Jean Dreze, Amartya Sen

Indien

Ein Land und seine Widersprüche
Cover: Indien
C.H. Beck Verlag, München 2014
ISBN 9783406670299
Gebunden, 376 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Atzert und Andreas Wirthensohn. Indien hat in den letzten 70 Jahren eine erstaunliche wirtschaftliche und politische Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Zugleich herrschen in der größten Demokratie der Erde weiterhin krasse soziale Ungleichheit und großes Elend in den Unterschichten vor. Amartya Sen und sein Schüler Jean Drèze gehen den Ursachen dieser Widersprüchlichkeiten auf den Grund. Ihre Analyse behandelt die allgemeine ökonomische, politische und gesellschaftliche Entwicklung Indiens von seiner Unabhängigkeit bis heute. Besondere Aufmerksamkeit erfährt hierbei die Rolle, welche die Einführung eines demokratischen Systems auf die Wirtschaft und das soziale Gefüge des einstigen Entwicklungslandes spielte. Anhand zahlreicher Beispiele und Vergleiche mit anderen Ländern führen die Autoren vor Augen, wie die Vernachlässigung sozialer Probleme letzten Endes gravierende Auswirkungen auf das ökonomische, aber auch politische System des Landes haben konnte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.05.2015

Friederike Böge hat wenig Hoffnung, dass die von Amartya Sen und seinem Schüler Jean Drèze in diesem Buch unterbreiteten Lösungsvorschläge für ein gerechteres Indien Früchte tragen werden. Mehr staatliche Regulierung, wie sie die Autoren fordern, kann sich Böge kaum als Schlüssel zum Erfolg vorstellen, auch wenn Sen und Dreze Beispiele aus den Bundesstaaten Kerala, Tamil Nadu und Himachal Pradesh liefern. Böge kennt den indischen Staat vor allem für seine Ineffizienz und seine Korruption. Dass Indien im Vergleich mit Bangladesch, Pakistan oder China mitunter viel schlechter abschneidet, wenn es um die Verringerung von Armut und Elend geht, wie es die Autoren erklären, möchte Böge allerdings nicht abstreiten. Das im Buch angeprangerte Versagen der Politik und der Eliten in Sachen Bildungs- und Gesundheitspolitik und die Kritik an der Konzentration des Wohlstands auf die oberen Zehntausend scheinen ihr insofern berechtigt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2015

Dieses Buch kann Karin Steinberger all denen empfehlen, die wirklich wissen wollen, wie es in Indien aussieht. Denn was die beiden Ökonomen Amartya Sen und Jean Drèze hier zusammentragen ist schwere Kost. Sehr genau beschreiben sie Gründe und Ursachen für Indiens Armut und Unterentwicklung, das Elend der Mehrheit, mangelnde Bildung, fehlende Gesundheit, Machtlosigkeit und Gewalt gegen Frauen. Mit Schrecken hat die Rezensentin hier dargestellt bekommen, wie sehr die dramatische Lage der Armen in Indien von Politik, Medien und den Mittelschichten ignoriert wird. Sen und Drèze haben ihr Buch mit Wut geschireben, aber auch mit Akribie, erklärt Steinberger, die darin auch ein Manifest erkennt, einen Aufruf zu Protest Einmischung.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.02.2015

Martin Kämpchen zeigt sich schwer beeindruckt von diesem Buch von Jean Drèze und Amartya Sen. Anders als vergleichbare Publikationen scheint ihm der Band sachlich kompetent und seinem Gegenstand gegenüber differenziert genug, um der Vielfalt und Komplexität Indiens gerecht zu werden. Die Autoren beziehen sich auf die gesellschaftliche Entwicklung des Landes seit der Unabhängigkeit bis ins Jahr 2012, erklärt Kämpchen und erläutert sodann die Gewichtung des Buches, für ihn eine Besonderheit. Dass die Autoren nämlich das Leben und die Bedürfnisse der Unterprivilegierten ins Zentrum ihrer Überlegungen stellen, scheint ihm einzigartig und notwendig. In den Statistiken und Analysen der Autoren zu Erziehung, Gesundheit und Gerechtigkeit im Land entdeckt er statt Sensationsmache nüchterne Argumentationssichtung und nationale und internationale Vergleiche. Als Plädoyer für soziale Gerechtigkeit in einem vordergründig prosperierenden Indien scheint ihm der Band höchst lesens- und bedenkenswert.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.01.2015

Wandel ist möglich, lernt Shirin Sojitrawalla beim belgischen Ökonom Jean Drèze und dem indischen Wirtschaftswissenschaftler Amartya Sen. Zunächst aber muss sich die Rezensentin durch die Zahlen und Fakten mühen, die die Autoren auffahren, um die skandalösen Verhältnisse in Indien in Sachen Verwaltung, Ungleichheiten, Bildung, Gesundheit etc. zu illustrieren. Der im Buch gezogene Vergleich zwischen Indien, China, Brasilien und Russland macht Sojitrawalla deutlich: Trotz aller Errungenschaften in Indien, die die Autoren nicht schmälern, ist Ungeduld angebracht.