Bücher der Saison

Herbst 2007

Von Thekla Dannenberg, Ekkehard Knörer
26.11.2007. Dieser Literaturherbst gehört zwei russischen Schriftstellern: Wassili Grossman und Warlam Schalamow, deren Jahrhundertwerke endlich auf Deutsch erschienen sind. Einen respektablen Auftritt haben aber auch die deutschen Autoren der mittleren Generation, polnische Tunten, rumänische Manieristen, deutsche Romantiker, streitlustige Atheisten, neapolitanische Camorristi, katalanische Ritter und ein ungenierter Genussmensch.
Literatur / Sachbuch / Politisches Buch

Das aufregendste Ereignis sind in diesem Literaturherbst zwei russische Jahrhundertwerke, deren spätes Erscheinen auf Deutsch unbegreiflich, aber eine große Freude ist: Wassili Grossmans Historiendrama des 20. Jahrhunderts "Leben und Schicksal" und Warlam Schalamows Erzählungen aus Kolyma "Durch den Schnee". In der deutschen Literatur war es der Herbst der höchst ambitionierten Großwerke von Autoren mittleren Alters. Auch die Biografen huldigen großen Männern. Abgewehrt haben die Feuilletons die Attacken der Atheisten Christopher Hitchens und Richard Dawkins auf die Religion.

Bestellen Sie Ihre Bücher über den Perlentaucher. Dann verhelfen Sie ihm, über eine Provision unseres Partners buecher.de, zu Einnahmen.


Der große Terror

33 Jahre nach Wassili Grossmans Tod erscheint sein Jahrhundertepos "Leben und Schicksal" () erstmals vollständig auf Deutsch. 1961 hatte Chruschtschow den Roman verbieten und selbst die Farbbänder der Schreibmaschine beschlagnahmen lassen. 1964 starb Grossman, ohne zu wissen, dass Kopien seines Romans gerettet worden waren. Mit Hilfe Andrej Sacharows konnte erst in den achtziger Jahren eine Mikrofilm-Kopie in die Schweiz geschmuggelt werden. 1984 erschien eine erste unvollständige Übersetzung auf Deutsch, doch abgesehen von Heinrich Böll schien sich hierzulande niemand für das zu interessieren, was Grossman zu erzählen hatte: Von der Schlacht um Stalingrad, vom Kampf um Freiheit, Würde und Wahrheit in Stalins Sowjetunion, von den Schrecken des Holocausts, der Konzentrationslager und des Gulags, vom großen Hunger in der Ukraine und den Folterkellern des NKWD. Im Tagesspiegel erklärt Katharina Narbutovic, warum das Buch als so gefährlich galt: in einer zentralen Szene versucht ein SS-Mann einem Bolschewiken zu erklären, dass sie doch beide dasselbe wollen. Im Aufmacher der FAS-Literaturbeilage feiert Volker Weidermann den Roman als "eine Sensation und ein großes Glück". Für die taz ist er ein "erhabenes Monster". In der Welt rühmt Karl Schlögel dieses Epos vom "ewigen, bitteren, menschlichen Sieg über alles Erhabene und Unmenschliche". ()
Sehr zu empfehlen ist auch die von Antony Beevor herausgegebene Sammlung der Reportagen, die Wassili Grossman als Reporter für die sowjetische Armee-Zeitung "Roter Stern" verfasst hat: "Ein Schriftsteller im Krieg".


Über den literarischen und historischen Rang von Warlam Schalamows Erzählungen aus Kolyma "Durch den Schnee" () gibt es keinen Zweifel, für die einhellige Kritik gehört Schalamow in eine Reihe mit den großen Zeugen des Schreckens, Alexander Solschenizyn, Primo Levi, Imre Kertesz. Unvorstellbare 14 seiner 20 Jahre als politischer Häftling hat Schalamow in einem sowjetischen Arbeitslager in Sibirien verbracht. Zu Solschenizyn hatte Schalamow ein getrübtes Verhältnis: Er warf ihm vor, den Archipel Gulag ästhetisiert zu haben. Für Schalamow konnte der Gulag nur in einer dokumentarischen Darstellung - ohne jedes Moralisieren - erfasst werden, erzählt die NZZ. Er wollte weder Erinnerungen schreiben noch Erzählungen, "sondern etwas, das nicht Literatur wäre. Keine Prosa des Dokuments, sondern eine Prosa, die durchlitten ist wie ein Dokument", zitiert der Tagesspiegel Schalamow. Die FR fühlte sich durch die "schockgefrorene Klarheit" seiner Prosa an den "Kältepol der Grausamkeit" geführt. Für die NZZ müssten die Erzählungen längst Schullektüre sein. Und schon vor vier Jahren bewunderte Arno Widmann im Perlentaucher (anhand der französischen Ausgabe), wie Schalamow den Schrecken einkreist, ohne ihn je beim Namen zu nennen. Zu Schalamow und seinem Buch gab es übrigens auch ein hervorragendes Heft der Zeitschrift Osteuropa.


Und noch ein drittes Buch zu Stalin und dem Großen Terror: Martin Amis' "Koba der Schreckliche". Amis, Sohn des Schriftstellers Kingsley Amis, der sich 1956, mit der Niederschlagung des ungarischen Aufstands, vom Kommunismus abwandte, rechnet darin nicht nur mit Stalin und seinen Verbrechen ab, sondern auch mit den westlichen Intellektuellen, die so lange die Augen verschlossen. In der Welt ruft Daniel Kehlmann "Lest Martin Amis!" und nennt das Buch "sehr verstörend, sehr lehrreich", aber auch "voll Zorn und Entsetzen". Die NZZ widmet dem Buch den Aufmacher ihrer Literaturbeilage. Die FAZ ist allerdings gar nicht einverstanden: Sie stört sich an "billigen rhetorischen Tricks" und sieht hier den "brillanten Stilisten" Amis vom "eifernden Essayisten fortgerissen" ().


Romane aus Osteuropa

Mit dem Roman "Die Wissenden" hat sich der rumänische Autor Mircea Cartarescu, "an die Spitze des europäischen Literaturschaffens" katapultiert, jubelt die NZZ. Also höchste Zeit, ihn in Deutschland zu entdecken! Wovon dieser im sozialistischen Bukarest spielende Roman handelt, lässt sich nicht genau ausmachen. Die Rezensenten zeigen sich überwältigt von der Stofffülle und den verschiedenen von Cartarescu bedienten Genres. Trotz einhelliger Begeisterung können sie sich auch nicht auf eine Kategorisierung einigen. Die NZZ sieht in dem Buch ein "Meisterwerk des literarischen Manierismus" - "als hätten sich de Chirico und Kafka, Giger und Bruno Schulz zusammengetan." Die FR dagegen denkt eher in Richtung Proust, Rilke und Swift. ()


Hin und wieder mussten die Kritiker schlucken, doch spricht das nicht gegen Michal Witkowskis Roman "Lubiewo" über die polnische Schwulenszene. Die NZZ begegnet darin der ganzen queeren Parallelwelt Osteuropas mit ihren alternden Tunten, jungen Knaben und verzweifelten Rotarmisten - mithin den tragischen, zwischen "Geschlechtstrieb, Geldnot und Schicksal hin und her geworfenen" Helden der Gegenwart. Und während auch die FAS den Roman als Denkmal für die Tunten Polens feiert, als "quirlig, ungeniert und nackt", liest die FAZ ihn als antipolitischen Roman, der dem "bloßen Erleben und der Intensität der Empfindung" huldige. Was sie als Kompliment meint, denn für sie ist Witkowski ein "Hoffnungsträger der polnischen Literatur". ()


Romane aus Frankreich und Italien

Große Beachtung hat auch der Roman "Blindlings" des italienischen Essayisten Claudio Magris gefunden, ein großer Abgesang auf das 20. Jahrhundert und seine Schrecken, die Kriege, die Ideologien und seine Todeslager. Trotz aller Verheerungen entdeckte die Zeit in diesem Buch große Schönheit und beeindruckende Frauengestalten. Für die NZZ ist es Magris' bisher bestes Buch. Für die SZ allerdings schießt Magris etwas übers Ziel eines "europäischen Gesamtromans" hinaus. ()


In seinem autobiografischen Roman "Stammbaum" () erzählt Patrick Modiano von seiner Kindheit und Jugend in einer gefühlskalten Familie. Für die NZZ ist es sein bisher traurigstes Buch. Für die FAZ ist Modiano einfach einer der "größten Stilisten der französischen Gegenwartsliteratur" und auch in diesem Buch kann sie die Kargheit und Schönheit seiner Sprache nur bewundern. Die Welt, sonst große Bewunderin Modianos, ist enttäuscht: "Diesen Aufzeichnungen fehlt aller Zauber."
Große Freude herrschte bei der Kritik über George-Arthur Goldschmidts Erzählung "Die Befreiung", mit der er seine Savoyer Trilogie abschließt. Wie Goldschmidt darin von seiner Kindheit im französischen Exil zur Zeit des Holocausts und seinen erotischen Irrungen erzählt, findet die SZ "großartig", die NZZ kraftvoll und die FR psychisch wie sprachlich sehr intensiv. ()


Romane aus Großbritannien

Im Großen und Ganzen gut bewertert wird A.L. Kennedys neuester Roman "Day" (), in dessen Mittelpunkt der etwas naive Alfie Day und seine traumatischen Erlebnisse als Pilot der Royal Air Force im Zweiten Weltkrieg stehen. Die FR dringt in Tiefen des menschlichen Schmerzes vor und genießt Kennedys "scharfkantige" Sprache. Die Zeit ist begeistert von Kennedys Talent, die Finsternis zu umkreisen.
Mit mehr Respekt als Begeisterung und recht verhalten wurde der neue Roman "Die Kluft der frisch gekürten Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessing aufgenommen. Es geht um eine antike Frauengemeinschaft, in die zur Verwirrung aller ein Junge hineingeboren wird. ()


Romane aus den USA

Wahre Hymnen haben die Kritiker auf E.L. Doctorows Roman "Der Marsch" verfasst, der von den letzten Tagen des amerikanischen Bürgerkrieges erzählt. Die FAZ tauchte mit diesem Roman tief in das Wesen des Krieges und spürte unerbittlich "Kälte und Schlamm, Blut und Gedärme, Schmerz und Triumph". Die taz fühlt sich gar an Tolstois "Krieg und Frieden" erinnert, allerdings ohne dessen "Reflexionsdampf". Die Zeit preist den Roman als "menschenfreundliches Meisterwerk" und weist darauf hin, dass Doctorow nur in Deutschland als solider Handwerker gelte, von ihr aber und in den USA zusammen mit Thomas Pynchon und Cormack McCarthy im "postmodernen Pantheon der Mythenmixer" verehrt wird. Und die Welt frohlockt: "Dieser Leseherbst hat kein verheißungsvolleres Abenteuer zu bieten als 'Der Marsch'." ()


Einen unwiderstehlichen Sog auf die Kritik übte Mark Z. Danielewskis Romandebüt "Das Haus" aus. Dabei handelt es sich hier um ein wahres Monstrum von einem Roman mit 800 Seiten, 450 Fußnoten und etlichen Textebenen. Das alles ist sehr unheimlich und irgendwie poststrukturalistisch. Die FAZ ist sich sicher, den "ersten großen Roman des einundzwanzigsten Jahrhunderts" gelesen zu haben. Für die taz, die sich ein wenig im Romandickicht verheddert hat, ist dies der "abgefahrenste Romans des Jahres". FR und NZZ loben auch die "fantastische" Übersetzung Christa Schuenkes. Und in der SZ freute sich Georg Klein, durchgehalten zu haben: "Unser Ego darf stolz sein." ()


Romane aus Deutschland (und Österreich!)

Bewundert viel und nur im Nebensatz gescholten wurde Michael Kleebergs magnum opus "Karlmann", ein Roman mit einem Helden, der nicht viel hermacht. In fünf Episoden, verteilt auf je einen Tag der Jahre 1985 bis 1989, entwirft Kleeberg an seiner Jedermann-Figur ein Generationenporträt. Zu großen Worten sieht sich die taz animiert, die hier tatsächlich etwas über "das Mysterium des Menschseins" gelernt hat. Nicht nur die FR fühlt sich an Philip Roth und John Updike erinnert, die Zeit bringt noch Joyce und Musil ins Spiel und dass Kleeberg zuletzt Marcel Proust übersetzt hat, kommt seinem eigenen Roman nach Ansicht manches Rezensenten auch zugute. Ein Verriss findet sich nicht, die Zeit, die SZ und die FAZ sind allerdings der Meinung, dass Kleeberg, berauscht vom eigenen Können, manchmal inhaltlich wie sprachlich des Guten zuviel tue.


Nach kritischen Worten für Ulrich Peltzers hart am Puls der Zeit entlanggeschriebenen Gegenwartsroman "Teil der Lösung" () muss man lange suchen. Wie der Autor in seiner dem journalistisch-akademischen Prekariat angehörenden Figur Christian Eich Überwachungs- und Terrorismus-Diskurse, Alltagsbeobachtungen und eine Liebesgeschichte in harten Schnitten aneinander fügt, hat weithin eine Resonanz zwischen großer Anerkennung (taz) und Jubelschreien (Zeit) gefunden. Einzig die Welt will nicht ganz in die Begeisterungschöre einstimmen. Nicht dass das Vorbild Don De Lillo so offenkundig ist, scheint ihr das Problem, sondern dass Peltzer dessen Niveau doch deutlich verfehlt.


Weniger generationenepisch, dafür wohl subtiler geht es in den besten Büchern deutscher Autorinnen zu. Insbesondere Annette Pehnt wird ausdrücklich dafür gelobt, dass sich die Stimmigkeit und Präzision ihres Romans "Mobbing" vor allem bei genauer Lektüre erschließt. Ein dem deutschen Büroalltag entnommenes Dutzendschicksal ist das des an seinem Arbeitsplatz gemobbten Verwaltungsangestellten Joachim Rühler. Der eigentliche Clou, finden die Rezensenten, ist Pehnts Wahl der Erzählperspektive. Aus der Sicht der Ehefrau kommen die tatsächlichen Vorgänge nur indirekt in den Blick - so dass der Leser ebenfalls nie ganz genau erfährt, was sich eigentlich zuträgt. "Wunderbar erzählte Details" lobt die NZZ, die FAZ preist die "subtile Raffinesse der Autorin".


Zwiespältiger aufgenommen haben die Feuilletons Michael Köhlmeiers fast 800 Seiten starkes Großwerk "Abendland" und Katja Lange-Müllers Roman "Böse Schafe", der aber ebenfalls zu den Finalisten des Buchpreises gehörte. Büchner-Preisträger Martin Mosebach hat sich für sein jüngstes Werk "Der Mond und das Mädchen" neben manchem Lob auch böse Verrisse und eine bissige Polemik eingehandelt. Am wenigsten gut unter den Buchpreis-Finalisten kam bei der Kritik ausgerechnet die Gewinnerin Julia Franck weg, gegen deren historischen Roman "Die Mittagsfrau" vielerlei Einwände geltend gemacht wurden. ()


Katalonien

Hellauf und durchweg begeistert sind die Rezensenten vor allem von dem ältesten Buch unter den Neuerscheinungen des diesjährigen Buchmessenschwerpunkts Katalonien - nämlich dem 1490 in altkatalanischer Sprache geschriebenen, nun von Fritz Vogelsang erstmals vollständig ins Deutsche übersetzten "Roman vom Weißen Ritter Tirant Lo Blanc" des Joanot Martorell. Das Buch war ein wichtiges Bezugswerk für den "Don Quijote" des Cervantes, es sei, lobt die FAZ, in der vorzüglichen Übersetzung auch nach mehr als einem halben Jahrtausend "leicht lesbar". ()


Etwas völlig anderes, aber auch mit großem Interesse aufgenommen: Die unter dem Titel "Das Schlangenei" veröffentlichten Deutschland-Reportagen des katalanischen Journalisten Eugeni Xammar, die zwischen 1922 und 1924 entstanden und erst jetzt in deutscher Übersetzung erscheinen. Die taz zeigt sich angetan von der "britischen Nonchalance" von Xammars Texten - und neigt eher nicht dazu, ihm das historische Fehlurteil, einen gewissen Hitler für eine eher lächerliche Figur zu halten, vorzuwerfen. Die NZZ hat an der "intelligenten Ironie" seines Stils Gefallen gefunden.


Wiederum von Fritz Vogelsang übersetzt wurde das dreibändige "Obra poetica" des katalanischen Lyrikers Salvador Espriu, das der Verlag in einer zweisprachigen Ausgabe vorlegt. Alle Rezensenten sind glücklich über das Erscheinen des Bandes, auch der sorgfältige Kommentar wird durchweg gelobt. Ein wenig bekrittelt wird aber Vogelsangs Übersetzung. Ein sehr schöner Fund, wenn auch nicht das ganz große vergessene Meisterwerk ist nach Ansicht von SZ und Zeit der 1905 entstandene Anti-Heimatroman "Solitud" der unter dem Pseudonym Victor Catala schreibenden Autorin Caterina Alberti i Paradis (Sehr begrüßt wird auch das Erscheinen von Josep Plas Tagebuchwerk "Das graue Heft".


Klassiker

A.J. Liebling war in den dreißiger Jahren Korrespondent des New Yorker in Paris, in seinem Brevier "Zwischen den Gängen" schlägt er sich mit ungenierten Genuss durch die damals unschlagbar großzügige - französische Küche (hier eineDie Zeit feiert dieses der Völlerei verschriebene Buch als geradezu "skandalöses Werk" in Zeiten der Molekular- und Fast-Nichts-Küche, für dessen "grandiose Unbekümmertheit" und beherzten Zynismus ihr als Referenzgrößen nur Mark Twain und H.L. Mencken einfallen. ()


Von 1772 bis 1775 begleitete der Naturforscher Georg Forster Kapitän James Cook auf dessen Weltumsegelung. Nun erscheint sein Bericht "Reise um die Welt" in einer illustrierten Prachtausgabe. Die Kritik ist selig. Angesichts Forsters "zeichnerischer Begabung" schwärmt die FAZ von einem "Gesamtkunstwerk". Für die NZZ ist der Bericht eh ein "Klassiker der aufgeklärten philosophischen Reiseliteratur", und sie findet Forsters Schilderungen ebenso farbig und elegant wie seine Zeichnungen. Und die FR bewundert seine aufgeklärte, nie kolonialistische Haltung gegenüber fremden Kulturen. ()


Nach "Rot und Schwarz" hat Elisabeth Edl nun auch Stendhals "Kartause von Parma" neu übersetzt. Wie Urs Widmer in der FAZ bekennt, wollte er sich eigentlich nicht dazu äußern - von seinem Vater Walter Widmer stammt die bisher gängige Übersetzung. Allein, Edl hat so gute Arbeit geleistet, dass Widmer nicht anders kann als sie zu rühmen. Und den Roman sowieso. ()


Gedichte


Zweieinhalb Jahre verbrachte Paulo Cesar Fonteles de Lima unter der brasilianischen Militärdiktatur in Haft, während der er und seine schwangere Frau schwer gefoltert wurden. Seine Gedichte "Wenn der Tod sich nähert, nur ein Atemzug" erzählen von seinen Qualen, seinen Peinigern und ihren Methoden. Die FAZ ist ebenso beeindruckt wie erschüttert und sieht in den Gedichten eine literarische Leistung, die in der Lyrik des 20. Jahrhunderts ihresgleichen sucht. "Rau und erschreckend" findet die NZZ dieses "Kompendium der Qualen". ()


Anerkennend äußern sich die Rezensenten über Jan Wagners bereits dritten Gedichtband "Achtzehn Pasteten". Ganz auf den Geschmack gekommen nennt die FAZ ihn ein "Musterbuch sprachlicher Haute Cuisine", die NZZ fühlt sich dagegen eher an "kostbare Trompe-l'Oeils" erinnert. () Durs Grünbein spaltet auch mit seinem neuen Lyrikband "Strophen für übermorgen" die Kritik, wenn nicht gar die Kritiker. Die FAZ nennt ihn zwar ein "lyrisches Genie", aber eines ohne Sprachmusikalität. Und die FR attestiert Grünbein, makellose Elegien in "lockeren Alexandrinern und Blankversen zu schreiben, stört sich aber am selbstgenügsamen Ton a la Horaz. ()


Kriminalromane


Wer literarisch anspruchsvolle Kriminalliteratur deutscher Sprache sucht, ist bei Jan Costin Wagners neuem Roman "Das Schweigen" an einer guten Adresse. Finden ganz übereinstimmend die FAZ, die "philosophische" Qualitäten attestiert, und die SZ, die den Erzählstil als "kristallin" preist. Die Welt erkennt in der in Finnland angesiedelten Geschichte um einen Kindsmord, der sich im Abstand von Jahrzehnten zu wiederholen scheint, nicht weniger als ein "raffiniert und verblüffend konstruiertes Endspiel um Liebe, Angst und Tod, Verlust und Trauer, vor allem aber um Schuld und Sühne". (Bestellen)


Literatur / Sachbuch / Politisches Buch