Bruno Latour, Vincent Lepinay

Die Ökonomie als Wissenschaft der leidenschaftlichen Interessen

Eine Einführung in die ökonomische Anthropologie Gabriel Tardes
Cover: Die Ökonomie als Wissenschaft der leidenschaftlichen Interessen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783518585566
Kartoniert, 120 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Gustav Roßler. Angenommen, Karl Marx hätte das "Kapital" veröffentlicht und niemand hätte es zur Kenntnis genommen. Angenommen, an die Stelle von Marx wären Gabriel Tarde und seine "Psychologie Economique" aus dem Jahr 1902 getreten. Wie wäre das 20. Jahrhundert verlaufen? Und wie sähe die Ökonomie heute aus? Mit diesem Gedankenexperiment eröffnen Bruno Latour und Vincent Lepinay ihren furiosen Essay, in dem sie eine alternative Politische Ökonomie entwerfen. Wesentlicher Bestandteil von Bruno Latours Projekt einer "neuen Soziologie für eine neue Gesellschaft" ist es von jeher gewesen, die Geschichte der soziologischen Theorie und ihre Klassiker einer gründlichen Relektüre zu unterziehen. Zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Vincent Lepinay nimmt er sich nun die Geschichte der Ökonomie vor. Vielleicht sind es ja gar nicht die Produktionsverhältnisse, die "Basis", die die Ökonomie und die Gesellschaft bestimmen, sondern die Ideen, der "Überbau"? Nichts in der Ökonomie ist objektiv, alles ist subjektiv oder, besser noch, intersubjektiv, so Latour und Lepinay. Die Ideen regieren die Welt. Mit Tarde stellen sie Marx von den Füßen auf den Kopf.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.11.2010

In einer recht spezialistisch zu lesenden Kritik weist Martin Stempfhuber im wesentlich auf den mehr oder weniger vergessenen Soziologen Gabriel Tarde hin, der aber für einige Poststrukturalisten wie Deleuze und Gattari ("Mille Plateaux") und Bruno Latour zu einem Urvater einer abweichenden Theorie der Gesellschaft hochstilisiert wurde. Einiges von ihm wurde jetzt erstmals übersetzt. Tarde war Zeitgenosse Emile Durkheims und Unterlegener eines Streits mit Durkheim um die zu definierenden Fundamente der Soziologe. Die hätte Tarde laut Stempfhuber offenbar lieber im "Mikro-", statt im "Makro-"Bereich gelegt - was immer damit gemeint sein mag. Über Latours Plädoyer für Tarde verliert Stempfhuber nicht allzu viele Worte. Man erfährt immerhin, dass Latour Tarde als "einzige  interessante sozialwissenschaftliche Alternative zur Marxschen Analaysedes Kapitalismus" ansieht.
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