Magazinrundschau - Archiv

The Globe and Mail

5 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 16.01.2018 - Globe and Mail

In einem ziemlich gepfefferten Artikel antwortet die Schriftstellerin Margaret Atwood ihren Kritikerinnen, die sie zu einer Schlechten Feministin erklärt haben. Hintergrund des Streits unter Kanadas Frauen ist eine Petition, in der sich Atwood für die Rechte eines Mannes einsetzt, der vom Vorwurf sexueller Belästigung freigesprochen, aber trotzdem - nach einem extrem unfairen Verfahren - von seinem Arbeitgeber, der British Columbia University, entlassen wurde. Atwood fürchtet, dass diese extreme "schuldig bei Anklage"-Haltung die Frauenbewegung spalten wird: "Die #metoo-Bewegung ist Symptom für ein fehlerhaftes Justizsystem. Viel zu häufig wurden die, die sich über sexuellen Missbrauch beschwerten, in den Institutionen und Firmen nicht gehört. Also benutzen sie ein neues Instrument: das Internet. Sterne fielen vom Himmel. Das war sehr effektiv und wurde als massiver Weckruf gewertet. Aber was nun? Das Justizsystem kann repariert werden oder die Gesellschaft kann es aussetzen. Was tritt dann an seine Stelle? Nicht Schlechte Feministinnen wie ich. Wir sind weder für die Rechte noch für die Linke akzeptabel. In Zeiten des Extremismus gewinnen die Extremisten. Ihre Ideologie wird zur Religion, jeder der ihre Ansichten nicht teilt, wird als Apostat, Häretiker oder Verräter angesehen, die Moderaten in der Mitte werden ausgeschaltet. Schriftsteller sind besonders suspekt, weil sie über Menschen schreiben und Menschen sind moralisch zweideutig. Das Ziel der Ideologie ist es, Zweideutigkeit zu eliminieren."

Magazinrundschau vom 15.07.2014 - Globe and Mail

Wie kommt es, dass ein Hummer, wenn er gefangen wird, acht Dollar wert ist, und 52,20 Dollar, wenn er auf Ihrem Teller liegt? Um dieses Hummer-Voodoo zu verstehen hat Ian Brown den Hummer Larry von Neufundland bis zu einem Restauranttisch in Toronto begleitet. Hier sein erster Eindruck von dem Tier: "Er ist ein Prachtexemplar: zwei Pfund, grün-schwarz, große Zangen, männlich (zwei Penisse!) und - nach den unbenutzten Stachel unter seinem Schwanz zu urteilen - ein nagelneuer, steinharter Panzer. Sein Chitinpanzer (eigentlich sein Skelett, dass er eben außen trägt), ist eine friss-aber-werde-nicht-gefressen-Maschine. Er hat den klassisch unergründlichen, angekotzten, prähistorisch arthropodischen Hummerausdruck: Ich habe oft versucht mir den Augenblick vorzustellen, in dem der erste Mensch herausfand, dass diese Dinger ultrawohlschmeckend sind, wenn man sie in kochendes Wasser wirft. Allesfressend, kannibalistisch, sogar selbstkannibalisierend, wenn sie hungrig genug sind, ohne jedes Gefühl außer dem Drang zu essen und zu krabbeln und zu überleben - klingt das nicht wie der Teufel? Oder zumindest wie ein Finanzhai? Larry hat sogar blaues Blut - wie Spinnen, wie Schlangen, wie der Satan."

Magazinrundschau vom 01.10.2013 - Globe and Mail

The Globe and Mail, Kanadas wichtigste Zeitung, erzählt auf ausgedruckt 16 Seiten, wie es einstmals kräftigen Konkurrenten am Wegesrand von Iphone und Android ergeht. Das Blackberry war ein Kultgerät für Geschäftskunden, es zeichnete sich durch seine Tastatur und sein relativ abgeschirmtes Textnachrichtensystem aus - Vorteile, die sich über Jahre nicht mehr verkaufen ließen. Der Schock für den Blackberry-Erfinder Mike Lazaridis kam im Jahr 2007, gleich mit dem ersten Iphone, als er das Gerät öffnete: "Das Iphone brach mit allen Regeln. Das Betriebssystem hatte einen Arbeitsspeicher von 700 Megabytes und nutzte zwei Prozessoren. Das ganze Blackberry lief auf einem Prozessor und nutzte 32 Megabytes. Anders als das Blackberry hatte das Iphone einen voll internetfähigen Browser. Das hieß, dass es die Netze der Telekomanbieter wie AT&T förmlich aussaugen würde - und das hatten diese Anbieter nie erlaubt. 'Wir haben sie AT&T dazu gebracht, das zuzulassen, fragte ich mich', so Lazarides in einem Interview. 'Das Netz wird zusammenbrechen.' Das tat es dann auch."

Magazinrundschau vom 11.12.2012 - Globe and Mail

Die Lehman-Pleite hatte weltweit Effekte, auch in Australien. Bernard Lagan porträtiert für die kanadische Zeitung Globe and Mail eine australische Richterin und eine Anwältin, die ein möglicherweise international einflussreiches Urteil gegen die Bewertungsagentur Standard and Poors erwirkt haben. Die Agentur hatte ein windiges Papier der Lehman Bothers, in das australische Gemeinden und Wohlfahrtsorganisationen investiert hatten, mit dreifachem A ausgezeichnet: "Die Investitionen implodierten - zusammen mit Lehman in der Wirtschaftskrise von 2008 und die Investoren verloren mehr als 200 Millionen Dollar." Lagan siehr das Urteil als eine Weltpremiere: "Der Effekt des Urteils ist, dass Ratingagenturen - zumindest in Australien - für ihre Bewertungen geradestehen müssen."
Stichwörter: Australien

Magazinrundschau vom 05.04.2011 - Globe and Mail

Wie eine Regierung im Umgang mit der Urbevölkerung erst Fehler macht, und dann beim Versuch, sie gutzumachen, alles noch schlimmer macht - das kann man beispielhaft anhand von Patrick Whites fünfteiliger Reportage über das arktische Nunavut studieren. Nunavut ist ein Territorium im Nordosten Kanadas, das vor 12 Jahren weitgehende Autonomie eingeräumt bekam, damit die Inuit selbst über ihr Leben bestimmen können. Das Ergebnis ist eine Katastrophe. Gewalt, Alkoholismus, Selbstmorde und eine Regierung, die eine paternalistische Kultur hochhält, deren Grundlage - die Robben- und Waljagd - längst zerstört ist. "Die politische Kultur Nunavuts ist sehr populistisch und zugleich tief konservativ. Es gibt einen starken Widerstand gegen Veränderungen, die Tradition wird verehrt. Junge Männer zur Jagd zu ermutigen, gilt als Heilmittel für praktisch jedes soziale Problem, auch wenn die Ermutigung zum Schusswaffengebrauch in einem derartig gewalttätigen Klima fragwürdig erscheint. Die Ansichten der Mehrheit über die Rolle der Frau, Abtreibung oder Schwulenehe geht zurück auf die Ära vor den Suffragetten. Alte haben die höchste Autorität, ihre Weisheit ist so unhinterfragbar wie die eines Orakels." Aber die Jungen sind in der überwältigenden Überzahl. Wie in Tunesien oder Ägypten...