Theodor W. Adorno, Max Horkheimer

Theodor W. Adorno / Max Horkheimer: Briefwechsel

Band I: 1927-1937
Cover: Theodor W. Adorno / Max Horkheimer: Briefwechsel
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518583623
Gebunden, 600 Seiten, 49,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Christoph Gödde und Henri Lonitz. Unter den Briefwechseln Adornos ist der sich von 1927 bis 1968 erstreckende mit Max Horkheimer nicht nur der umfänglichste, sondern auch der aufschlussreichste für Adornos Biografie und für die interne Arbeit wie die externen Wirkungen des Instituts für Sozialforschung. Die vollständige Edition dieses in weiten Teilen unveröffentlichten Briefwechsels, die auch hier erstmalig edierte Memoranden, Gutachten, Berichte und Briefe Adornos an Dritte einschließt, ist nichts weniger als eine Dokumentation der Geschichte der Kritischen Theorie und eines der zentralen Dokumente der Philosophiegeschichte des 20. Jahrhunderts. Im ersten Band, der 1937 endet - als Adornos Übersiedlung nach New York beschlossen ist -, stehen Horkheimers Bemühen um die finanzielle Sicherung der theoretischen Arbeit in New York im Mittelpunkt und Adornos Entschlossenheit, seine eigene Arbeit für Horkheimers Intentionen fruchtbar zu machen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.06.2007

Einen höchst instruktiven Einblick in die Freundschafts- und Arbeitsbeziehung zwischen Adorno und Horkheimer findet Arno Widmann in den vier Bänden mit der Korrespondenz der beiden Denker. Vor allem scheinen ihm die Bände ein gutes Korrektiv gegen "allzu starke Bewunderung" zu sein. Geradezu abgestoßen fühlt sich Widmann von der Art und Weise, mit der Horkheimer seinen Freund als "intellektuellen Wasserträger" ausgenutzt hat. Aber auch die Unterwürfigkeit Adornos gegenüber Horkheimer macht ihn beklommen. Dessen ungeachtet führt der Briefwechsel für ihn eindrucksvoll die intellektuelle Größe und Stärke Adornos vor Augen, der viele seiner genialen Werke "mit der linken Hand" geschrieben habe, weil er in der Hauptsache mit der Verwaltung der intellektuellen Existenz von Horkheimer-Adorno beschäftigt gewesen sei. Widmann kommt immer wieder auf das merkwürdige Verhältnis der beiden Haupt-Köpfe der Kritischen Theorie zurück. Adornos Vorgehen, eine Idee Horkheimer immer erst zur Prüfung vorzulegen und dann so zu tun, als habe dieser die Idee zuerst gehabt und er sie nur als erster formuliert, veranlasst Widmann zu der Einschätzung, Adorno-Bewunderer würden diesen Briefwechsel "mit Schmerzen lesen". Denn eines ist für ihn klar: Adorno macht sich hier "gar zu oft gar zu klein". In diesem Zusammenhang spekuliert Widmann, dass Adorno angesichts der Ungeheuerlichkeit mancher seiner Gedanken einfach eine Art Rückversicherung und Autorisierung gebraucht habe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.05.2003

Lorenz Jäger will im Briefwechsel zwischen Adorno und Horkheimer vor allem eine Quelle für Informationen über das Verhältnis der beiden Theoretiker zu den Frauen entdeckt haben - sowohl theoretisch wie praktisch. Ja, ohne eine "Theorie der männlichen Konkurrenz und der Rolle, die die Rede über Frauen in ihr spielt", könne man, so Jäger, diesen Briefwechsel gar nicht verstehen. Vor allem aber könnte dieser Briefwechsel, folgt man Jägers Rezension, eine etwas unappetitliche Such- und Interpretationswut unter den Historiografen der Frankfurter Schule begründen. Womöglich dem Falle Foucaults nicht unähnlich? "Wer die zwischen Horkheimer und Adorno gewechselten Briefe liest, komme irgendwann auch zu den Passagen, in denen sich beide in einer Art von Geheimsprache auf die besten Pariser Adressen hinweisen, in denen die Sexualität als Ware angeboten wurde", schreibt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.04.2003

Ludger Lütkehaus freut sich nachdrücklich über die Edierung des ersten, bisher in "weiten Teilen unveröffentlichten" Briefwechsel-Bandes von Adorno und Horkheimer. Er sieht in den hauptsächlich zwischen 1932 und 1934 entstandenen Briefen nicht nur Dokumente des "Innenlebens" des Instituts für Sozialforschung, sondern das Zeugnis "brillanter Intelligenz". Insbesondere für Adorno lägen mit den Briefen die "biografisch ergiebigsten" Quellen vor, so der Rezensent begeistert. In seiner Rezension spürt Lütkehaus kenntnisreich den philosophischen Fragen nach, die Adorno und Horkheimer bewegten, und er betont, dass insbesondere Adornos Briefe von "außerordentlicher Brillanz" sind und fast immer in "druckreifer" Form erscheinen. Dagegen halte Horkheimer seine philosophischen Überlegungen kürzer und lasse nur hin und wieder, dann aber "nachhaltig" seine "intellektuelle Klasse aufblitzen", meint der Rezensent. Er würdigt auch die beiden Herausgeber ausdrücklich, die sich seiner Ansicht nach bereits mit der Publikation von Walter Benjamins Briefen große Verdienste erworben haben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003

Joachim Kaiser feiert diesen - wie er betont, auch "ungemein hilfreich kommentierten" - Band, der die ersten zehn Jahre des Briefwechsels von Adorno und Horkheimer dokumentiert, als "Fundgrube", die "lesesüchtig und erkenntnisselig" mache. Die "intellektuelle Faszination", die von dem Gedankenaustausch der "beiden verschiedenen Freunde" ausgehe, habe dabei viele Gründe. Alles wirke "derart hell" und "heiter geprägt von Lust am formulierenden Denken, lebendigem Wissenshintergrund, noblem Herzenstakt", dass man "als Späterer beklommen erkennt, wie aberwitzig sich die Standards deutscher Geistigkeit seither zum Stupiden hin veränderten." Der Band zeige außerdem etwa, wie "fabelhaft amüsant" Adorno zu hassen vermocht habe sowie das hohe Niveau sogar noch dessen, was die beiden an Gedanken "nebenher" über Dostojewski oder Hegel auszutauschen pflegten. Nicht zuletzt scheint der Band außerdem geeignet, Zweifel an der üblicherweise angenommenen eindeutigen Verteilung der intellektuellen Gewichte an der Spitze der Frankfurter Schule aufkommen zu lassen. Zeige der Band Max Horkheimer doch als oft "weltläufiger" denn Adorno, als "erheiternd klaren" Formulierer - ja sogar als fähig zu "witziger Stilkritik".
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