Efeu - Die Kulturrundschau

Eine Auster aus fernen Galaxien

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17.02.2024. Hat die Berlinale mit Maryam Moghaddams und Behtash Sanaeehas "My Favourite Cake" über eine siebzigjährige Iranerin, die einen Mann sucht, schon den ersten Bärenfavoriten? Die Welt möchte jedenfalls weinen vor Glück. Die FAZ setzt eher auf Abel Ferraras 'Turn in the Wound' über den Horror des Ukraine-Kriegs. Die FAS kleidet sich in Paris in Quallen aus Seide von Iris van Herpen. Die Welt hofft, dass mit "berlin modern" die Ära der Megabauten endlich ein Ende nimmt.
9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.02.2024 finden Sie hier

Film

Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha: "My Favourite Cake" Foto: © Mohammad Haddadi

Hat die Berlinale 2024 bereits ihren ersten Bärenfavoriten? "My Favorite Cake", der neue Film des iranischen Regieduos Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, findet jedenfalls einigen Zuspruch bei der Kritik. Marie-Luise Goldmann erklärt den Wettbewerbsfilm in der Welt gar zum Meisterwerk. Gesehen hat sie eine "poetische Meditation des einfachen Lebens", die von der 70-jährigen Mahin handelt, die einen Mann sucht. Sie findet einen Anwärter im Park. "Mahin verfolgt ihn und bittet ihn erst, sie nach Hause zu fahren, dann, hereinzukommen. Was in dieser unverhofften Date-Nacht zwischen Mahin und Esmail (Esmail Mehrabi) geschieht, ist so bezaubernd, rührend und erhebend, dass man Weinen möchte vor Glück. Und doch vergisst man keine Sekunde, dass die Aufforderung einer Fremden, noch in derselben Nacht mit in ein fremdes Haus in eine fremde Gegend zu kommen, eigentlich aus dem Horrorgenre stammt."

Auch Daniel Kothenschulte ist in der FR voll des Lobes und sieht den "besten Liebesfilm in einem Berlinale-Wettbewerb, seit Richard Linklaters 'Before Sunrise'" Freilich gibt es auch Gegenstimmen. Für FAZler Claudius Seidl ist "My Favorite Cake" nicht mehr als "ein langsamer und äußerst betulicher Fernsehfilm". Auch Christiane Peitz glaubt im Tagesspiegel nicht, dass der Film der Herausforderung, Glück zu filmen, gewachsen ist. Weitere Besprechungen: taz, Filmstarts. Nichts Neues ist, nebenbei bemerkt, vom iranischen Regime zu vermelden: Wie schon vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen wurde Moghaddam und Sanaeeha die Ausreise verweigert. Die Premiere fand in Abwesenheit des Regieteams statt.

Wie reagiert man auf ein Festival, das Kino vor allem als verlängerten Arm der Politik versteht? Vielleicht, so Claudius Seidl in der FAZ, indem man sich in der Sektion Berlinale Special einen Film anschaut, der ganz anders funktioniert: "Und so konnte man Abel Ferraras 'Turn in the Wound' als entschiedenen Einspruch gegen den Geist dieser Gala verstehen, als einen Film, der von dem Bewusstsein angetrieben wird, dass er die Welt ganz sicher nicht zu einem besseren Ort machen wird. (...) Ferrara, der einst berühmt war für seine bösen, grausamen und sehr katholischen Filme, in denen der Weg zur Erlösung durch die Fegefeuer seiner Inszenierungen führt, Ferrara ist in die Ukraine gereist, wo er offenbar erkannt hat, dass er seinen Kunstanspruch gleich vergessen kann. Der Horror dort artikuliert sich, indem die Leute, Zivilisten wie Veteranen des Krieges, einfach sprechen, von den vergangenen zwei Jahren. Und immer wieder unterbrochen werden von dem hässlichen Gefühl, dass sie den Krieg und die Grausamkeit der Russen noch immer nicht fassen können." Mehr zum Film im Tagesspiegel.

In der Berliner Zeitung schließt sich derweil Claus Löser der Kritik an der diesjährigen Retrospektive an (siehe auch unseren Text). Die Auswahl der Filme bildet durchaus eine gewisse Bandbreite des deutschen Filmschaffens jenseits der Konvention ab. Aber: "Auf den zweiten Blick kommen Fragen auf. So stellt sich das Missverhältnis zwischen west- und ostdeutschen Beiträgen als eklatant heraus. Fast zwanzig bundesdeutsche Langfilme stehen gegen eine einzige (!) abendfüllende Defa-Produktion. (...) Schade auch, dass keines der Werke im analogen Format gezeigt wird, obwohl teilweise hochwertige 35mm-Kopien verfügbar gewesen wären. Renommierte internationale Festivals gehen mit dem physischen Filmgedächtnis anders um, quittieren nicht vorschnell die Möglichkeiten einer historisch-adäquaten Präsentation. Zugespitzt ließe sich sagen, dass die Retrospektive dem Festival und damit der hiesigen Kulturpolitik buchstäblich ein Armutszeugnis ausstellt." Im Tagesspiegel stellt Kerstin Decker das Programm vor.

Außerdem: Christiane Peitz unterhält sich im Tagesspiegel mit Andreas Dresen und Liv Lisa Fries, deren gemeinsamer Film "In Liebe, Eure Hilde" im Wettbewerb läuft. In der FAS beantwortet Matthias Glasner, ein weiterer Wettbewerbsregisseur, vier Fragen. Besprochen werden der Wettbewerbsfilm "A Different Man" (Filmstarts, critic.de, Tagesspiegel), der Eröffnungsfilm "Small Things Like These" (taz, Moviepilot, Filmdienst), der Panoramafilm "Crossing" (taz), der Panoramafilm "The Outrun" (Tagesspiegel), der Forumsfilm "Ihre ergebenste Fräulein" (critic.de), dessen Regisseurin Eva C. Heldmann außerdem in der taz interviewt wird, der Forumsfilm "The Editorial Office" (Tagesspiegel), der Forumsfilm "Favoriten" (Tagesspiegel, Filmstarts), der Generationfilm "Sieger sein" (Filmstarts), hierzu auch ein Interview mit der Regisseurin Soleen Yusef im Tagesspiegel, "Cuckoo" aus der Sektion Berlinale Special (FilmstartsTagesspiegel), der Panoramafilm "Alle, die du bist" (Filmstarts), das Programm des Forum Expanded (Tagesspiegel), der Woche-der-Kritik-Film "Dicks - Das Musical" (Tagesspiegel) und der Berlinale-Classics-Film "Reifezeit" (Tagesspiegel).

John Travolta ist nicht auf der Berlinale, feiert aber dafür seinen 70. Geburtstag. In der FAZ gratuliert Dietmar Dath einem der großen Tänzer des Kinos: "[E]s ist wirklich fast egal, ob gerade die Bee Gees jaulen oder Olivia Newton-John fiepst, Travolta könnte auch in völliger Stille graziöse und kraftvolle Mitteilungen an die seelischen Bewegungsmelder und Storyprotokollspeicher im Publikum aussenden. Mehr noch: eine tief tanzaffine Funktionslust an dynamischen Beziehungen zum restlichen Personal vor der Kamera prägt bei ihm selbst die Wortwechsel..." Für die SZ übernimmt Harald Hordych die Honoration. Claudius Seidl wiederum würdigt in der FAZ Rene Russo, die ebenfalls 70 wird.

Außerdem: Jean-Martin Büttner porträtiert in der NZZ Stanley Kubrick: Ein "Chirurg der Macht" war der Regisseur. Christian Meier setzt sich in der Welt noch einmal mit Claudia Roths jüngsten filmpolitischen Vorstößen auseinander. Der Standard berichtet über eine weitere Anzeige wegen sexuellen Übergriffs gegen Gérard Depardieu. Besprochen wird Luc Jacquets "Voyage au pôle sud" (SZ)
Archiv: Film

Literatur

Charles M. Schulz Museum and Research Center in Santa Rosa California © BrokenSphere Lizenz: GNU Free Documentation License

In der FAZ besucht Andreas Platthaus am Martin-Luther-King-Day das Charles M. Schultz Museum in Santa Rosa, California. Mit seinen Peanuts hat Schultz Comicgeschichte geschrieben - unter anderem im Jahr 1968, als er, unter Eindruck der Bürgerrechtsbewegung und auf Bitten einer Leserbriefschreiberin, mit dem Jungen Franklin die erste schwarze Figur in seiner Comicwelt etablierte. "Mit den kleinen Panels der 'Peanuts' konnten große Botschaften verkündet werden. Gerade auch emanzipative. Erst die Botschaft von der Emanzipation der Kinder durch die höhere Vernunft der 'Peanuts'-Akteure in ihrer erwachsenenfreien Welt und dann die der Emanzipation der Schwarzen durch eine selbstverständlich in der Schar dieser Höhervernünftigen mitagierenden Figur wie Franklin."

Markus Bauer porträtiert gleichfalls in der FAZ eine Fastvergessene der Literaturgeschichte: Martha Bibesco wird für gewöhnlich auf ihre Bekanntschaft mit Marcel Proust sowie auf ihr dem berühmten Kollegen gewidmetes Buch "Au bal avec Proust" reduziert. Tatsächlich jedoch gehörte Bibesco, führt Bauer aus, zu den herausragendenen literarischen Beobachterinnen der High Society ihrer Zeit. An herausragenden Arbeiten mangelt es nicht in ihrem Werk, aber vielleicht hat sie "ihren literarischen Gipfel mit dem elegant und intelligent geschriebenen Roman 'Catherine-Paris' (1927) erreicht, der die Stadt Paris in immer wieder sich kaleidoskopisch verändernden Prismen der Vorkriegsatmosphäre und der Welt der europäischen Aristokratie feiert. Paris als Frau, als Bücherstadt, als Republik, als Inbegriff der Eleganz, als Hauptstadt Europas."

Außerdem: Der israelische Schriftsteller Moshe Sakal unternimmt in der FAZ auf drei Doppelseiten acht Spaziergänge. Detlev Schöttker porträtiert in der FAZ den deutschen Schriftsteller Alfons Paquet, dessen Werk sich zwischen Journalismus und Dichtkunst orientiert. Dmitrij Kapitelman sucht in der SZ den kleinsten gemeinsamen Nenner von Franz Kafka und dem Wu-Tang Clan. Besprochen werden unter anderem Franz Doblers "Ein Sohn von zwei Müttern" (taz), Ian Penmans "Fassbinder" (taz), Slata Roschals "Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten" (taz), Wolfgang Schieders "Ein faschistischer Diktator" (FR), Roberto Savianos "Falcone" (SZ), Mirna Funks "Von Juden lernen" (SZ), "Radio 'Krieg'" von Daryna Gladun (FAZ) und Peter Heathers "Christendom" (FAZ).
Archiv: Literatur

Kunst

Bild: Kazimir Malevich, 'Tenhemelopneming van een heilige', 1907 - 1908, bruikleen Stichting Khardzhiev

Nicht alles, was die Schau "Kosmismus" im Amsterdamer Stedelijk-Museum an Werken aus der Sammlung des Moskauer Literaturredakteurs und Majakowski-Experten Nikolai Chardschijew zeigt, mag sich dem Betrachter erschließen, glaubt Bernhard Schulz in der FAZ. Einen Einblick in die Mischung aus "Technikgläubigkeit, Religiosität und Revolution" der frühsowjetischen Avantgarde gewährt sie aber allemal, so Schulz: "Neben einer Reihe früher Arbeiten von Malewitsch sind solche von Wassili Tschekrygin zu sehen. Das Selbstporträt als blasser junger Mann deutet auf den nahenden frühen Tod des erst Fünfundzwanzigjährigen im Jahr 1922 hin, der sich im Gefolge mystischer Denker wie Nikolai Fjodorow Unsterblichkeit von einer Mischung aus Wissenschaft und Spiritualität erhoffte. Kaum minder utopisch sind die einige Jahre späteren Architekturentwürfe von Iwan Leonidow, die mit dünnen Metallträgern eher die Formen sowjetischer Sputniks vorwegnehmen als an die begrenzten technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit anzuknüpfen. Im aufkommenden Stalinismus wurde Leonidow als 'Träumer auf Papier' geschmäht, was ungeachtet der existenzgefährdenden Wirkung eines solchen Verdikts durchaus einen Funken Wahrheit enthält."

Die Attacke während der Lesung von Tania Bruguera im Hamburger Bahnhof (Unsere Resümees) richtete sich vor allem gegen Mirjam Wenzel, Direkorin des Jüdischen Museums, die allerdings protestantisch ist. In der FAS offenbart sich Jürgen Kaube hier die ganze Dummheit der Protestierenden: "Sie wollen nur schreien, stören, ihrer Selbstgewissheit im Urteil über Gut (sie selbst) und Böse (alle anderen) aggressiven Ausdruck verleihen. Man könnte auch von Hass sprechen. ... Es reicht für diese dummen Leute, einem Jüdischen Museum vorzustehen, um als Jüdin, Unterstützerin der israelischen Regierung und ihres Vorgehens im Gazastreifen zu gelten. Wer nicht für uns ist, sagen sie, dem gehört der Mund verboten. Man kann nur hoffen, dass diese Einstellung nie politische Macht erlangt."

Besprochen werden die Ausstellung "Maximilian Kirmse - Berlin Mon Amour" in der Staatlichen Graphischen Sammlung der Pinakothek der Moderne in München (Tagesspiegel), die Ausstellung "Echoes of the Earth: Living Archive" in der Serpentine North Gallery in London (Welt) und die Ausstellung "Hans Uhlmann: Experimentelles Formen" in der Berlinischen Galerie (Blz).
Archiv: Kunst

Architektur

In der WamS kann Swantje Karich nur hoffen, dass mit "berlin modern" (Unsere Resümees) die seit den Neunzigern währende Ära der Megabauten endlich ihr Ende nimmt. Zumal noch immer unklar ist, wofür das neue Museum eigentlich stehen soll. Nur eines ist sicher, so Karich: Claudia Roth "will in die Geschichte eingehen als Kulturstaatsministerin, die das viel kritisierte Millionengrab in ein ökologisches Wunder verwandelt hat. Und sie scheint die Kontrolle über die PR zu haben: Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner, früher einer der schärfsten Kritiker, war bei der Grundsteinlegung nun Feuer und Flamme. Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg, sieht in dem Museum gar ein Vorbild für zukünftige Museen. So weit ist es in Berlin also schon: Photovoltaik aufs Dach, Recyclingbeton verwenden, Stahlträger reduzieren, Heiz-Kühl-Böden einbauen und ein paar Bäume vor die Tür - und schon ist die halbe Milliarde gut investiert, und der Bau gilt als visionär? Man darf staunen. Hartnäckig wird der Eindruck erweckt, dass der Bürger der zukunftsweisenden Politik diese Veränderungen zu verdanken hat. Dabei war es der Bundesrechnungshof, der die Planern 2021 massiv rügte."
Archiv: Architektur
Stichwörter: Berlin Modern, Roth, Claudia

Bühne

Besprochen werden Sandra Cerviks Inszenierung von Yasmina Rezas Stück "James Brown trug Lockenwickler" am Wiener Theater in der Josefstadt (nachtkritik), Ruth Brauer Kvams Inszenierung "Luziwuzi - Ich bin die Kaiserin" am Wiener Rabenhoftheater (nachtkritik) und ein musikalischer Abend unter dem Titel "Liedschatten" und dem Untertitel "Who Let the Dogs Out" im Schauspiel Frankfurt (FR) und Karin Henkels Inszenierung von Kafkas "Das Schloss" am Münchner Residenztheater (FAZ).
Archiv: Bühne

Design

Bild: David Uzochukwu for Iris van Herpen, Hydrozoa Dress, Sensory Seas Collection, 2020. Iris van Herpen private collection

Ob Lady Gaga, Beyoncé oder Cate Blanchett - sie alle trugen auf Galas bereits Kleider der niederländischen Modedesignerin Iris van Herpen, der das Musée des Arts Décoratifs in Paris nun eine große Schau widmet. Und die verschlägt FAS-Kritiker Niklas Maak schier den Atem, erkennt er in Herpens Entwürfen doch nicht nur den "futuristischen Nachfolger" der "rauschenden" Naturbilder der Maler des Rokokos: "Van Herpen brachte neue Technologien in die Mode, sie produzierte mit einer bisher ungesehenen Präzision und Filigranität Kleider, die nicht genäht, sondern im 3-D-Drucker hergestellt wurden, ihre Kostüme verdanken den Herstellungsverfahren der Architektur und des Automobilbaus ebenso viel wie der klassischen Schneiderei. Da geht der Stoff über in Flügel aus Acrylglas, in Skelette aus Aluminium, in Plexiglas, Polyesterfolie oder thermoplastischen Kunststoff, dank PolyJet-3D-Druck werden neue Verbindungen von Tüll und Plastik möglich, und die Ergebnisse sind spektakulär: Ein Kleid aus van Herpens 'Sensory Seas Couture' erinnert an ein Mobilé aus Fischgräten, ein anderes an eine Auster aus fernen Galaxien, ein drittes an die zuckend eleganten Bewegungen von Quallen aus Seide, ein viertes sieht so aus, als habe man Farnkrautblätter zu einer Schutzmembran verwebt."

Dennis Braatz besucht für die SZ die Ausstellung "Chronorama: Photographic Treasures of the 20th Century" im Berliner Museum für Fotografie. Gezeigt wird ein Querschnitt aus mehreren Jahrzehnten Modefotografie. Besonders hervorzuheben sind laut Braatz die Arbeiten Lee Millers, ein ehemaliges Model, das bald hinter die Kamera wechselte. "1944 wurde Miller von der amerikanischen Armee akkreditiert, reiste mit an Fronten, dokumentierte die Belagerung von Saint Malo und gehörte zu den ersten Fotografen, die die Vernichtungslager Dachau und Buchenwald nach deren Befreiung betraten. Ihre Fotos sind erschütternde visuelle Zeitzeugnisse. Dass sie zuerst in einer Modezeitschrift erschienen, weiß heute kaum noch jemand. Sollte aber jeder, der immer noch glaubt, dass sich Hochglanztitel nur um den schönen Schein kümmern würden.
Archiv: Design

Musik

Der in Russland geborene Komponist Semyon Bychkov hat sich gleich nach dem Beginn des jüngsten Ukrainekriegs vom Putin-Regime distanziert. Bei zwei Gastauftritten in der Tonhalle Zürich dirigert er nun das 1. Cellokonzert op. 107 von Dmitri Schostakowitsch. Wie Christian Wildhagen in der NZZ beschreibt, hat auch die Musik eine politische Dimension. "Bychkov deutet das Werk folglich als Tragödie des Individuums, das sich gegen die Willkür des Kollektivs behaupten muss, und entsprechend ungemütlich wird es für den Solisten: Immer wieder fährt ihm das Orchester gleichsam über den Mund, das Solohorn - beeindruckend präsent gespielt von Ivo Gass - bläst zum Angriff, und Kian Soltani muss teilweise in der höchsten, der menschlichen Stimme so ähnlichen Lage des Cellos klagen, flehen, schreien, um hier nicht von der Masse niedergewalzt zu werden."

Gerrit Bartels widmet sich im Tagesspiegel dem neuen Beyoncé-Album - das sich, durchaus überraschend, im Country-Genre verortet. Von den bisher zwei veröffentlichten Songs hat es Bartels vor allem "16 Carriages" angetan, "eine Art Coming-of-Age-Story. Beyoncé erzählt, wie sie wurde, was sie ist, die Königin des Pop, des R&B, und wie ihre Jugend zu kurz kam: 'At fifteen, the innocence was gone astray/Had to leave my home at an early age/I saw Mama prayin', I saw Daddy grind/All my tender problems, had to leave behind'. Im Alter von 15 Jahren begann Beyoncé ihre Karriere mit der Band Destinys Child. Was für sie bedeutete: auf Teeangerträume- und freuden zu verzichten und stattdessen hinten im Bandbus zu sitzen, sich Schlafkojen mit anderen zu teilen, ständig unterwegs zu sein und eher kleines Geld zu verdienen."

Außerdem: Paul McCartneys "Beatles bass" ist wieder aufgetaucht, freut sich die SZ. Besprochen werden ein Konzert der Band Beirut im Berliner Tempodrom (Berliner Zeitung), ein Abend der Wiener Symphoniker mit Constantinos Carydis (Standard), das Jennifer-Lopez-Album "This Is Me... Now" (SPON) und ein Schubert-Konzert von Alina Ibragimova (Violine) und Cédric Tiberghien (Piano) im Pierre Boulez Saal (Tagesspiegel)

Archiv: Musik