Bei
Tablet, aus dem Englischen übersetzt von der
NZZ, hat
Abraham Wyner, Professor für Statistik und Datenwissenschaft an der Wharton School der University of Pennsylvania,
starke Zweifel an den
palästinensischen Opferzahlen, die die Hamas herausgibt. "Die Hamas selber hat am 15. Februar erklärt, sie habe bisher 6.000 ihrer Kämpfer in diesem Krieg verloren. Damit wären mehr als 20 Prozent der bisher Getöteten Angehörige der Hamas gewesen. Dies ist nicht möglich - es sei denn, Israel tötet keine Männer, die
nicht Kämpfer der Hamas sind. Oder die Hamas behauptet, dass fast alle Männer in Gaza Hamas-Kämpfer sind. ... Einige Kommentatoren haben eingeräumt, dass die Zahlen der Hamas bei früheren Kämpfen mit Israel etwa stimmten. Dennoch ist dieser Krieg, was Umfang und Ausmaß betrifft, völlig anders.
Internationale Beobachter fehlen diesmal. Der Nebel des Krieges ist im Gazastreifen besonders dicht - und er macht es unmöglich, die Zahl der zivilen Todesopfer schnell und genau zu bestimmen. Bei der offiziellen palästinensischen Zählung der Todesopfer macht die Hamas Israel für alle Todesfälle verantwortlich. Selbst wenn diese durch fehlgeleitete Raketen der Hamas, versehentliche Explosionen, vorsätzliche Tötungen oder interne Kämpfe verursacht wurden."
Im
Interview mit der
FR ist Joseph Croitoru überzeugt, dass
Israel die Hamas gepäppelt hat, um die Palästinenser zu spalten. Und der Krieg im Gaza ist vor allem ein
Rachefeldzug, meint er: "Schon deshalb will Netanjahu ihn sicherlich so lange wie möglich weiterführen. Außerdem ist seine Regierung gespalten was die Kriegsziele angeht, denn die rechtsextremen Elemente wollen ja nicht nur die Zerschlagung der Hamas, sie wollen auch den Gazastreifen neu besiedeln. Hinzu kommt, dass Israels politische und militärische Elite gerne einen Bogen um die Frage machen würde, wer eigentlich für das
Sicherheitsversagen am 7. Oktober verantwortlich ist. ... Meine Recherchen zeigen, dass der militärische Arm der Hamas-Bewegung mit der Zeit immer einflussreicher wurde. Wohl auch deshalb, weil auf israelischer Seite ein
ständiger Rechtsruck stattfand, bei dem sich die Palästinenser im Gazastreifen und in der Westbank gefragt haben, was sie überhaupt noch bewirken können, um ihre Lage zu verbessern. Diese
Aussichtslosigkeit hat sicher zu einer weiteren Radikalisierung innerhalb der palästinensischen Gesellschaft geführt."
In der
NZZ fragt sich Michael Wolfssohn, warum sich die Palästinenser derart von der Hamas manipulieren lassen. Er setzt am Ende auf eine
Einstaatenlösung: "Als einzige Alternative bieten sich föderative Strukturen an. Konkret: eine Mischung aus Kantonen in einem Bundesstaat 'Israel-Palästina', bestehend aus
Israel plus Westjordanland und Gazastreifen,
sowie Jordanien-Palästina, denn rund 80 Prozent der Jordanier sind Palästinenser. 'Frieden durch Föderalismus'. Wenn 'die' Palästinenser auch künftig auf Gewalt setzen, werden sie sich eines Tages auf einer fernen Insel wiederfinden. Weitsichtig hatte davor bereits im Herbst 1982 der Palästinenser
Issam Sartawi gewarnt. Im April 1983 erschossen ihn extremistische Landsleute. Er fehlt mehr denn je."
Der britisch-jüdische Anwalt
Philippe Sands vertritt Palästina vor dem Internationalen Gerichtshof im Streit um die
Besatzung der palästinensischen Gebiete durch Israel. Im Interview mit
Zeit online erklärt er, warum ein Gutachten des IGH von großer Bedeutung wäre, selbst wenn das Gericht seine Entscheidung nicht durchsetzen kann: "Selbstverständlich hat Israel das Recht, sich gegen Terrorangriffe, Raketen und Bomben zu schützen, aber seine Maßnahmen müssen mit dem internationalen Recht vereinbar sein. Es gibt
keine juristische Rechtfertigung für 700.000 jüdische Siedler in diesen Gebieten und die Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung. Ich hoffe außerdem, dass der IGH feststellen wird, dass Palästina alle Kriterien einer
Staatlichkeit erfüllt. Denn alles, was das Haager Weltgericht tun kann, um die Aussichten auf eine Zweistaatenlösung zu verbessern, ist gut. ... sollte der IGH bestätigen, dass die Bedingungen für eine Staatlichkeit erfüllt sind, würde es anderen Ländern leichter fallen, Palästina als Staat anzuerkennen. Ich könnte mir vorstellen, dass dann Länder wie
Spanien, vielleicht auch
Großbritannien, die
USA und
Deutschland dazu bereit wären."