Benedicte Savoy

Afrikas Kampf um seine Kunst

Geschichte einer postkolonialen Niederlage
Cover: Afrikas Kampf um seine Kunst
C.H. Beck Verlag, München 2021
ISBN 9783406766961
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Schon vor 50 Jahren kämpfte Afrika um seine Kunst, die während der Kolonialzeit massenweise in europäische Museen gelangt war. Und es fand durchaus Unterstützung im Westen. Am Ende jedoch war der Kampf nicht nur vergebens, er wurde auch erfolgreich vergessen gemacht. Auf der Grundlage von unzähligen unbekannten Quellen aus Europa und Afrika erzählt Bénédicte Savoy die gespenstische Geschichte einer verpassten Chance, einer Niederlage, die heute mit umso größerer Wucht auf uns zurückschlägt.
Afrikas Bemühungen um seine in der Kolonialzeit nach Europa verbrachte Kunst sind keineswegs neu. Schon bald nach 1960, als 18 ehemalige Kolonien die Unabhängigkeit erlangten, wurde von afrikanischen Intellektuellen, Politikern und Museumsleuten eine ungeheure Dynamik in Gang gesetzt. In ganz Europa suchten daraufhin Politikerinnen und Politiker, Journalisten, Akademiker und einige Musemsleute einen Weg, afrikanische Kulturgüter im Sinne einer postkolonialen und postrassistischen Solidarität zurückzugeben. Die Argumente aber, mit denen andere versuchten, die Forderungen aus Afrika zu entkräften und Lösungen zu verhindern, ähneln auf frappierende Weise denen von heute. Schließlich verlief alles im Sand.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.04.2021

Rezensent Philipp Meier liest Benedicte Savoys Studie über die Rückgabe-Debatte zur afrikanischen Kunst in europäischen Museen als Geschichte verpasster beziehungsweise verpatzter Chancen. Wie lange der Streit mit afrikanischen Ländern wie Nigeria schon schwelt, erfährt Meier von Savoy und auch wie renitent sich Politiker und Museumsleute gegenüber Rückgabeansprüchen zeigten und zeigen. Dass afrikanische Kunst zumeist in den Depots europäischer Museen verstaubt und es mitnichten um einen kulturnationalistischen Kampf geht, sondern lediglich um die Aufhebung eines "absurden Missstands", vermittelt die Autorin dem Rezensenten.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.04.2021

Rezensent René Aguigah erfährt bei Bénédicte Savoy, dass die Debatte um die Rückgabe geraubter Kunst schon vor fünfzig Jahren geführt wurde, ohne dass sich die Argumente groß geändert hätten. Allerdings waren die Manöver, mit denen europäische Regierungen, Institutionen und Museen die afrikanischen Staaten hinhielten, damals etwas brutaler. Savoy hat Unmengen von historischem Material und Erzählungen ausgewertet, versichert der Rezensent, den jedoch besonders beeindruckt, wie die französische Kunsthistorikerin das Kapitel "Emotionsverschiebung" beleuchtet: "Die Debatte zu ent-emotionalisieren" heißt immer auch den anderen die irrationalen Affekte zuzuschanzen, lernt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.03.2021

Rezensent Till Briegleb empfiehlt Benedicte Savoys Recherchen zur Geschichte der (Nicht-)Restitution afrikanischer Kunst, um die Emotionalität aktueller Debatten zu begreifen. Laut Briegleb werden heute "alte Wunden" aufgerissen, wenn die jahrzehntelange Arroganz und Verweigerungshaltung deutscher und europäischer Museums- und Kulturleiter auf den Tisch kommen. Savoys detaillierter Bericht für die Zeit von 1965-1985 zeigt einen konzertierten, perfiden "Abwehrkampf" der verantwortlichen Institutionen und Direktoren, wie Hans-Georg Wormit oder Friedrich Kußmal, erkennt der Rezensent. Die von Savoy eruierten immer wieder vorgebrachten Argumente gegen eine Rückführung der Raubkunst lassen Briegleb erschauern ob ihres Rassismus' und ihrer Tolldreistigkeit.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.03.2021

Rezensent Alexander Cammann gestaltet seine Kritik als Homestory in Corona-Zeiten, also als Protokoll eines Spaziergangs mit Benedicte Savoy, in den er eine Menge Atmosphärisches und wertvollen Gossip einstreut. Aha, sie war bis zu dessen Tod mit dem Maler Johannes Grützke verheiratet, er war 35 Jahre älter, und sie hat mit ihm zwei Töchter. Sie lebt in Berlin, lehrt am Collège de France. Sie ist mit Chiara Mastroianni zur Schule gegangen. Eine glamouröse Person. Aber sie bleibt auch bei der Sache in punkto Raubkunst. Ihr neues Buch wurde international gefürchtet, berichtet der Rezensent. Sie fordert nach wie vor die Rückgabe von allem. In dem Buch stelle sie überdies fest, dass sie nicht als erste so argumentiert, sie stehe durchaus in einer Tradition. Als Postkoloniale will sie aber nicht gelten, so der weitgehend einverstandene Rezensent, und sie hat durchaus auch Verständnis für die Position der Museen, in deren Genen es nun mal liege, Sammlungen zu bewahren. Hätten die Europäer sich nicht gesträubt, dann hätte die Rückgabe der Kunst auch zur Befriedung der ehemals kolonisierten Länder beigetragen, ist Savoy überzeugt. Und wendet sich gegen das "Rettungsnarrativ". Die Bamiyan-Buddhas würden lebhaft beipflichten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.03.2021

Rezensent Andreas Kilb lernt bei Benedicte Savoy, wie eine Reihe von Museumsleuten wie etwa Stephan Waetzoldt und Hermann Auer in den 1970er bis 90er Jahren die Rückgabe von Kunst- und Kulturgütern an afrikanische Staaten verhinderten. Das Buch der Kulturhistorikerin trifft mitten in den Expertenstreit um koloniale Raubkunst, ohne polemisch zu sein, konstatiert Kilb, der sich durch Savoys Sichtung von Archivmaterial sehr genau über die Versuche afrikanischer Staaten informiert sieht, ihr Kulturerbe zurückzuerlangen. Schockierend findet er nicht so sehr das Recht, das den Diebstahl bis heute schützt, als die Haltung der Verantwortlichen, die sich für die besten Hüter der Kunstschätze hielten bzw. halten. Die Konzentration der Studie auf Westdeutschland schmälert für Kilb nicht den Erkenntniswert des Buches. Nur die politischen Hintergründe des Scheiterns der Restitution kommen bei Savoy zu kurz, meint er.
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