David Rousset

Das KZ-Universum

Cover: Das KZ-Universum
Jüdischer Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783633543021
Gebunden, 141 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Olga Radetzkaja und Volker Weichsel. Todesmarsch durch mehrere KZs gerade von den alliierten Truppen befreit, eine der ersten Darstellungen des Systems der deutschen Konzentrationslager in ihrem Aufbau, ihrer inneren wie äußeren Hierarchie wie ihren Funktionsweisen. Und er schrieb darüber, welche Konsequenzen dieses Universum für die Nachgeborenen hat. "Normale Menschen wissen nicht, dass alles möglich ist. Selbst wenn die Berichte der Zeugen ihren Verstand zwingen, es anzuerkennen, ihre Knochen glauben es nicht. Die KZler wissen es. Unter den KZlern wohnte der Tod in jeder Stunde ihres Daseins. Er hat ihnen all seine Gesichter gezeigt. Sie haben erfahren, wie er einen Menschen auf jede erdenkliche Weise entkleiden kann. Sie haben die obsessive Präsenz einer allgegenwärtigen Ungewissheit erlebt, die Erniedrigung durch Schläge, die Schwäche des Körpers unter der Peitsche, die Verheerungen des Hungers. Sie haben über Jahre in den phantastischen Kulissen einer Welt gelebt, in der alle Würde vernichtet war. Sie sind von den anderen Menschen durch eine Erfahrung getrennt, die nicht weitergegeben werden kann." Und Rosset schließt, dass der Zerfall einer Gesellschaft, die Zerstörung der Werte sich wie ein bedrohlicher Schatten über den ganzen Planeten lege.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.01.2021

Rezensent Otto Langels kann es kaum fassen, dass dieses Buch - ihm zufolge eines der "frühen Standardwerke über die Konzentrationslager" - erst jetzt, ein Dreivierteljahrhundert nach der Erstveröffentlichung, auf Deutsch erscheint. Dem Kritiker zufolge beschreibt der Autor in literarischem Stil seine Erfahrungen im KZ Buchenwald. Wie Langels findet, bringen Roussets Darstellungen trotz mancher durch die Forschung revidierten Details das Grauen der KZs eindrucksvoll näher.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.09.2020

Warum dieses laut Daniel Jurjew wichtige Buch über das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager erst 74 Jahre nach seinem Erscheinen in Frankreich ins Deutsche übersetzt wurde, erfahren wir von dem Kritiker leider nicht. Aber er erinnert seine Leser gleich an die inzwischen schon Jahrzehnte dauernde Diskussion der Schwierigkeit, über das Erleben der Konzentrationslager überhaupt etwas mitzuteilen. Beeindruckt hat ihn die Beschreibung der langsamen Übernahme der Funktionen im KZ Buchenwald durch politische Häftlinge, die nämlich deutsche Kriminelle aus ihren von der SS verliehenen Positionen drängten. Jurjew weist im Übrigen darauf hin, dass Rousset als nicht-jüdischer Gefangener ganz entschieden Stellung bezogen hat zur Problematik der Shoah, indem er auf den Unterschied zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Häftlinge deutlich hingewiesen hat.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.01.2020

Carsten Hueck musste lange warten auf die deutsche Übersetzung von David Roussets Bericht aus Buchenwald von 1946. Erklärbar scheint ihm die späte Übertragung durch den Umstand, dass der Autor weder Jude noch Deutscher war. Der Erfahrungsbericht besticht für ihn durch eine literarische Sprache und Bildreichtum wie durch Bezüge zu Jarry, Kafka und Celine. Dass der Trotzkist Rousset das Fabrikmäßige des Konzentrationslager herausstreicht und die Häftlinge mit wenigen Ausnahmen als Masse begreift, findet Hueck gewöhnungsbedürftig, deutet es aber als Teil des "Anspruchs des Soziologen". Ohne "moralische Entrüstung" und "Opferverehrung" gelingt es dem Autor laut Hueck, zu zeigen, "was Menschen möglich ist".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.01.2020

Rene Schlott empfiehlt David Roussets Lagerbericht als Ergänzung des deutschen Kanons der Lagerliteratur. Das Buch von 1946 besticht für ihn durch die "Kraft der Sprache" des Existentialismus. Zu beobachten, wie der Autor für die Lagerwelt eine Sprache findet, die das Unaussprechliche ausdrückt, erscheint Schlott auch in der deutschen Übersetzung als ein Ereignis. Das Nachwort von Jeremy Adler findet der Rezensent "hervorragend" in der Einordnung des Textes "zwischen Politik und Philosophie".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.01.2020

Beeindruckt liest Rezensent Robert Probst diesen Lager-Bericht des französischen Journalisten David Rousset, der bereits 1946 in Frankreich erschien, als einer der ersten über die Konzentrationslager überhaupt, aber bisher nicht auf Deutsch verfügbar war. Dank der Übersetzung kann Probst nun nachverfolgen, wie Rousset, der sechzehn Monate in Buchenwald, Neuengamme und Helmstedt interniert war, in seinem Bericht albtraumhafte Szenen mit nüchternen Analysen und einem marxistischen Blick verbindet. Einigen Passagen bescheinigt er große Wucht. Doch nicht alles kann Probst in dieser "philosophisch-literarischen" Erkundung der Lager noch gültig oder nachvollziehbar finden, etwa dass der Autor die Vernichtung der europäischen Juden in ihrer Bedeutung nicht ermisst.
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