Günther Anders

Gut, dass wir einmal die hot potatoes ausgraben

Briefwechsel mit Theodor W. Adorno, Ernst Bloch, Max Horkheimer, Herbert Marcuse und Helmuth Plessner
Cover: Gut, dass wir einmal die hot potatoes ausgraben
C.H. Beck Verlag, München 2022
ISBN 9783406791642
Gebunden, 458 Seiten, 38,00 EUR

Klappentext

Der Band versammelt Günther Anders' bislang unveröffentlichte Briefwechsel mit Philosophen aus ihm nahestehenden Denktraditionen: mit Plessner, einem Hauptvertreter der philosophischen Anthropologie, mit Adorno, Horkheimer und Marcuse, die aus der ersten Generation der Frankfurter Schule stammen, sowie mit Bloch, der wie Anders der Kritischen Theorie zwar nahestand, aber dennoch ein "Outsider" blieb. Neben biografischen und zeithistorischen Aspekten machen die Briefe vor allem ein Stück Philosophiegeschichte erfahrbar, mithin das Denken und Handeln einer Generation von Intellektuellen, welche die Politik und Kultur Nachkriegseuropas entscheidend prägte. Günther Anders teilt mit seinen Briefpartnern nicht nur weitreichende biografische Gemeinsamkeiten - die historischen Erfahrungen der Vertreibung aus NS-Deutschland, der Entfremdung vom jüdisch-deutschen Milieu und der Shoah. Er teilt mit ihnen auch das Anliegen, als Antwort auf diese Erfahrungen eine konkrete, nicht-akademische und engagierte Philosophie zu entwickeln. Wie umstritten dieses Anliegen unter den beteiligten Philosophen ist, dokumentieren ihre Briefe: Gerade im Streitgespräch mit Adorno werden die Bruchlinien zwischen Theorie und Praxis zum Thema. In einem Brief an Marcuse spricht Günther Anders vom Philosophen als dem "grundsätzlich Anstößigen", während er in einem anderen Brief betont: "man kann sich nicht für Widerspruch bezahlen lassen". Von diesen hohen moralischen Ansprüchen an Intellektuelle und Schreibende, dem Gestus der Unnachgiebigkeit und Kompromisslosigkeit in der Sache, zeugen die Briefe in diesem Band. Ein Stück deutsche Philosophiegeschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2022

Rezensent Michael Hesse hat diesen Band mit Briefen sehr gerne gelesen. Vor allem Adorno und Anders konnten ganz schön austeilen gegeneinander, mit Bloch ging es freundlicher zu, so der Kritiker. Wie die Herren Philosophen diskutieren, sich gegenseitig beharken und wieder versöhnen, das ist doch ein schönes Stück Philosophiegeschichte und gibt gleichzeitig einen Einblick in das Alltagsleben der Korrespondenten, lobt er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2022

Junge, Junge, das waren Zeiten, als sich die Creme des linken deutschen Geisteslebens gegenseitig noch "Terrorismus" oder "Aktionsaskese" vorwerfen konnte und dennoch weiter im Gespräch blieb. Beleidigungstechnisch war man gelegentlich phantastisch originell, wie Schmähungen wie "unangenehmes Möbel" oder "aus allen Pantinen gekipptes Vitalphänomen", letzteres galt Alma Mahler-Werfel, belegen. Rezensent Wolfgang Matz hat sich ganz gut unterhalten, stellt aber auch fest, dass sowohl Briefautoren wie auch die Herausgeber dieses Bandes einem "Missverständnis" aufgesessen sind: Eine philosophische Nähe, wie von ihnen angenommen, gab es zwischen Günther Anders und seinen Briefkorrespondenten - Adorno, Horkeimer, Block, Plessner - eher nicht, meint er. Anders kam von Heidegger und wechselte erst in den 50ern zur politischen Linken. So ganz schien man ihm dort aber nicht zu vertrauen, während er seinerseits Adorno zum Beispiel vorwarf, es sich in der Bundesrepublik gemütlich gemacht zu haben. Doch gerade dieses "stete Köcheln von sachlichen Widersprüchen und persönlichen Konflikten" macht die Lektüre dieser Briefe für Matz interessant.
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