9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Urheberrecht

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 29.02.2024 - Urheberrecht

Während die Aktienkurse aller mit KI befassten Konzerne in schwindelnde Höhen steigen, wird der Rest der geistigen Welt zu einer freudlos durchorganisierten Verwertungsgesellschaft. Jan Wiele greift in der Leitglosse der FAZ ein Papier (hier als pdf-Dokument) der deutschen, österreichischen und schweizerischen Literaturübersetzer-Verbände auf, das im wesentlich auf das altbekannte "Ich will was ab" hinausläuft: "Dass maschinelles Übersetzen schon Realität ist und bestimmt noch viel stärker werden wird, wissen auch die Unterzeichner. Sie möchten sich aber, statt das offenbar Unvermeidliche noch zu umarmen, wo es geht, dagegen stemmen. Wenn schon KI mit urheberrechtlich geschützten Werken 'trainiert' werde, dann 'nicht gegen unseren Willen' und 'nicht ohne angemessene Bezahlung'. Ob das noch realistisch ist, sei dahingestellt: Der ohnehin seit Langem gebeutelte Berufsstand der Übersetzer zeigt hier eine 'Nothing to lose'-Mentalität. Er fordert ferner Kennzeichnungspflicht für reine KI-Inhalte, Förderung menschlicher Werke und warnt: 'Der ökologische Fußabdruck von KI-Software darf nicht ignoriert werden.'"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.02.2024 - Urheberrecht

Rechteverwerter und Kulturindustrien wollen von den AI-Firmen, die sich aus dem Fundus der Kultur bedienen, Tantiemen. Die Klage der New York Times zeigte, dass AI tatsächlich wörtliche Passagen übernimmt. Aber das ist nicht das Wesentliche, schreiben die beiden Juristen Jannis Lennartz und Viktoria Kraetzig ausgerechnet in der FAZ. Die Urheberrechtsklagen gegen AI seien "der Versuch, die Logik des Kopierens auf das neue Spiel mit Ähnlichkeiten zu übertragen". Aber die AI lege "eine Abkehr von der Selbstverständlichkeit des geistigen Eigentums" nahe, "von der Vorstellung, dass alle Kultur in eigentumsanalog gedachten Rechten einzupanzern ist. Weil viel von dem, was mit Bild- und Tongeneratoren hergestellt wird, nicht urheberrechtlich schutzfähig ist und damit von anderen beliebig weiterverwendet werden kann, vergrößert KI die digitale Allmende. Gemeinfreie zeitgenössische Kunst - das hat es seit der Goethe-Zeit nicht mehr gegeben."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.01.2024 - Urheberrecht

In der FAZ beschreibt Andrian Kreye, welche Auswirkungen KI schon jetzt auf die Filmbranche hat. Bildern und Szenarien werden immer häufiger automatisch generiert, beruhen aber oft auf älteren Filmen und verletzen damit eigentlich Urheberrechte, erklärt ihm der Konzeptkünstler und Illustrator Reid Southen, der u.a. die Matrix-Welt geschaffen hat. "'Für mich als Künstler ist das äußerst besorgniserregend. Seit etwa 18 Monaten gibt es immer weniger Arbeit, und viele Kollegen und Freunde haben mir das bestätigt. Viele Künstler, mit denen ich gesprochen habe, wurden entweder ermutigt, KI zu verwenden, haben KI-Bilder zur Verfügung gestellt bekommen, oder werden gebeten, ihre Preise zu senken.' Southen kennt aber auch Fälle, bei denen Leute während eines Projekts entlassen wurden, weil die Firma auf KI umstellte, und einigen wurde von ihren Stammkunden gesagt, dass sie jetzt KI verwenden und ihre Dienste nicht mehr benötigen. 'Unsere Arbeit ist in diesen Datensätzen enthalten, und es ist äußerst frustrierend, dass unsere Arbeit für diese Modelle geplündert und dann als billigere Dienstleistung weiterverkauft wird. Für weniger etablierte Künstler, Kunststudenten oder Menschen, die versuchen, in der Branche Fuß zu fassen und das zu tun, was sie lieben, ist das noch schwieriger.'"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.01.2024 - Urheberrecht

Detlef Diederichsen blickt in der taz mit Sorge darauf, dass die Broadcasting Music Inc. (BMI) - quasi das Pendant zur deutschen Gema - vom Hedgefonds New Mountain geschluckt wurde und künftig nicht nur Geld eintreiben und ausschütten, sondern selbst profitabel werden soll - zu Lasten der Musiker, die jetzt schon höhere Bearbeitungsgebühren von ihren Tantiemen abdrücken müssen. "New Mountain stemmt den Deal allerdings nicht alleine, sondern im Verbund mit anderen Investoren. Darunter befindet sich auch CapitalG, eine Venture-Capital-Tochterfirma der Google-Mutter Alphabet. 'Nach zwanzig Jahren des Kampfes gegen den größten Copyrightverletzer der Geschichte hat BMI ihn jetzt zum Familienmitglied gemacht', kommentierte der Blogger Chris Castle im 'MTP - Music Technology Policy Blog'. Und in Bezug auf ein Pressefoto, das die BMI- und die New-Mountain-Geschäftsführung in fröhlicher Verbundenheit zeigt, fügt er hinzu: 'All diese lächelnden Menschen haben einen Grund für ihr Lächeln. Es geht ihnen nicht um Songs, Songwriter*innen oder Künstler*innenbeziehungen. Es geht ihnen um Data, Tech und all die haarsträubenden Vorstellungen, wie das Musikgeschäft in ihrem Utopia funktionieren sollte.'"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 30.11.2023 - Urheberrecht

In der SZ begrüßt Andrian Kreye, dass auf der 11. Internationalen Urheberrechtskonferenz der Vorschlag gemacht wurde, die Erzeugnisse von KI als Reproduktion und Variation einzustufen - damit wären die Erzeugnisse urheberrechtspflichtig. "Das wäre im Kontext der KI genau richtig. (...) Denn Gesetze wie das Urheberrecht sind nicht für Verbote da, sondern zum Schutz."
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9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.09.2023 - Urheberrecht

Der von Künstlern und Intellektuellen lange herbeigesehnte "Tod des Autors" könnte durch die Entwicklung Künstlicher Intelligenz nun tatsächlich eintreten, und dann ist es auch wieder nicht recht, wie die Anwältin Anja Brauneck in der SZ schreibt: "Bisher gab es gewisse Kriterien, die anzuwenden waren, um Urheberrechte und deren Inhaber festzustellen. Ausgangspunkt war zum Beispiel, dass künstlerische Werke Ausdruck eines 'künstlerischen/kreativen Gestaltungsprozesses' sind und eine erkennbare 'künstlerische Höhe' haben. Vor allem aber hatte jedes Werk einen Schöpfer. Nun könnte es sein, dass solche Kriterien in der zeitgenössischen Kunst obsolet werden."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.09.2023 - Urheberrecht

Martin Vogel hatte dagegen geklagt, dass die Herausgeber von Sammelwerken, die von der VG Wort an den Erlösen aus Kopierabgaben und Bibliothekstantiemen beteiligt werden, pauschal in die Geldverteilung an die Urheber einbezogen werden, erinnert Wolfgang Janisch in der SZ. Ende Juli gab ihm das Oberlandesgericht München im Wesentlichen recht, fährt Janisch fort und zitiert aus der schriftlichen Begründung "des von der VG Wort zunächst nicht kommunizierten Urteils vor (Az: 29 U 7919/21). Danach hat die VG Wort von 2016 bis 2019 mehr als 20 Millionen Euro an Herausgeber von Sammelwerken ausgeschüttet, obwohl es dafür keine wirksame Rechtsgrundlage gab. Oder, anders ausgedrückt: Die Ansprüche der übrigen Urheber fielen entsprechend geringer aus, weil der große Kuchen auch an eine Gruppe verteilt wurde, die davon nicht hätte essen dürfen. Der Grund für die Rechtswidrigkeit liegt darin, dass die VG Wort es sich schlicht zu einfach gemacht hat. Richtig ist zwar, dass auch Herausgeber urheberrechtliche Ansprüche haben können, und zwar dann, wenn sie selbst eine 'persönliche geistige Schöpfung' erbringen, wie das OLG schreibt. Wenn also die Sichtung und Auswahl der Texte, ihre Anordnung und Zusammenstellung bestimmten Kriterien folgt und erkennen lässt, dass sich da jemand einen Kopf gemacht hat. Die Anforderungen an die 'schöpferische Eigenheit der Auswahl und der Anordnung' dürfen laut OLG nicht zu hoch angesetzt werden. Aber sie müssen jedenfalls oberhalb von Null liegen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.07.2023 - Urheberrecht

9.000 Autoren haben einen offenen Brief des amerikanischen Autorenverbands "Author's Guild" an die CEOs großer Tech-Konzerne von Microsoft bis Facebook unterzeichnet. Zu den Erstunterzeichnern gehören Margaret Atwood und Jonathan Franzen. Ihre Bücher werden zur Erstellung von KI-Texten verwendet. Sie wollen gefragt und erwähnt werden und Geld sehen. "Der Brief ist von hoher Emotionalität, und seine Implikationen sind drastisch", schreibt Jan Wiele in der FAZ: "Die KI, wie sie von den genannten Unternehmen entwickelt wird, verdanke ihre Existenz 'unseren Schriften', heißt es darin. Diese seien Nahrung für eine Maschine, die unaufhörlich esse, ohne dafür zu bezahlen."

In dem Brief wird auch die soziale Lage der Autoren angesprochen. "Durch die Einbettung unserer Texte in ihre Systeme droht die generative KI unserem Beruf zu schaden, indem sie den Markt mit mittelmäßigen, maschinell geschriebenen Büchern, Geschichten und Journalismus überschwemmt, die auf unserer Arbeit basieren. In den letzten zehn Jahren haben Autoren einen vierzigprozentigen Einkommensrückgang hinnehmen müssen, und das aktuelle Medianeinkommen für Vollzeitschriftsteller lag im Jahr 2022 bei nur 23.000 Dollar. Die Einführung von KI droht die Waage zu kippen, so dass es für Autoren - insbesondere für junge Autoren und Stimmen aus unterrepräsentierten Gemeinschaften - noch schwieriger, wenn nicht gar unmöglich wird, ihren Lebensunterhalt mit ihrem Beruf zu verdienen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.07.2023 - Urheberrecht

Hatte Google persönliche Daten bisher "nur" für Werbekunden analysiert, werden nun auch die KI-Anwendungen des Konzerns mit den Datenschätzen "gefüttert", schreibt Andrian Kreye in der SZ. Aber: "Niemand hat zugestimmt, dass Werke, Daten und Bilder in die immensen Datensätze eingehen, mit denen künstliche Intelligenzen trainiert werden. So wird aus der Floskel, dass Daten das neue Öl sind, die Erkenntnis, dass mit KI Daten das neue Plündergut werden. (…) Eine neue Sammelklage, die am Dienstag im Namen von acht anonymen Klägern gegen Google in San Francisco eingereicht wurde, geht noch weiter. 'Vor Kurzem wurde bekannt, dass Google heimlich alles gestohlen hat, was jemals von Hunderten Millionen Amerikanern im Internet erstellt und geteilt wurde', heißt es in der Klageschrift der Kanzlei Clarkson. 'Google hat sich alle unsere persönlichen und beruflichen Informationen, unsere kreativen und urheberrechtlich geschützten Werke, unsere Fotos und sogar unsere E-Mails - praktisch die Gesamtheit unseres digitalen Fußabdrucks angeeignet - und nutzt sie zum Aufbau kommerzieller künstlicher Intelligenz."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 02.06.2023 - Urheberrecht

Das Verfahren des Kraftwerk-Gründers Ralf Hütter gegen den Rapper Moses Pelham, das seit 1998 läuft, ist immer noch nicht zu Ende. Hütter hatte geklagt, weil Pelham einen zweisekündigen Einfall von ihm in einem Song für Sabrina Setlur wiederverwendet hatte. Wolfgang Janisch resümiert für die SZ die unendliche Geschichte, die durch EU-Recht einen neuen Dreh bekommt: "Seit Juni 2021 gilt nun eine neue Vorschrift. Nach Paragraf 51a Urhebergesetz darf man ein Kunstwerk 'zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches' nutzen. Pastiche, das ist ursprünglich eine stilistische Nachahmung - Schreiben wie Thomas Mann, Malen wie Picasso. Gemeint ist aber wohl auch die Übernahme fremder Werkteile. Jedenfalls ist das Pastiche völliges Neuland für die BGH-Juristen, sie werden dies nun in Phase drei des Verfahrens klären. Das Urteil folgt am 14. September, man hat ja Zeit."