehen." Schauer fordert eine Reform des Paragraph 51 des Urheberrechtsgesetzes, damit künftig auch aus unpublizierten Werken zitiert werden darf.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 02.01.2023 - Urheberrecht

Am 1. Januar ist Tag der Gemeinfreiheit. Die Wikipedia veröffentlicht eine Liste mit Urhebern, die im Jahr 1952 gestorben sind und deren Urheberrechte jetzt frei sind. Aber siebzig Jahre sind so lang, dass sie oft für einen zweiten Tod sorgen: Die meisten Namen sind vergessen. Zu den nicht vergessenen zählen: Knut Hamsun, John Dewey, George Santayana, Benedetto Croce, Alexandra Michailowna Kollontai, Charles Maurras, Paul Eluard.
Stichwörter: Wikipedia, Urheberrecht