Lech Baldwins und Sean Williams'
Recherche über die
geheimdienstlichen Verstrickungen des Neonazis Rainer Sonntag, der wegen seiner Umtriebe aus der DDR ausgebürgert wurde, im Westen unter Michael Kühnen einen schnellen Aufstieg in der Naziszene hinlegte, nach der Wende nach Dresden zurückkehrte, um dort den "
Arbeitsplan Ost" - eine rechtsextreme Revolution - umzusetzen und schließlich bei einer Auseinandersetzung im Rotlichtmilieu ums Leben kam, diese Recherche also hat natürlich schon deshalb ordentlich Salz, weil es ein gewisser KGB-Spion namens
Wladimir Putin war, der Sonntags Auslieferung genehmigte und den Nazi zugleich für die Stasi und den KGB Bericht erstatten ließ. Das ist allerdings nur der Aufhänger - lesenswert ist der Text schon alleine wegen der zahlreichen Austauschprozesse zwischen der DDR-Führung und der rechtsextremen Szene sowie der Nachwirkungen. "Die Geschichte der Stasi, die extreme Rechte für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren, ist lang. Als Adolf Eichmann in Jerusalem vor Gericht stand, ließ die Stasi Geld für eine Kampagne fließen, um den festgesetzten Kriegsverbrecher zu verteidigen und
fälschte Briefe von den 'Veteranen der Waffen-SS', die ihre Kameraden dazu aufriefen, sich dem 'Kampf gegen den jüdischen Bolschewismus' anzuschließen - all dies, um die westdeutsche Regierung zu beschämen. Dasselbe Ziel verfolgten Stasi-Agenten in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern, als sie
Hakenkreuze auf jüdische Gräber schmierten. Später in den Achtzigern heuerte die Stasi Odfried Hepp an, einen der meistgesuchten Neo-Nazi-Terroristen, um über die Aktivitäten der extremen Rechten auf seiner Seite der Berliner Mauer zu berichten." Eine der Kontaktpersonen Sonntags war der Dresdner Polizist, Stasi-Mann und Putin-Mitarbeiter
Georg Johannes Schneider. "Der Zusammenbruch des ostdeutschen Geheimdienstes brachte Schneider zurück zu seinem Anfängen: der Dresdner Polizei. Dort leitete er eine Abteilung mit dem Auftrag, gegen den Links- und Rechtsextremismus auf Dresdens zunehmend unruhigen Straßen vorzugehen. Sonntag, frisch aus dem Westen zurückgekehrt, erwies sich als hervorragende Waffe, 'um Ärger zu machen', wie Schneider 1991 erzählte." Auch erzählte er einmal, "wie er Sonntag dafür nutzte, die Neo-Nazis der Stadt gegen die Punks und Anarchisten auszuspielen. Putins frühere rechte Hand erklärte, dass er die Neo-Faschisten nutzte, um die Linken im Zaum zu halten und umgekehrt. Keine der beiden Seiten sollte die Straßen kontrollieren; er zog das Chaos als Zustand vor. Das hieß, dass die Polizei stets wegsah, wenn Sonntags Gang Dresden heimsuchte - und in manchen Fällen sogar
aktive Unterstützung leistete. Bei einer Gelegenheit nutzte ein Polizist seinen
Privatwagen, um Sonntag zu einer Neo-Nazi-Aktion zu fahren."